Abtreibungsverbot in Texas: Supreme Court aktiv

Im Streit über das weitgehende Abtreibungsverbot in Texas ist die US-Regierung vor den Obersten Gerichtshof des Landes gezogen. In einem gestern beim Supreme Court in Washington eingereichten Antrag erklärte das Justizministerium, das umstrittene Gesetz, das Abtreibungen etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet, sei „eindeutig verfassungswidrig“. Die Verfassungsrichter müssten das Gesetz und seine Umsetzung deswegen bis auf Weiteres blockieren.

Damit gehen die juristischen Auseinandersetzungen um das seit Anfang September geltende „Herzschlag-Gesetz“ in die nächste Runde. Ein Bundesrichter hatte vor knapp zwei Wochen einem Eilantrag der Regierung von Präsident Joe Biden stattgegeben und das Abtreibungsgesetz per einstweiliger Verfügung vorübergehend außer Kraft gesetzt. Ein Berufungsgericht hob diese Entscheidung aber in der Folge auf. Damit ist das Gesetz in dem konservativ geprägten Bundesstaat im Süden der USA wieder in Kraft.

Das strengste Abtreibungsgesetz der USA verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das texanische Gesetz keine Ausnahmen vor.

Bevölkerung wird zu Klagen ermutigt

Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürgerinnen und Bürger werden ermutigt, Menschen zu klagen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeitern könnte das auch Verwandte oder einen Taxifahrer treffen, der eine Schwangere zur Klinik gebracht hat. Die Hinweisgeber erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar (8.619,20 Euro).

Das Abtreibungsrecht ist eines der meistumkämpften gesellschaftlichen Themen in den USA. Der Supreme Court hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ das grundsätzliche Recht von Frauen auf einen Schwangerschaftsabbruch verankert. Frauenrechtsaktivisten befürchten aber, dass die Verfassungsrichter dieses Grundsatzurteil kippen oder beschneiden könnten, wenn sie sich am 1. Dezember mit einem Abtreibungsgesetz des Bundesstaates Mississippi befassen werden.