Vorhofer- und Hochner-Preis verliehen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat gestern die beiden von der Journalistengewerkschaft ausgeschriebenen Auszeichnungen – den Robert-Hochner-Preis sowie den Kurt-Vorhofer-Preis – verliehen. Dabei nahm die Inseratenaffäre rund um Sebastian Kurz (ÖVP) und dessen Team viel Raum ein. Ausgezeichnet wurden „Wiener Zeitung“-Chefredakteur Walter Hämmerle, Puls-4-Moderatorin Alexandra Wachter und Elke Ziegler aus der Ö1-Wissenschaftsredaktion.

Van der Bellen wies bei dem Festakt in der Wiener Hofburg auf die Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit für die liberale Demokratie hin. Diese brauche „verlässliche, faktenbasierte und möglichst objektive Nachrichten“. Nur auf dieser Basis könne eine seriöse demokratische Diskussion geführt werden. „Wir müssen daher den unabhängigen, den kritischen und den qualitätsvollen Journalismus stärken“, meinte das Staatsoberhaupt.

„Wille zum unabhängigen und qualitätsvollen Journalismus“ nötig

Die Meinungs- und Pressefreiheit müsse aber auch von den Medien gelebt werden. Dazu brauche es „den Willen zum unabhängigen und qualitätsvollen Journalismus“, den „Mut, Interventionen und anderen Beeinflussungsversuchen standzuhalten“ sowie die Ausstattung mit ausreichend finanziellen Ressourcen, sagte Van der Bellen wohl in Hinblick auf die derzeitigen Ermittlungen rund um Gefälligkeitsberichterstattung für großzügige Inseratenschaltungen.

Aufgabe von Politikerinnen und Politikern sei es wiederum, die Presse- und Meinungsfreiheit zu garantieren und die unabhängige Presse zu stärken, erinnerte der Bundespräsident und bat: „Wenn Sie finden, dass ich etwas gut gemacht habe, sagen Sie das. Wenn Sie finden, dass ich etwas verpfuscht habe, dann werde ich es aushalten, dass Sie es sagen.“

Hämmerle: „Macht über Medien massiv gestiegen“

Mit dem Kurt-Vorhofer-Preis, der alljährlich Journalisten aus dem Printbereich ehrt, wurde „Wiener Zeitung“-Chefredakteur Walter Hämmerle ausgezeichnet. Hämmerle habe selbst keine politische Schlagseite, formuliere ausgewogen, unaufgeregt und mit historischem Tiefgang, begründete die Jury ihre Entscheidung. Der Chefredakteur der „Wiener Zeitung“ fand in seiner Rede deutliche Worte – etwa für „das groteske Missverhältnis zwischen einer lächerlichen Medienförderung und einem wahnwitzigen Inseratenvolumen“. Nur der Selbstentblößung der türkisen ÖVP in diversen Chats sei zu verdanken, dass diese „Unerträglichkeit“ wieder ein großes Thema sei. „Es gibt Journalismus zum Genieren. Trotzdem ist insgesamt betrachtet die Qualität heute besser als noch vor fünf Jahren“, meinte Hämmerle.

Auch die „Wiener Zeitung“ stehe vor einer ungewissen Zukunft, erinnerte er. Die Republik als Eigentümerin plant die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen in gedruckter Form im Amtsblatt der ältesten Tageszeitung der Welt. „Die Gefahr einer Einstellung oder jedenfalls eines Umbaus bis zur Unkenntlichkeit ist real“, so Hämmerle. Es gebe aber Alternativen. „In diesem Land gibt es von vielem genug und von einigem sogar zu viel – Qualitätsjournalismus gehört nicht dazu“, mahnte der Kurt-Vorhofer-Preisträger.

Wachter plädierte für mehr Empathie

Der heuer zum 17. Mal vergebene Robert-Hochner-Preis ging ausnahmsweise aufgrund der Pandemie an zwei Personen, um sowohl politischen Journalismus als auch Wissenschaftsberichterstattung im Bereich Radio und TV zu prämieren. Puls-4-Moderatorin Alexandra Wachter erhielt den Preis, da sie sich auf am Ende herausragend geführte politische Interviews und Moderationen akribisch vorbereite, so die Jury. In ihrer Rede plädierte Wachter für mehr Empathie und dafür, als Gesellschaft dorthin zu schauen, wo es Schieflagen gibt – etwa auf fehlende Kindergartenplätze, unterrepräsentierte Frauen in Führungsebenen oder den Umstand, dass Bildung nach wie vor vererbt werde.

„Jeder Eingriff in unsere Freiheit ist der Anfang vom Ende unserer Republik, wie wir sie kennen“, hielt Wachter fest. Den Politikerinnen und Politikern richtete sie aus, dass viele Journalistinnen und Journalisten ihren Job sehr ernst nähmen und stets zeigen würden, „was hinter dem Vorhang passiert, wenn vor dem Vorhang eine glanzvolle Aufführung präsentiert wird“. „Wir müssen uns dafür starkmachen, dass wir wegkommen von einer willkürlichen Inseratenverteilung durch die Politik, die anfällig für Korruption macht, und müssen hin zu einer nach Qualitätskriterien verteilten Medienförderung“, forderte auch sie politische Taten ein.

Ziegler: Wissenschaft „kein Schaukampf“

Elke Ziegler aus der Ö1-Wissenschaftsredaktion wurde ebenfalls mit dem Robert-Hochner-Preis ausgezeichnet. Sie habe in einem pandemiebedingtem Ausnahmejahr die „mitunter widersprüchliche Fülle von Informationen sachgerecht, verständlich, ausgewogen, besonnen und immer topaktuell in unermüdlicher Tätigkeit für die Radiohörer aufbereitet“, so die Begründung der Jury.

In ihrer Rede fokussierte Ziegler auf das Verhältnis von Wissenschaft und Politik. „Wissenschaft ist kein Schaukampf, wissenschaftliche Debatte kein Duell, bei dem ein Ranking erstellt wird, wer gewonnen hat. Eine Politik, die abweichende Positionen in der Wissenschaft benutzt, um ihre Glaubwürdigkeit insgesamt zu beschädigen, schadet letztendlich jeder modernen Gesellschaft und beraubt sie ihrer Zukunftsfähigkeit“, so die Ö1-Journalistin.

Evidenz solle in einer aufgeklärten Gesellschaft die Basis von Politik sein, während es die Aufgabe von Wissenschaftsjournalismus sei, politische Maßnahmen immer wieder auf diese Evidenz hin abzuklopfen. „Wo Wissen in Schubladen verschwindet, Daten nicht erhoben werden, wird Politik zum Experiment. In Krisenzeiten, egal ob in Sachen Pandemie oder Klima, ist das untragbar“, sagte Ziegler und nutzte ihre Rede, ein Informationsfreiheitsgesetz und eine moderne Datenerhebung und -verwaltung durch die öffentliche Hand einzufordern.