SPÖ empört über geplante Löschaktion im Kanzleramt

Im Bundeskanzleramt sollen Mails, die älter als ein Jahr sind, gelöscht werden. Das entrüstet die SPÖ und motiviert sie zu einer Dringlichen Anfrage heute Nachmittag im Nationalrat. „Ibiza“-U-Ausschuss-Fraktionschef Kai Jan Krainer sieht die Arbeit des kommenden U-Ausschusses sabotiert. Allerdings werden dienstlich relevante Schreiben ohnehin via elektronischen Akt archiviert.

Das ist Krainer nicht genug. Er sieht die „wahrscheinlich größte Datenvernichtung der Zweiten Republik“ in Vorbereitung. Worum es genau geht: Laut einem der SPÖ vorliegenden Schreiben des Generalsekretärs im Kanzleramt, Bernd Brünner, soll am 10. November das E-Mail-Postfach der Bediensteten des Ressorts gelöscht werden.

Davon ausgenommen sind nur Nachrichten des vergangenen Jahres sowie solche, welche die Mitarbeiter aufbehalten wollen.

Pläne auch in anderen Ministerien?

Da der U-Ausschuss erst einige Tage danach mit der Aktenanforderung beginnen kann, würden so für Krainer wichtige Informationen dem Gremium vorenthalten, wie er bei einer Pressekonferenz ausführte.

Ob das Vorgehen im Kanzleramt legal ist, konnte er nicht sagen, sei er doch kein Jurist: „Politisch geht es jedenfalls nicht.“ Das gelte umso mehr, als nach Informationen der SPÖ ähnliche Löschaktionen auch in anderen ÖVP-geführten Ministerien wie Finanz- und Innenressort in Planung seien.

Dass dienstliche Kommunikation ohnehin in den elektronischen Akt wandert und somit erhalten bleibt, ficht Krainer nicht an. Für die parlamentarische Arbeit seien z. B. auch Kalendereinträge von Bedeutung, sagte Krainer mit Verweis auf die Arbeit im „Ibiza“-U-Ausschuss: Die Kommunikation zwischen der politischen Entscheidungsebene und den Beamten habe zahlreiche wichtige Informationen ans Tageslicht befördert.

Krainer nahm Brünner auch persönlich ins Visier. Dieser sei nicht irgendwer, sondern Teil des „Projekts Ballhausplatz“ gewesen, mit dem der damalige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) dereinst die Übernahme der Kanzlerschaft vorbereitet habe. Zudem sei er später des Kanzlers Kabinettschef gewesen. Mit der Dringlichen Anfrage und einem dazugehörigen Entschließungsantrag soll nun Druck aufgebaut werden, dass die Löschung noch abgewendet werden kann.