Menschen schauen auf einen Bildschirm mit einem nordkoreanischen Raketentest
AP/Lee Jin-Man
Von U-Boot aus?

Sorge über neuen Raketentest Nordkoreas

Nordkorea hat laut südkoreanischen Informationen erneut eine ballistische Rakete getestet. Pjöngjang habe ein „nicht identifiziertes“ Geschoß von Sinpo aus ins Meer gefeuert, teilte das südkoreanische Militär am Dienstag mit. Experten zufolge könnte es sich um eine U-Boot-gestützte ballistische Rakete (SLBM) gehandelt haben. Nordkorea hatte seine Waffentests in den vergangenen Wochen stark intensiviert.

Sinpo ist eine große Marinewerft, in der laut Satellitenaufnahmen auch U-Boote liegen. Dass Nordkorea an einer U-Boot-gestützten ballistischen Rakete arbeitet und bereits Unterwasserabschüsse getestet hat, ist bekannt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Norden eine SLBM abgeschossen hat“, sagte Shin Beom Chul vom Koreanischen Forschungsinstitut für Nationale Strategie.

Medienberichten zufolge erfolgte der jüngste Raketentest rund um ein Treffen der US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines mit ihren südkoreanischen und japanischen Kollegen. Die Geheimdienstchefs trafen sich im Rahmen der Internationalen Luftfahrt- und Verteidigungsmesse (ADEX) in Seoul. Bei dem Treffen sollte neben anderen Themen auch das Patt mit Nordkorea erörtert werden, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Regierungskreise.

Südkoreanische Armee in Paju
AP/Ahn Young-Joon
Schweres Gerät an der Grenze: Die Spannungen zwischen den beiden Koreas verschärften sich zuletzt wieder

Der jüngste Raketenstart verschärft die Spannungen auf der Halbinsel und die festgefahrenen Entnuklearisierungsgespräche mit den USA. Der Westen will, dass Nordkorea seine Arsenale an Atomwaffen und ballistischen Raketen abbaut. Die Führung in Pjöngjang drängt auf Erleichterungen bei den US-Sanktionen gegen das autoritär regierte Land. Das Regime in Pjöngjang hatte in den vergangenen Wochen mehrfach Raketen getestet und damit international Besorgnis ausgelöst.

USA erneuern Gesprächsangebot an Nordkorea

Der Nordkorea-Sonderbeauftragte der USA, Sung Kim, hatte Pjöngjang am Montag erneut zu Gesprächen aufgerufen. Washington hege „keine feindseligen Absichten“ gegenüber Nordkorea und hoffe auf ein „Treffen ohne Vorbedingungen“, sagte er nach Gesprächen mit seinem südkoreanischen Kollegen in Washington.

Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat immer wieder ihre Gesprächsbereitschaft gegenüber Pjöngjang hervorgehoben. Um ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms zu erreichen, sei Washington jederzeit bereit, Vertreter Pjöngjangs überall und ohne Vorbedingungen zu treffen, betonten US-Regierungsvertreter.

Vermehrt Waffentests

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wies die Gesprächsangebote Ende September zurück und bezeichnete die Erklärungen der USA als „billigen Trick“. In den vergangenen Wochen testete Pjöngjang unter anderem einen Langstrecken-Marschflugkörper, eine ballistische Kurzstreckenrakete und nach eigenen Angaben auch eine Hyperschallrakete.

Sollten die nordkoreanischen Angaben zutreffen, hätte das international isolierte Land eine weitere Etappe bei der Aufrüstung seines Waffenarsenals erreicht. Hyperschallraketen sind extrem schnell und flexibel, was ihre Zerstörung durch Raketenabwehrsysteme stark erschwert. Zahlreiche westliche Staaten hatten den mutmaßlichen Hyperschallraketentest scharf verurteilt.

Rede über „düstere Lage“

Ein verstärktes Säbelrasseln Nordkoreas werteten Experten in der Vergangenheit auch als Zeichen für eine zunehmend angespannte Lage innerhalb Nordkoreas. Das könnte auch diesmal der Fall sein. Die jüngste Testaktivität kann aber auch andersherum verstanden werden.

Die jüngsten Tests deuteten darauf hin, dass die schlimmsten Nöte im Land vorbei sein könnten, schrieb Chad O’Carroll, Gründer des Fachmediums NK News, auf Twitter. Das Regime tendiere dazu, sich stets auf ein großes strategisches Ziel nach dem anderen zu konzentrieren. „Daher könnten die erneuten Tests darauf hindeuten, dass jetzt das Militär Priorität hat – und später dann die Außenpolitik.“

Doch erst vergangene Woche hatte Kim in seiner Rede zum 76. Gründungstag der regierenden Arbeiterpartei auf die prekäre wirtschaftliche Lage seines Landes hingewiesen. Nordkorea stehe vor der großen Aufgabe, die Staatswirtschaft anzupassen und zu entwickeln, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur KCNA den Machthaber. „Der einzige Weg, die beispiellose entscheidende Arbeit trotz der düsteren Lage dynamisch voranzutreiben, besteht darin, dass sich die gesamte Partei vereint.“

UNO-Bericht über drohende Hungersnot

Internationale Sanktionen, die wegen Nordkoreas Atom- und Raketenprogrammen verhängt wurden, setzen die Wirtschaft des weitgehend isolierten Landes seit Jahren unter Druck. Hinzu kommen die Folgen schwerer Unwetter und Überschwemmungen.

In einem Bericht eines Mitarbeiters der UNO, den die Nachrichtenagentur Reuters Anfang Oktober einsehen konnte, heißt es, der schwächste Teil der Bevölkerung sei von Hunger bedroht, nachdem sich das Land während der Pandemie noch stärker abgeschottet habe. Die sich verschlechternde humanitäre Lage könne zur Krise werden.