BK Alexander Schallenberg (ÖVP)
APA/Harald Schneider
„Österreich verlässlicher Partner“

Schallenbergs erster Kanzlerauftritt in Brüssel

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat wie in seiner Regierungserklärung bereits angekündigt noch in seiner ersten Arbeitswoche die EU-Hauptstadt besucht. Auf dem Brüsseler Parkett ist Schallenberg Routinier. Nun will er dort vor allem eine Beruhigung der innenpolitischen Lage signalisieren.

Mit einem ganzen Tross von Journalistinnen und Journalisten reiste der Bundeskanzler am Donnerstag zum Kurzbesuch von Wien nach Brüssel. Obwohl er kommende Woche ohnehin erneut zum EU-Herbstgipfel erwartet wird, habe er „ganz bewusst“ den raschen Antrittsbesuch eingeplant. Auf allen derzeit wichtigen Problemfeldern wie Pandemie, Klimaschutz und Außengrenzschutz sei Europa „der entscheidende Bezugsrahmen“.

Der Bundeskanzler will in Brüssel seine proeuropäische Linie betonen, doch wohl auch Wogen glätten: Österreichs innenpolitische Turbulenzen der vergangenen Wochen waren auch Thema bei den Gesprächen mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel. Der Besuch sei ein Signal, so Schallenberg am Donnerstag in Brüssel, „dass Österreich ein starker, konstruktiver und engagierter Partner in Europa ist und dass man auf uns zählen kann“. Das habe er auch gegenüber von der Leyen betont. Die Chats seien aber kein Thema gewesen.

Er werde die Situation erklären, aber dass er hier nun plötzlich in der Funktion des Regierungschefs spricht, errege in Brüssel kaum Aufmerksamkeit. In einer Union von 27 Staaten seien Personalrochaden in den nationalen Regierungen „Tagesgeschäft“.

Migrationspolitik bleibt unverändert

Die österreichische EU- und Außenpolitik dürfte sich künftig kaum ändern, war Schallenberg doch maßgeblich für die bisherige Linie mitverantwortlich. Das gilt auch für die Migrationspolitik. Österreich zeige sich bereits „über die Maßen“ solidarisch, sagte Schallenberg am Donnerstag.

Schallenbergs erste Dienstreise als Kanzler

Am Donnerstag traf Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) in Brüssel auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel. Mit dem Besuch möchte er seine proeuropäische Haltung unterstreichen.

Es gebe bereits jetzt Möglichkeiten, „an den Außengrenzen Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren, um diese zu schützen“. Die Aufnahme von Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten gehört damit weiterhin nicht zu den Plänen der Bundesregierung.

Das dürfte in der EU-Kommission, die für eine weitere Verteilung von Geflüchteten in Europa eintritt, für Gesprächsstoff sorgen. Debatten gibt es in der EU auch über die Rechtsstaatlichkeit in einigen Mitgliedsländern wie Ungarn und Polen. Gegen beide Staaten laufen EU-Verfahren, die Kommission überlegt zudem die CoV-Hilfen von Fortschritten in der Rechtsstaatlichkeit abhängig zu machen.

Auch diese Länder müssten die EU-Regeln akzeptieren und befolgen, so Schallenberg. „Die Werte der EU sind unverhandelbar.“ Der neuer Kanzler unterstützte das Vorgehen der EU-Kommission gegen Polen, wo das Verfassungsgericht nationales über europäisches Recht gestellt hatte. „Ohne den Vorrang des Europarechts zerfällt dieses Gebilde, das ist eine brandgefährliche Entwicklung“, sagte Schallenberg. Sehr viel komme aber auf den Ton an, man müsse aufpassen, dass nicht der Eindruck von EU-Ländern erster und zweiter Klasse entstehe.

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen
AP/Virginia Mayo
Mit Kommissionschefin von der Leyen: In Brüssel ist Schallenberg Routinier

Österreich bleibt „frugal“

Spätestens im kommenden Winter stehen auch Verhandlungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt der Union auf der Agenda. Derzeit erfüllt kaum ein Mitglied die Maastricht-Kriterien. Schallenberg aber will wie auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) weiter eine strenge Austeritätspolitik verfolgen. Damit reiht sich Österreich weiterhin in den Block der „frugalen“ Staaten, die eine Lockerung der Sparregeln in der Union kategorisch ablehnen. Einzelnen Ländern zu signalisieren, die EU rette sie ohnehin, auch wenn nicht gespart werde, sei der falsche Weg, so Schallenberg.

Die Visite war ein klassischer Antrittsbesuch als neuer Bundeskanzler. Bekannt ist Schallenberg in Brüssel schon lange. Als Außenminister war er regelmäßig zu Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in den EU-Institutionen zu Gast. Zu Beginn seiner Karriere leitete er die Rechtsabteilung der österreichischen EU-Vertretung, später auch die EU-Koordinationssektion des Bundeskanzleramts. Sein Besuch in Brüssel sei nun „ein Homecoming in anderer Funktion“.

Kanzler Schallenberg: „System Kurz bleibt“

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach im Interview mit ZIB-Moderator Armin Wolf über seine künftigen Aufgaben, die aktuellen Ermittlungen um Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP), das „System Kurz“ und über die CoV-Politik.

Schallenberg bekräftigte in Brüssel seine bisherigen Aussagen zu den Ermittlungen gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Ich glaube, dass an diesen Vorwürfen strafrechtlicher Natur nichts hängen bleiben wird.“ Diese Meinung gebe es auch außerhalb der ÖVP. Das sei seine persönliche Stellungnahme, er habe aber großes Vertrauen in den Rechtsstaat und in die Arbeit der Justiz. Von ihm gebe es „keine Infragestellung der Gewaltenteilung“.

Tweet von Sebastian Kurz auf einem Bildschirm
APA/Robert Jäger
Der erste Tweet des neuen Bundeskanzlers wurde nicht von Schallenbergs Twitter-Konto gesendet, sondern von dem seines Vorgängers Kurz

Twitter-Panne und Emanzipation

Von Kurz „emanzipiert“ habe er sich genug. „Die österreichische Bundesverfassung kennt nur die Funktion des Bundeskanzlers, und die werde ich ausfüllen.“ Auch den Fauxpas auf Twitter, bei dem am Donnerstag versehentlich von Kurz’ Account statt von Schallenbergs von der Reise nach Belgien geschrieben wurde, wurde kommentiert. Es habe sich nur um einen Fehler gehandelt, der angesichts der vergangenen Tage jedem im Team nachzusehen sei. „Mit meinem Amtsverständnis hat das nichts zu tun.“