„Wir werden die Welt schon in Ordnung bringen! Wir sind ja schließlich keine Menschen!“ So lautet ein Ausspruch aus Erich Kästners „Die Konferenz der Tiere“. Schon in dem 1949 erschienenen Kinderbuch spielte der Kampf gegen die vom Menschen verursachte Umweltzerstörung eine große Rolle. Delegierte der Tiere aus aller Welt reisten zu einer Konferenz, um den Planeten für künftige Generationen zu retten.
So ähnlich verhält es sich auch mit der COP, der „Conference of the Parties“ (dt.: Konferenz der Vertragsstaaten). Seit 1995 treffen sich Regierungsvertreter und -vertreterinnen von mittlerweile 197 Vertragsstaaten zur Weltklimakonferenz. Um über die Zukunft der Erde zu verhandeln und die Klimakrise einzudämmen.

Die jährlichen Treffen bewegen sich irgendwo zwischen „Streitereien und Ermüdung, darunter mischen sich Momente großer Dramatik, gelegentlicher Erfolge und Desaster“, schrieb der „Guardian“. Doch wie hat alles begonnen?
UNO-Klimarahmenkonvention „Herz“
Die auf dem Umweltgipfel in Rio im Jahr 1992 verabschiedete UNO-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stellt das „Herz“ der internationalen Klimapolitik dar, wie die Wissenschaftler Ottmar Edenhofer und Michael Jakob in ihrem Standardwerk zum Thema schreiben. Bei der COP gehe es seit jeher um die Weiterentwicklung dieses globalen Rahmens – also darum, wie die Konvention umgesetzt werden kann.
Buchhinweis
Ottmar Edenhofer und Michael Jakob: Klimapolitik. Ziele, Konflikte, Lösungen. Verlag: C. H. Beck Wissen, 138 Seiten, 10,90 Euro.
Das Problem dabei kennt man seit Jahrzehnten: Bereits bei der allerersten Weltklimakonferenz 1979 (damals noch nicht die COP) warnten Experten vor einem „massiven“ Anstieg der Treibhausgase im Zusammenhang mit der Nutzung fossiler Brennstoffe und der fortschreitenden Vernichtung von Waldbeständen.
Zuerst Kyoto, dann Paris
Erstmals rechtlich verbindliche Ziele für Emissionsausstöße wurden allerdings erst 1997 festgelegt, als das Kyoto-Protokoll beschlossen wurde. Der Erfolg blieb jedoch aus. Mit dem Kyoto-Protokoll ist es nicht gelungen, Emissionen global abzusenken. Im Gegenteil.
2020 lief das Kyoto-Protokoll aus, sein Nachfolger ist das 2015 beschlossene Pariser Klimaabkommen. Das Neue daran: Der Kampf gegen die Klimakrise ist nun nicht mehr nur Aufgabe der Industriestaaten beziehungsweise des globalen Nordens, sondern gemeinsame Aufgabe aller Staaten der Welt.
Bereits über ein Grad wärmer
195 Länder einigten sich damals in Paris darauf, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter (1850 bis 1900) zu begrenzen – im besten Fall auf 1,5 Grad. Allerdings ist es bereits jetzt um 1,1 Grad wärmer, in Österreich sogar um zwei Grad.
Nationale Klimapläne bisher nicht ausreichend
Wie das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden kann, wurde den Vertragsstaaten selbst überlassen, auch Sanktionen gibt es keine. In national festgelegten Beiträgen (nationally determined contributions, NDC) arbeiteten die Staaten also ihre eigenen Klimaschutzziele und -maßnahmen aus.
Die schlechte Nachricht: Mit den derzeitigen NDCs steuert die Welt UNO-Angaben zufolge gerade auf 2,7 Grad zu. Und selbst das nur, wenn wirklich alle Maßnahmen auch umgesetzt werden. Daher sind alle Vertragsstaaten aufgerufen, ihre NDCs deutlich anzuheben.

