Rumänien: Ciolos mit Regierungsbildung beauftragt

In Rumänien hat Staatschef Klaus Johannis gestern nach ersten Sondierungsgesprächen mit den Fraktionen den Vorsitzenden der Reformpartei USR sowie Chef der liberalen Renew-Europe-Fraktion im EU-Parlament, Dacian Ciolos, mit der Regierungsbildung beauftragt. Das Kabinett des liberalen Premierministers Florin Citu war vergangene Woche über ein Misstrauensvotum gestürzt und ist seither kommissarisch im Amt.

Rumänischer Politiker Dacian Ciolos
Reuters/Inquam Photos

Der an Ciolos ergangene Regierungsauftrag überraschte allgemein, da sich bei den am Montag gestiegenen Sondierungen überhaupt keine Mehrheit abgezeichnet hatte. Die regierenden Liberalen hatten klargestellt, mit dem Ex-Juniorpartner USR keine Koalition mehr eingehen zu wollen, da dieser mit seinen Stimmen zum Sturz der Regierung unter Citu beigetragen habe.

Verhärtete Fronten

Die oppositionellen Postkommunisten (PSD) und die rechts-nationalistische AUR drängten indes auf vorgezogene Neuwahlen und hoben hervor, keine Minderheitsregierung dulden zu wollen. Angesichts der verhärteten Fronten hatte heute keine der großen Fraktionen den Regierungsauftrag für sich beansprucht, einzig die weit kleinere USR sowie der mitregierende Ungarnverband (UDMR) hatten dem Staatsoberhaupt Anwärter auf das Amt des Regierungschefs vorgeschlagen.

Am Abend erteilte Johannis, der noch vor wenigen Tagen eine Reihe weiterer Sondierungsgespräche in Aussicht gestellt hatte, Ciolos jedoch völlig überraschend den Regierungsauftrag, obwohl er dessen Reformpartei seit Wochen scharf kritisiert. Rumänische Politikbeobachter sprachen in einer ersten Reaktion von einem „trojanischen Pferd“ – Ciolos habe den Regierungsauftrag offenbar erhalten, um daran zu scheitern, so der Tenor.

Der 52-jährige Ex-Premierminister und -EU-Agrarkommissar wird nun all sein Verhandlungsgeschick aufbringen müssen, um das Unmögliche möglich zu machen bzw. eine Mehrheit aufzustellen. Er sei „geehrt und bereit, sich dieser Verantwortung zu stellen“, teilte Ciolos mit.