Photovoltaik Anlagen in einer Wohnsiedlung
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Starker Preisanstieg

Kein Geschäft für private Stromproduzenten

Der Strompreis ist in den letzten Monaten stark gestiegen. Damit ist auch „saubere“ Haushaltsenergie im Sinne der Energiewende merkbar teurer geworden. Glücklich, wer eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach hat, könnte man sagen. Doch auch die ist nur so gut, wie sie optimal genutzt wird. Ein Teil der selbst erzeugten Energie fließt praktisch immer ins Netz. Das ist in Relation zum gekauften Strom derzeit kein wahnsinnig lukratives Geschäft.

Die aktuellen Bezugspreise für Strom bewegen sich für private Haushalte laut Tarifrechner der Regulierungsbehörde E-Control je nach Anbieter und Region zwischen 20 und 35 Cent pro Kilowattstunde (KWh), wobei der „reine“ Anteil der Energiekosten daran (ohne Netzentgelte und Steuern) mittlerweile deutlich höher ist als vor dem Sommer.

Die Differenz beträgt zum Teil 80 Prozent und mehr. Zum Handkuss kommen hier vor allem Kundinnen und Kunden mit flexiblen, indexgebundenen Tarifen, bei denen Preisänderungen mehr oder weniger direkt an sie weitergegeben werden – grundsätzlich zwar in beide Richtungen, aktuell geht es aber nur steil nach oben.

Der Winter wird teuer

Wieder billiger werden soll Strom (laut Terminmarkt, Future-basierend auf Physical Electricity Index, Phelix) frühestens im zweiten Quartal 2022, also erst zum Ende der Heizperiode hin. Das bestätigt auch Alfons Haber, Vorstand der E-Control, im Gespräch mit ORF.at. Im Winter 2022/2023 dürfte es aus heutiger Sicht wie in jedem Winter wieder leicht nach oben gehen.

Photovoltaik Anlagen auf einem Einfamilienhaus
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Starker Preisanstieg bei Haushaltsenergie seit dem Frühjahr

Die Preise hätten im Frühjahr zu steigen begonnen, so der E-Control-Vorstand. Habe damals die Megawattstunde Strom um die 50 Euro gekostet, seien es aktuell 170 bis 180 Euro. Energieversorger, die diese Preissteigerung noch nicht an ihre Kunden weitergegeben haben, würden das wahrscheinlich großteils im ersten Quartal tun.

Großhandelspreis um über 70 Prozent gestiegen

Der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI), der den Großhandelspreis (wiederum ohne Netzkosten) abbildet, liegt laut Österreichischer Energieagentur (AEA) für November jedenfalls um 72,7 Prozent über dem Stand vom November 2020. Gegenüber Oktober stieg er mit plus 10,9 Prozent „so stark wie noch nie“, hieß es kürzlich in einer Aussendung der AEA.

Alles in allem bedeutet das zwar nicht, dass auch die Stromrechnung um diesen oder einen ähnlichen Prozentsatz steigt, weil etwa die Netzentgelte unverändert geblieben sind – aber eine Überraschung dürfte mit der nächsten Jahresabrechnung trotzdem gewiss sein. Der Gesamtpreis („Abnahmepreis“) für die Endkonsumenten setzt sich laut AEA zu knapp 40 Prozent aus dem Energiepreis und zu 60 Prozent aus Netzgebühren, Steuern und etwa Ökostromförderbeitrag zusammen.

Einspeisetarif viel niedriger

In die Gegenrichtung fließt Strom längst nicht mehr nur aus Großkraftwerken ins Netz, sondern auch aus vielen kleinen Quellen, vom Kleinwasserkraftwerk bis zur Biogasanlage. Der Einspeisetarif lag laut Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) im ersten und zweiten Quartal 2021 bei durchschnittlich 10,46 Cent pro KWh und schon damit deutlich unter dem Bezugspreis.

Nahaufnahme eines Solarpanels
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Starke Schieflage zwischen Bezugs- und Einspeisetarif bei PV-Anlagen

Für Überschüsse aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) sind es im Durchschnitt um die sieben Prozent bei einer Bandbreite von unter vier bis etwa zehn Cent, je nach Abnehmer, Anlagengröße und Menge, wie Modellrechnungen mit unterschiedlichen Energieanbietern in unterschiedlichen Bundesländern (Bezug von Strom und gleichzeitig Überschusseinspeisung) ergaben – jedenfalls eine Schieflage und Grund für die berechtigte Frage, wieso diese Tarife nicht steigen.

Handlungsbedarf auch auf der anderen Seite der Leitung

Kommerzielle Ökostromproduzenten könnten sich Abnehmer mit besseren Tarifen auf dem freien Markt suchen, so Haber. Bei Privatpersonen ist das nicht ganz so einfach. Mitunter machen etwa Energieversorger dafür, dass sie Überschüsse kaufen, zur Bedingung, dass man auch seinen Bedarf von ihnen bezieht. Dennoch bleibt die Wahl und die Möglichkeit, seinen Anbieter bzw. Abnehmer zu wechseln. Die E-Control rät generell zum Vergleich.