Laut einem aktuellen Bericht der UNO muss die Weltgemeinschaft ihre Klimaschutzbemühungen versiebenfachen. Mit den derzeitigen nationalen Klimaschutzplänen lasse sich der Treibhausgasausstoß bis 2030 nur um 7,5 Prozent reduzieren. Um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, sei jedoch eine Verringerung um 55 Prozent notwendig.
Pariser Regelwerk: „Betriebsanleitung“ zu Ende schreiben
„Die Nationalstaaten werden nur dann ambitionierte Politiken vorlegen, wenn sie darauf vertrauen können, dass andere Staaten ebenfalls akzeptable Anstrengungen unternehmen“, heißt es bei Edenhofer und Jakob. Konkret bedeutet das: Alle sitzen im gleichen Boot. Und alle müssen rudern.
Für eine erfolgreiche internationale Kooperation sei es den Klimawissenschaftlern zufolge „entscheidend, dass die nationalen Pläne zukünftig vergleichbar und überprüfbar sind“.
Um die einzelnen Beiträge zu vereinheitlichen, wurde das „Paris Rulebook“ ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um die „Betriebsanleitung“ für das Pariser Klimaabkommen. Es legt die technische Umsetzung fest, die für die Erreichung der Ziele notwendig ist. Genau dieses Regelwerk soll auf der diesjährigen COP zu Ende geschrieben werden.
Offene und umstrittene Punkte
Folglich geht es bei der COP um nichts Geringeres als darum, im Detail zu regeln, mit welchen Maßnahmen die 2015 festgelegten Ziele erreicht werden können. Dafür kommen mehr als 120 Staats- und Regierungsspitzen sowie rund 25.000 Delegierte zusammen.
Offene und zugleich umstrittene Punkte im Regelwerk sind etwa die Klimaschutzfinanzierung durch reichere Staaten, der Zeitrahmen für eine Überprüfung der Maßnahmen sowie technische Details zum globalen Emissionshandel, die im Artikel 6 dargestellt werden.
Emissionshandel „brisantester Teil“ der COP
Das Onlinemagazin Klimareporter beschreibt beim Streit über die Emissionsrechte etwa jenen Fall, wenn die Schweiz in Peru einen Windpark finanziert. Peru bekomme dann zwar das Geld, den positiven Klimaeffekt dürfe sich aber nur die Schweiz anrechnen lassen.
Wenn aber etwa Brasilien fordere, dass sich beide Länder künftig die volle Treibhausgaseinsparung anrechnen dürfen, hätte das zur Folge, „dass auf dem Papier doppelt so viel Klimaschutz stehen würde, wie tatsächlich stattgefunden hat, weswegen das viele Staaten kategorisch ablehnen“.
Laut der Klimawissenschaftlerin Renate Christ ist der globale Emissionshandel daher auch der „brisanteste Teil“ der heurigen COP. Hierbei müsse man Schlupflöcher stopfen und das „Tricksen“ beenden. Nur so werde es wirklich zu einem transparenten Instrument, mit Hilfe dessen eine „dramatische Reduktion“ der Emissionen erreicht werden könne, meinte Christ in einem Hintergrundgespräch mit dem österreichischen Netzwerk Klimajournalismus.

Nachbesserungen gefordert
Transparenz fordert Christ ebenso bei den NDCs. Hier dürfe man nicht „Äpfel mit Birnen vergleichen“. Es brauche „klare Regeln, wie die nationalen Beiträge evaluiert werden“. Dazu kommt, dass viele Versprechen schlicht nicht eingehalten werden. Auch nicht von Österreich, so Christ.
Der Klimapolitikexperte Reinhard Steurer von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) kritisierte im Hintergrundgespräch unterdessen die ungenügenden NDCs und die großen Zeitintervalle zwischen den Evaluierungen: „Fünf Jahre, das ist ein Luxusfenster, das wir so nicht mehr haben.“ Denn würden erst einmal die 1,5 Grad erreicht, werde es nicht zuletzt aufgrund einiger Kipppunkte im Klimasystem „verdammt gefährlich“.
„Zu wenig, zu spät“
Große Erfolge von der diesjährigen COP erwartet Steurer nicht – im Gegenteil. Zwar sei die COP „durch nichts zu ersetzen“, schließlich handle es sich um ein globales Problem, das nur global gelöst werden könne, doch es passiere zu wenig, zu spät: „Man feilt noch immer an kleinen Details eines Feuerlöschplans, während die Hütte brennt.“ Geschehen müsse ein „dramatischer Kurswechsel“ in der Klimapolitik. Und der sei nicht in Sicht. „Paris ist ein Drei-Grad-Abkommen mit einem 1,5-Grad-Label“, so Steurers Fazit.

„Die Maßnahmen sind da“
Umso stärker sei „Druck von unten“ nötig. Die Blockadehaltung der Regierungen sei nur zu durchbrechen, wenn die Staats- und Regierungsspitzen von ihrer eigenen Bevölkerung Druck bekommen und diesen Druck in die COP tragen würden.
Christ appellierte unterdessen, nicht in Resignation zu verfallen: „Was wir machen, geht in die richtige Richtung. Aber es ist bei Weitem nicht genug. Daher müssten wir weitermachen.“ Egal wie sich „die am Konferenztisch“ entscheiden würden: Das 1,5-Grad-Ziel bleibe. Die Pfade dorthin sind „klar ersichtlich. Und die Maßnahmen sind da.“
Ob die Menschen eines Tages so erfolgreich werden wie einst die Tiere mit ihrer Konferenz, bleibt somit abzuwarten.