„Der Gebrauchtwagenmarkt bei E-Autos ist – noch – überschaubar“, sagt E-Mobilitätsexperte Christian Klejna vom Automobilclub ÖAMTC im ORF.at-Interview. Es fehlen vielfach Eintauschfahrzeuge bei Händlern, pflichtet ihm Günther Kerle, Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure, bei. Aufgrund der Förderung – für Private wie Firmen – erwarten beide Experten, dass in spätestens drei bis vier Jahren der E-Auto-Gebrauchtmarkt aber aus den Kinderschuhen herauswächst. Kerle: „Firmen haben eine verpflichtende Behaltedauer von vier Jahren bei geförderten E-Autos.“ Schon bisher entfiel der Großteil der zugelassenen E-Autos auf Firmen- und weniger auf Privatkunden.
Viele der derzeit verfügbaren E-Autos auf dem Gebrauchtmarkt sind jung, zum Teil auch aus dem vergangenen Jahr. Die älteren Modelle gehen bis 2015 zurück. Sehr selten seien Auslaufmodelle aus den Jahren davor zu finden, so Klejna. Diese hätten eine geringe Reichweite und einen starken Leistungsabfall der Batterien. Aufgrund der rasanten Weiterentwicklung vor allem bei Batterieleistung und Reichweite gebe es einen starken Wertverlust bei E-Autos, so Kerle gegenüber ORF.at: „Nach drei Jahren haben diese im Schnitt einen Preis von 35 bis 40 Prozent vom Listenpreis.“
Tesla hält das Preisniveau eher
Zu finden sind häufig gebrauchte Modelle wie Nissan Leaf, VW e-Golf, BMW i3 und auch Modelle von Tesla. Die Preise bewegen sich im Schnitt zwischen 11.000 und 40.000 Euro, bei höherwertigen Marken wie Tesla und Audi e-Tron auch weit darüber hinaus. Die Höhe des Wertverlusts hängt auch von der Marke ab. Ein Tesla Model S P85D mit Erstzulassung 2015 und 34.000 Kilometern ist etwa um knapp 60.000 Euro zu haben. Klejna: „Tesla hält sein Preisniveau meistens.“ Bei anderen Marken kann der Wertverlust schneller gehen.
Klejna sieht durch den Chipmangel und die damit verbundene Produktionskrise in der Automobilindustrie derzeit noch keine Auswirkungen auf das Preisniveau auf dem Gebrauchtmarkt für E-Autos. Viel mehr werde die Aussicht auf steigende Treibstoffpreise das Interesse an E-Mobilität antreiben und damit vermutlich auch die Preise.
Gebrauchte E-Autos ohne Förderung
Auch Kerle sieht wenig Auswirkungen der Chipkrise auf den E-Auto-Gebrauchtmarkt und damit verbundene Preissteigerungen. Eher das Gegenteil sei der Fall. „Hersteller produzieren derzeit einen höheren Anteil von E-Autos als von Verbrennern aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von Halbleitern“, erklärt Klejna. Damit sollen Strafen auf EU-Ebene vermieden werden, wenn sie im Verhältnis mehr Verbrenner als E-Autos produzieren.
Eine Entscheidungsgrundlage für ein gebrauchtes oder neues E-Auto ist auch die staatliche Förderung von 5.000 Euro pro Modell. Die fällt beim Kauf von gebrauchten E-Autos weg. Durch die schnelle Weiterentwicklung der Technologie zahle sich der Kauf eines älteren E-Modells vor allem als Zweitfahrzeug aus, wenn man es zum Einkaufen und kleinere Wege ohne große Reichweite brauche, so Klejna.
Entscheidungsgrundlage Batterie
Das Um und Auf bei der Entscheidung für oder gegen ein gebrauchtes E-Auto ist der Zustand der Batterie. Der E-Motor gilt als recht robust und verschleißfrei. Die Batterie altert mit der Zahl der Ladevorgänge, und damit reduziert sich auch die Reichweite. Es spielt eine entscheidende Rolle, wie der Vorgänger den Akku behandelt hat – häufige Schnellladungen oder mehr langsame Ladungen, ständige Vollladungen auf 100 Prozent oder immer etwas weniger. Die Zahl der gefahrenen Kilometer gibt wenig Auskunft über den Zustand einer Batterie.