Bei den Einspeisetarifen für Privatpersonen habe sich bisher noch nicht sehr viel getan, bestätigt Haber. Die bewegten sich teilweise weiter auf altem Niveau, sollten sich aber mittelfristig auch „dem Markt annähern“, sprich die Energieversorger sollten auch diese Preise etwas anheben. Das könnte allerdings mit etwas Zeitverzug erfolgen. Man könne sie auch durchaus auf diesen Punkt in seinem Vertrag ansprechen.

Eigener Strom optimal genutzt

Ein Überschuss von – realistischen – 2.500 KWh pro Jahr senkt die Stromrechnung, wenn er ins Netz eingespeist wird, um 100 bis 200 Euro. Optimal genutzt ist eine private PV-Anlage aber erst, wenn möglichst viel des von ihr produzierten Stroms direkt verbraucht und um eben diese Menge weniger aus dem Netz bezogen werden muss.

Anzahl der Photovoltaikanlagen je 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner

Zur Optimierung des Eigenverbrauchs gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, angefangen von der simplen Programmierung von Haushaltsgeräten über Energiemanagementsysteme bis zur Kombination mit einer Wärmepumpe. Stromspeicher sind eine Möglichkeit, Schwankungen zu überbrücken oder aber die selbst erzeugte Energie etwa auch in der Nacht nutzen zu können. Sie rechnen sich allerdings noch nicht wirklich, da immer noch sehr teuer.

PV-Trend zeigt nach oben

Fakt ist jedenfalls: Auch nicht kommerzielle PV-Anlagen sollen und werden eine zunehmende Rolle für die breite individuelle Versorgung spielen. Das Umweltministerium hat erst kürzlich bekanntgegeben, dass das Fördervolumen dafür um 20 auf insgesamt 132 Mio. Euro für heuer aufgestockt wird. Die Nachfrage dürfte angesichts der Strompreisentwicklung steigen – mit dem Ziel, möglichst viel Haushaltsenergie selbst zu produzieren.

Laut Zahlen der E-Control wurden in Österreich im ersten Halbjahr 2020 in Österreich 5.235 Gigawattstunden (GWh) Ökostrom (aus Kleinwasserkraftwerken und sonstigen Ökostromanlagen) in das Netz eingespeist. Ein Jahr zuvor waren es 5.942 GWh gewesen. Die Mengen entsprachen 18,7 bzw. 19,9 Prozent der Gesamtabgabemenge an Endverbraucher. Bei Strom aus PV-Anlagen waren es letztes Jahr 416 GWh nach 350 im ersten Halbjahr 2019, 304 ein Jahr zuvor und 290 GWh im ersten Halbjahr 2017. Hier zeigt die Tendenz klar nach oben.

Die Anschaffung von PV-Anlagen wird in Österreich aus unterschiedlichen Töpfen von Bund, Ländern, Gemeinden gefördert, Zuschüsse gibt es auch für die Anschaffung von Stromspeichern. Als Motto wurde ausgegeben: PV-Anlagen auf einer Mio. Dächern in Österreich. Vor zehn Jahren hätte das noch bedeutet: auf jedem zweiten Gebäude. Die meisten Anlagen gibt es in Ober- und Niederösterreich, dem südlichen und nördlichen Burgenland, der Ost- und Obersteiermark und in Vorarlberg.

Die Gründe für den Preisanstieg

Gründe für den starken Preisanstieg werden viele genannt, wobei einige auf den ersten Blick plausibler erscheinen als andere. Zum einen sind da die im Vergleich zum Vorjahr fast durchwegs höheren Großhandelspreise, etwa auch bei Erdgas und Treibstoffen, und eine steigende Nachfrage mit dem konjunkturellen Wiederaufschwung nach dem Tief der Coronavirus-Pandemie.

Ein Teil ist nach volkswirtschaftlicher Rechnung dem viel zitierten „Basiseffekt“ geschuldet: In der Pandemie sanken die Preise deutlich, dann stiegen sie abrupt – und prozentuell sehr stark – wieder an. Der Faktor kommt etwa auch bei starken Schwankungen der Inflationsrate zum Tragen. Andere, wie etwa der Einfluss des Erdgaspreises auf den Strommarkt, sind weniger leicht nachzuvollziehen.

Das „Erzeugungsportfolio“ habe sich verändert, erklärt E-Control-Vorstand Haber den Hintergrund. Viele Länder griffen wegen der stark gestiegenen Nachfrage etwa stärker auf Kohle, aber auch Erdgas zur Stromerzeugung zurück. Auch wenn man meinen möchte, dass das und etwa der deutsche Atom- und Kohleausstieg dem österreichischen Konsumenten egal sein könnten, ist das nicht ganz so. Hier komme der europäische Markt zum Tragen. Österreich hätte allerdings ohne Importe aktuell noch höhere Preise, heißt es von der E-Control.