Blick auf den Ballhausplatz
ORF.at/Roland Winkler
ÖVP-Affäre

Meinungsforscherin festgenommen

Die Meinungsforscherin Sabine Beinschab ist laut Informationen des „Standard“ am Dienstag festgenommen worden. Ihr werden in der ÖVP-Affäre Untreue als Beteiligte und Bestechung als Beteiligte vorgeworfen. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll sie Auftragsumfragen erstellt und dafür auch Scheinrechnungen gestellt haben. Die Festnahme erfolgte offenbar aus Verdunkelungsgefahr: Sie soll kurz vor der Hausdurchsuchung vergangene Woche die Festplatte ihres Computers gelöscht haben.

Auch die „Presse“ berichtet von der Festnahme und schreibt, dass kurz vor der Hausdurchsuchung am 6. Oktober „Serverdaten in größerem Umfang gelöscht“ worden sein sollen. Laut Ö1 dementierte Beinschabs Anwältin die Festnahme nicht. Offenbar löste die Festnahmen „hochgradige Nervosität“ bei anderen Verdächtigen aus, wie die APA unter Berufung auf Wiener Anwaltskreise berichtete.

Auf Anfrage der APA teilte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nur mit, man dürfe „grundsätzlich in laufenden Ermittlungsverfahren Anfragen zu konkreten Ermittlungsmaßnahmen nicht beantworten“. Eine Presseerklärung – eine solche hatte es am vergangenen Mittwoch nach den Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium und der ÖVP-Zentrale gegeben – sei „derzeit nicht geplant“.

Weitere Entwicklung noch offen

Grund für die Verschwiegenheit der WKStA könnte sein, dass die Befragungen Beinschabs zur angeblichen Festplattenlöschung noch im Gang sind und die Verdachtslage somit noch nicht abschließend geklärt ist. In diesem Fall wäre derzeit noch offen, ob Beinschab nach dem Ende ihrer Einvernahme wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Grundsätzlich kann eine einer Straftat dringend tatverdächtige Person bei Vorliegen entsprechender Haftgründe 48 Stunden angehalten werden, wobei die Unterbringung in der Regel zunächst in der Arrestzelle eines Polizeikommissariats erfolgt.

ÖVP-Affäre: Meinungsforscherin festgenommen

Der Meinungsforscherin Sabine Beinschab werden von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Untreue und Bestechung vorgeworfen. Laut „Standard“ ist Beinschab am Dienstag festgenommen worden.

Das „Beinschab-Österreich-Tool“

Beinschab soll gemeinsam mit ihrer Kollegin Sophie Karmasin die Vereinbarung rund um die angeblich zugunsten der für Kurz und die ÖVP frisierten Umfragen mit umgesetzt und anschließend „Scheinrechnungen gelegt“ haben. Beinschab ist Gründerin des Marktforschungsinstituts Research Affairs, das seit vielen Jahren die Umfragen für die Mediengruppe „Österreich“ durchgeführt hat.

Die beschuldigte Gruppe um Ex-Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz nannte die Umfrageplatzierungen „Beinschab-Österreich-Tool“. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Umfragen mit Schmid besprochen

Die umfangreiche Auswertung der WKStA veranschaulicht auch, dass die Meinungsforscherinnen mit dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, im Detail vorab in der Tageszeitung Österreich erschienene Umfragen vor der Nationalratswahl im Herbst 2017 besprachen.

„Es wird diesmal wieder eine Themenfrage eher mit SPÖ-Themen gestellt. Soll ich unsere Themen vom letzten Mal ergänzen?“, fragte Beinschab Schmid, der das bejahte. Am 24. August 2017 schickte Helmuth Fellner, in der Mediengruppe Österreich für das Kaufmännische zuständig, Schmid die „Österreich“-Titelseite mit einer Research-Umfrage zur Wahl, die dieser umgehend Stefan Steiner – bis Anfang 2018 ÖVP-Generalsekretär – mit den Worten „Bist du mit dem Österreich Aufmacher heute zufrieden für die Mobilisierung der eigenen“ schickte, worauf er ein Smiley erntete.

„Die Kosten packst Du dann in die Studie“

Mitte August 2017 gab Schmid bei Beinschab eine Umfrage zu noch unentschlossenen Wählern in Auftrag, unmittelbar nachdem diese einen mit knapp 62.000 Euro dotierten Forschungsauftrag des Finanzministeriums zum Thema Betrugsbekämpfung erhalten hatte. Beinschab schickte Schmid ihre Fragestellungen und bat um Freigabe, die dieser nach Rücksprache mit Steiner erteilte. Bereits einen Tag später übermittelte Beinschab Schmid die Ergebnisse.

Im Dezember 2016 schrieb Beinschab an Schmid: „Lieber Herr Schmid! Was ich noch fragen wollte: kann ich den Betrag für die Erhebung bei der qualitativen Studie dazu rechnen?“ Schmid bejahte das. Und in einem anderen Chat schrieb Schmid: „“Die Kosten für die offenen (Studien, Anm.) packst Du dann in die Studie zur Betrugsbekämpfung rein.“ Beinschab darauf: „Du meinst Betrugsbekämpfung + die 3 Wellen eine Rechnung?“ Schmid: „Ich erkläre Dir das nach meiner Rückkehr persönlich.“

Von 2016 bis 2020 587.400 Euro

Detailliert aufgelistet wird im Analysebericht der WKStA der Wert der Aufträge des Finanzministeriums an Beinschab. Laut den Angaben summierte sich der „Förderbetrag“ für diverse Studien in den Jahren 2016 bis 2020 auf 587.400 Euro. Größter Auftrag war (von September 2016 bis Jänner 2018) eine „Studie“ zur „Budgetpolitik“ für 156.000 Euro. Bisher letzter Auftrag im November/Dezember 2020 war eine „Bewertung des Corona-Hilfspakets aus Sicht der Bevölkerung und von Unternehmen“ (fast 56.000 Euro).

Damals war Schmid schon nicht mehr im Finanzministerium. Im September 2017 hatte Schmid um Rechnungen unter einem Firmennamen gebeten, in dem weder Ex-ÖVP-Ministerin Karmasin noch Beinschabs Name vorkommen sollten. „Für die Angaben bei parlamentarischen Anfragen wäre das hilfreich“, textete Schmid damals an die Meinungsforscherin.

Suche nach Studien im Finanzministerium

Laut dem Chef der Finanzprokuratur und ehemaligen Innenminister Wolfgang Peschorn beauftragte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) die interne Revision mit der Prüfung der in der Inseratenaffäre von der WKStA erhobenen Vorwürfe. Bei dieser Prüfung sei die Finanzprokuratur unterstützend tätig, sagte Peschorn. Mehrere Medien berichten, dass im Finanzministerium derzeit die fraglichen Studien gesucht werden.