Wegen der näher rückenden Lava ordneten die Behörden die Evakuierung von etwa 300 Menschen an. Erst am Dienstag mussten rund 800 Bewohnerinnen und Bewohner ihre Häuser verlassen. Sie konnten den Großteil ihrer Habseligkeiten in Sicherheit bringen, wie der staatliche TV-Sender RTVE berichtete. Die Zahl der Menschen, die sich vor den Folgen des Vulkanausbruchs in Sicherheit brachten, stieg damit auf mehr als 7.000, so RTVE am Donnerstag.
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Bewohnerinnen und Bewohner in großer Hast ihre Häuser ausräumten, wichtige Papiere, Erinnerungsstücke, Möbel, Geschirr, Waschmaschinen, Fernseher, Matratzen, Decken, Bettwäsche, Mopeds, Fahrräder, Spielzeug, Kleidung, einfach alles von Wert wurde auf Lastwagen verladen. Einige schraubten sogar die Wasserhähne ab, berichtete die Zeitung „La Vanguardia“. Die Menschen würden wie Diebe ihres eigenen Hausrats wirken, wenn sie wieder und wieder Schränke durchwühlten, um auch ja nichts zu vergessen, schrieb „El Pais“.

Mehrere von Lava eingeschlossene Haustiere werden seit Tagen aus der Luft versorgt. Auf dem Landweg seien sie wegen der extrem heißen Lava um sie herum nicht zu erreichen. Zwei Unternehmen brächten den Tieren mit Hilfe einer Drohne täglich Nahrung und Wasser, teilte die Inselverwaltung mit.
Vulkantrichter übergelaufen
Am Nachmittag gab es spektakuläre Bilder, als der Trichter des Vulkans Cumbre Vieja überlief und große Mengen Lava über dessen Rand flossen. Experten betonten jedoch, das sei ein von Zeit zu Zeit normaler Vorgang, wie RTVE berichtete. Die Lava werde voraussichtlich auf ihrem bisherigen Weg Richtung Meer strömen, ohne neue Zerstörungen anzurichten.
Seit die Nordflanke des Vulkankegels am vergangenen Samstag zusammengebrochen ist, verstärkte sich der Lavafluss durch das Tal von Aridane in Richtung Atlantik. Auch war die austretende Lava mit rund 1.200 Grad heißer als zuvor und damit dünnflüssiger und etwas schneller. Immer wieder sind explosionsartige Entladungen zu hören, Ascheregen begleitet die Insulanerinnen und Insulaner auf Schritt und Tritt.

Zugleich seien weitere etwa hundert leichte bis mittlere Erdbeben registriert worden. Eines habe die Stärke von 4,5 gehabt und sei damit das heftigste seit Beginn des ersten Ausbruchs des Vulkans seit 50 Jahren am 19. September gewesen. Wie lange der Vulkan aktiv bleiben würde, konnten Experten nicht sagen. Es könne Wochen oder auch Monate dauern, hieß es.
Hunderte Millionen Schaden
Die Auswertung der Daten des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus wurden bisher 1.548 Gebäude von der Lava zerstört und eine Fläche von 680 Hektar von Lava und Asche bedeckt – das entspricht etwa 950 Fußballfeldern. Darunter auch immer größere Teile von Bananenplantagen, aus denen das Hauptexportgut der Insel kommt. Die Inselregierung ging schon vor zwei Wochen von Schäden in Höhe von mindestens 400 Millionen Euro aus. Eine neuere Schätzung wurde noch nicht bekannt. Verletzt wurde bisher niemand.

Am Mittwoch reiste Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez erneut auf die Insel. Bei seinem schon vierten Besuch seit Beginn des Ausbruchs betonte er, die Regierung habe bereits zehn Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung gestellt und weitere 214 Millionen seien etwa für den Ankauf von Wohnungen und die Reparatur von Infrastruktur vorgesehen. „Aber ich bitte auch um Geduld, denn wir können praktisch nichts tun, solange der Vulkan nicht inaktiv geworden ist“, fügte Sanchez hinzu. Dafür aber gebe es leider keine Anzeichen, hätten ihm Experten gesagt.

Flughafen in Betrieb
Der Flughafen der Insel war nach Angaben des Betreibers Aena betriebsbereit, wurde aber nur von wenigen Fluggesellschaften wie Binter angeflogen. Der Flugverkehr zu den anderen großen Touristeninseln der Kanaren – Teneriffa, Fuerteventura, Gran Canaria oder Lanzarote – lief normal.