Hersteller geben meist eine Garantie, dass der Akku nach acht bis zehn Jahren und 160.000 gefahrenen Kilometern noch 70 bis 75 Prozent von der ursprünglichen Kapazität bringt. Die entscheidende Frage, wie weit man mit dem Auto tatsächlich noch kommt, lässt sich im Selbsttest einfach beantworten. Das voll geladene Auto wird so lange gefahren, bis die Batterie nahezu leer ist, und dann wird die Zahl der Kilometer gemessen. Nachteil dieser Methode: Sie ist sehr ungenau. Schließlich spielen besonders bei älteren Batterien die Außentemperaturen, Fahrstil und Beladung eine große Rolle, so Klejna: „Im Winter war vor allem bei den Modellen vor 2017 ein Reichweitenverlust von einem Drittel nicht ausgeschlossen.“
SOH informiert über Batteriegesundheit
In Autofahrerclubs kann man die Batterieleistung etwas genauer überprüfen lassen. Ein wichtiger Wert für die Kapazitätsprüfung ist der Status of Health (SOH), der „Gesundheitszustand“ der Batterie. Dieser zeigt an, wie viel elektrische Energie noch gespeichert werden kann. Beim ARBÖ etwa wird über ein Diagnosegerät der Wert aus der Autoelektronik herausgelesen.
Entscheidende Parameter sind die Reichweite pro Ladezyklus und die Art sowie Anzahl der Ladezyklen. Auf Basis eines kurzen Prüfzyklus wird der SOH-Wert hochgerechnet. Ein SOH-Wert von 80 Prozent etwa zeigt, dass die Batterie noch eine Leistung von 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität umfasst. Also ein 40-kWh-Akku hätte dann noch eine Leistung von 32 KWh. Das ist auch mit geringerer Reichweite verbunden.
Zudem arbeiten einige Start-ups an Methoden, um den Zustand der Batterie besser feststellen zu können. Der ÖAMTC kooperiert mit einem von ihnen. Der SOH-Wert wird hier mit einem längeren und intensiveren Belastungstest durchgeführt. Dabei wird ein voll geladenes Auto über mehrere Tage mit Pausen bis auf zehn Prozent der Ladung gefahren. Währenddessen werden Daten wie Stromstärke, Spannung, Ladezustand und Temperatur geliefert. Aus diesen Batterieechtwerten wird ihre Kapazität genauer berechnet – unabhängig vom Hersteller.
„Auto nicht nach acht Jahren schrottreif“
Laut Klejna ist es normal, dass nach ein bis drei Jahren die Batterie nur noch 90 bis 95 Prozent ihrer Leistung habe, diese sinke dann nach sechs Jahren auf 80 Prozent, ab ungefähr acht Jahren auf unter 80 Prozent. Klejna: „Das heißt aber nicht, dass das Auto nach acht Jahren schrottreif ist. Man kann auch noch mit einer Leistung von unter 75 Prozent fahren.“ Konsequenz sei nur eine geringere Reichweite.
Ein Batterientausch ist – abhängig vom Hersteller ein ziemlicher Kostenfaktor von 6.000 bis 10.000 Euro, bei Tesla mit bis zu 15.000 und teilweise auch darüber hinaus. Aber, so Klejna, man müsse nicht immer die ganze Batterie austauschen, sondern könne auch einzelne Zellen wechseln.

Eine weitere Alternative sind gemietete E-Auto-Batterien, die etwa beim Renault ZOE angeboten werden. Fällt die Kapazität unter einen bestimmten Wert, wird sie vom Hersteller ausgetauscht, der Mietvertrag wird mit dem gebrauchten Wagen übernommen. Der Mietpreis richtet sich nach den zurückgelegten Kilometern.
Kabel, Stecker, Strom
Auch ein Blick auf die zugehörenden Ladekabel und den Zustand der Buchse für den Ladestecker schadet bei einem gebrauchten E-Auto nicht. Ein weiterer Aspekt ist die jeweilige Ladetechnologie. E-Autos, die sowohl mit Wechselstrom als auch Gleichstrom laden können, haben Vorteile.
Denn für langsamere Ladezeiten wird Stromtanken mit Wechselstrom (AC) empfohlen, für längere Fahrstrecken empfiehlt sich Aufladen mit Gleichstrom (DC). Dann muss das Auto nicht stundenlang an der Ladesäule stehen. Denn der einfließende Strom muss nicht im E-Auto umgewandelt werden, sondern wird direkt in den Akku des Fahrzeugs eingespeist. Bei AC-Ladegeräten muss der Strom im Auto selbst in Gleichstrom umgewandelt werden.
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl eines gebrauchten E-Autos ist der Stecker. Inzwischen hat sich in der EU der Standard Combined Charging System (CCS) mit den Steckerarten Typ2 und Combo2 für die Schnellladefunktion durchgesetzt. „Gegenspieler“ dieser Steckertypen ist das bisher vor allem von japanischen Herstellern bevorzugte Ladesystem CHAdeMO (CHArge de MOve). Die können vor allem bei älteren Modellen noch zum Einsatz kommen. Problematisch kann es dann bei öffentlichen Ladesäulen werden, die für diesen Typ immer weniger ausgerüstet sind.