Parlament
ORF.at/Roland Winkler
Schallenberg-Angelobung

Opposition bezweifelt Neustart

Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS haben nach der Angelobung von Neokanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) mit teils scharfen Worten ihre Forderung nach einem richtigen Neustart erneuert. Geht es nach NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger, sei die Regierungskrise wohl „fürs Erste“ abgewandt – von Stabilität könne aber keine Rede sein. FPÖ-Chef Herbert Kickl zeigte sich nach Schallenbergs Antrittsrede „fassungslos“. Und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch teilte mit: „Was wir heute gesehen haben, war der Fehlstart eines Tadeligen.“

Zuvor sagte SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried, dass man bei der am Dienstag anstehenden Sondersitzung im Nationalrat einen Misstrauensantrag gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) plane. Kickl kündigte wenig später dann im Rahmen einer Pressekonferenz einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung an. Jeder ÖVP-Minister in der Regierung sei Teil des türkisen Systems, begründete Kickl den allumfassenden Misstrauensantrag. Ein weiterer Grund: Noch vor wenigen Tagen hätten die türkisen Regierungsmitglieder eine Erklärung unterschrieben, dass sie bei einem Rückzug des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz auch selbst gehen würden.

NEOS wird den SPÖ-Antrag unterstützen, allerdings keinen eigenen Misstrauensantrag, dafür aber ein Medientransparenzpaket einbringen, hieß es bei einer Pressekonferenz von Meinl-Reisinger. Mit dem Medientransparenzpaket wolle man die Inseratenkorruption in Österreich beenden. Darin enthalten sei etwa eine Obergrenze für öffentliche Einschaltungen. Im Gegenzug soll die Presseförderung erhöht werden, so die NEOS-Chefin: „Mit ganz klaren Kriterien für Inserate.“ Zudem soll eine Medienkompetenzstelle eingerichtet werden, welche die Vergabe prüft.

Angelobung: Reaktionen der Opposition

Nach der Angelobung von Alexander Schallenberg als neuen Bundeskanzler kommt es zu ersten Reaktionen der Oppositionsparteien. Die SPÖ ist der Meinung, Sebastian Kurz werde als Klubobmann ein „Schattenkanzler“ sein und weiterhin die Fäden ziehen. NEOS würde einen Misstrauensantrag gegen Gernot Blümel unterstützen, und die FPÖ will einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung richten.

„Tabula rasa machen“

„Wir wollen allen konstruktiven Kräften die Hand reichen“, so Meinl-Reisinger: „Österreich braucht einen Neustart.“ Die Menschen würden es nicht verstehen, „wenn wir morgen zur Tagesordnung übergehen“. Dafür brauche es auch Tabula rasa bei jenen Positionen, die von Kurz’ Vertrauten besetzt werden. Exemplarisch griff Meinl-Reisinger den Medienbeauftragten im Kanzleramt, Gerald Fleischmann, heraus, dessen Rücktritt jedoch unmittelbar nach der NEOS-PK bekanntwurde.

NEOS-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger
APA/Herbert Neubauer
Meinl-Reisinger befürchtet: „Stabil wird das nicht sein“

Obwohl die Regierungskrise „fürs Erste“ vorbei sei, schwebe über der türkis-grünen Regierung das Damoklesschwert, so Meinl-Reisinger, die dennoch keine Neuwahl will. Schon fix ist eine Dringliche Anfrage und die wird sich an den Finanzminister am Tag vor dessen Budgetrede richten: „Er ist jetzt der oberste Vertreter des System Kurz in der Regierung, der engste politische Vertraute von Kurz. Und sein Ministerium war auch Schauplatz der mutmaßlichen Korruption.“

„Reise ohne Wiederkehr“

Das System Kurz bleibe ohnehin bestehen, glaubt Leichtfried. Der Druck, „den wir aufgebaut haben“, habe dazu geführt, dass die ÖVP Kurz als Kanzler nicht habe halten können. Die Volkspartei habe nach 35 Jahren nicht die Regierungsmacht aufgeben wollen: „Deshalb wurde Kurz als Kanzler geopfert.“ Aber er werde als Klubobmann „Schattenkanzler“ sein und weiter die Fäden ziehen und die Aufklärung zu behindern versuchen, vermutet Leichtfried.

Kickl prophezeit Kurz hingegen eine „Reise ohne Wiederkehr“ – der am Montag von Schallenberg als Kanzler abgelöste ÖVP-Chef habe sich „in eine Sackgasse hineinmanövriert, und da wird er nicht mehr herauskommen“. Sein Schritt habe aber „nichts mit Einsicht zu tun“, so Kickl, demzufolge der Kurz-Rücktritt als Kanzler erst nach Druck aus den Ländern erfolgte.

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl
APA/Herbert Pfarrhofer
Laut Kickl hat es die ÖVP verabsäumt, die „Not-Aus-Taste“ zu drücken

Es sei „schön zu sehen und positiv, dass es noch Persönlichkeiten in der ÖVP gibt“, die nicht warten wollen, bis ein Kanzler „in Handschellen aus dem Kanzleramt“ geführt wird, so Kickl. So wie der grüne Koalitionspartner habe man aber auch bei der ÖVP weiter „nicht auf die Not-Aus-Taste gedrückt“ und damit das „türkise System“ beendet.

Kritik an Schallenberg-Antrittsrede

Bereits bei Schallenbergs Antrittsrede ist Kickl zufolge zudem deutlich geworden, dass die Volkspartei den „Feldzug gegen die Justiz“ weiter fortzuführen gedenken. So wie der FPÖ-Chef kritisierte auch Meinl-Reisinger Schallenbergs Aussagen, wonach die Vorwürfe gegen Kurz falsch seien, die „nicht nach einem Neustart“ klingen.

Schallenberg habe sich in seinem Statement „einmal mehr als glühender Kurz-Fan geoutet“, das sei aber ohnehin „fast schon aktenkundig“, heißt es dazu in der Aussendung von Deutsch: „Unfassbar dagegen ist, dass Schallenberg schon in seiner ersten öffentlichen Erklärung Kurz pauschal freispricht und der Justiz ausrichtet, dass die Vorwürfe gegen Kurz falsch sind.“