Schlagabtausch mit polnischem Premier im EU-Parlament

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Polen wegen des Infragestellens von EU-Recht schwere Sanktionen angedroht. „Wir können und wir werden es nicht zulassen, dass unsere gemeinsamen Werte aufs Spiel gesetzt werden“, sagte sie heute in einer Debatte mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki im Europaparlament in Straßburg. Die Kommission werde handeln.

Morawiecki wirft EU "Erpressung vor

Morawiecki warf der EU „Erpressung“ vor. „Ich bin nicht damit einverstanden, dass Politiker Polen erpressen wollen und Polen drohen“, sagte der polnische Ministerpräsident vor dem EU-Parlament in Straßburg. Dagegen betonte von der Leyen: „Die Europäische Kommission schaut sich das Urteil derzeit genau an. Und ich kann Ihnen sagen, ich bin sehr besorgt.“

Als konkrete Optionen nannte von der Leyen ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren, die Nutzung eines neuen Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln sowie eine erneute Anwendung des Artikel-7-Verfahrens. Letzteres könnte sogar zum Entzug der polnischen Stimmrechte bei EU-Entscheidungen führen.

Hintergrund der Drohungen von der Leyens ist ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird von der EU-Kommission als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des EuGH zu ignorieren.

Von der Leyen pocht auf gemeinsame Rechtsordnung

Das Urteil stelle die Grundlagen der Europäischen Union infrage, kritisierte von der Leyen heute im Parlament. „Es ist eine unmittelbare Herausforderung der Einheit der europäischen Rechtsordnung. Nur eine gemeinsame Rechtsordnung ermöglicht gleiche Rechte, Rechtssicherheit, gegenseitiges Vertrauen zwischen den Mitgliedsstaaten und daraus resultierend gemeinsame Politik.“

Die EU-Kommission kämpft seit Längerem mit Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Teile der polnischen Justizreformen und sieht das jüngste Urteil des polnischen Verfassungsgerichts als Gefahr für die Rechtsordnung der EU.

Konkret hatte das polnische Höchstgericht Anfang Oktober entschieden, dass Teile des EU-Rechts nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien. Diese Entscheidung gilt als höchst problematisch, weil sie der nationalkonservativen PiS-Regierung einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des EuGH zu ignorieren. Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass EU-Recht grundsätzlich Vorrang vor nationalem Recht hat.