Orban vor Gipfel: „Hexenjagd“ auf Polen

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat im Streit über die polnischen Justizreformen klar für Warschau Partei ergriffen. „Gegen Polen läuft in Europa eine Hexenjagd“, sagte der rechtsnationale Politiker heute kurz vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel. „Die Wahrheit steht auf der Seite der Polen“, fügte er hinzu.

Der Streit über die polnischen Justizreformen und das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts in Warschau, das polnisches Recht teils über EU-Recht stellt, ist wohl eines der Hauptthemen des zweitägigen Treffens, auch wenn es nicht auf der Agenda steht.

Analyse: Streit mit Polen auf EU-Gipfel

In Brüssel treffen sich die Vertreter und Vertreterinnen der EU-Länder. ORF-Korrespondent Robert Zikmund berichtet.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen drohte dem mitteleuropäischen Land zuletzt mit Sanktionen. Auch Länder wie die Niederlande, Belgien und Luxemburg dringen auf einen harten Kurs. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel setzt hingegen auf Dialog.

Ungarn wiederum stehe fest an der Seite Polens, sagte Orban. Im Bereich von Kompetenzen, die die Mitgliedsländer nicht auf die EU übertragen haben, hätten die EU-Institutionen „nichts zu suchen“, führte er weiter aus. In Wirklichkeit finde aber eine „schleichende Kompetenzerweiterung“ zugunsten der Brüsseler Gremien statt, die es zu stoppen gelte. „Die Polen haben lediglich den Mut gefasst, diese Schlacht zu eröffnen“, so Orban. „Unser Platz ist an ihrer Seite.“

Schallenberg: Polen muss finanzielle Drohkulisse ernst nehmen

„Polen muss die finanzielle Drohkulisse, die da ist, sehr ernst nehmen“, sagte Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel. „Es kann kein Werterosinen-Picken geben.“

„Die Grundwerte der Europäischen Union sind unverhandelbar“, betonte er, das sei die Grundtonalität der Debatte. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts sei „ein Bauprinzip des Binnenmarktes“. Dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki attestierte Schallenberg eine „kognitive Dissonanz“, da dieser zuerst den Vorrang von EU-Recht anerkannt und dann bestritten habe.