In seinem Vorschlag für eine Novellierung des Parteiengesetzes und des Parteienförderungsgesetzes fordert der Rechnungshof etwa echte Prüfrechte bei den Parteien. Prüfungen sollen immer möglich sein, wenn der Rechnungshof Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit von Angaben im Rechenschaftsbericht hat und die Parteien diese zuvor mit ihren Stellungnahmen nicht ausräumen konnten. Ob Prüfungen durchgeführt werden, soll der Rechnungshof alleine entscheiden können.
Zudem sollen die Parteien dazu verpflichtet werden, binnen sechs Monaten nach einer Nationalrats- oder EU-Wahl einen Bericht über die Wahlkampfkosten vorzulegen. Wird ein solcher Bericht lückenhaft, verspätet oder gar nicht vorgelegt, sieht der Entwurf Sanktionen bis zu 100.000 Euro vor. Im regulären Rechenschaftsbericht sollen die Parteien auch dazu verpflichtet werden, eine Vermögensbilanz mit Darstellung der Vermögenswerte und Schulden zu veröffentlichen.
Verschärfung bei parteinahen Vereinen
Bei den Parteispenden will der RH auch das Problem der „nahestehenden Organisationen“ anpacken. Derzeit müssen Spenden an Organisationen, die Parteien nahestehen, zwar im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden. Allerdings definiert das Statut des Vereins, ob das der Fall ist – und dieses kann sich ein Verein selbst geben. Daher fordert der RH eine veränderte Definition des Begriffs „nahestehende Organisation“. Nicht mehr das Statut, sondern die „faktische Ausprägung der Unterstützung und der parteipolitischen Zusammenarbeit“ sollen entscheidend sein.
Der Entwurf sieht mehrere Punkte vor, die auch im ÖVP-Grünen-Regierungsprogramm vereinbart wurden. Dazu gehören etwa das erweiterte Prüfrecht durch den Rechnungshof, die Verpflichtung zu einer rasch vorzulegenden Wahlkampfkostenbilanz und die Offenlegung der Schulden. Allerdings gehen die Rechnungshof-Vorschläge über die Regierungspläne hinaus.
Kein Fördergeld für Straftilgung
So fordert der Rechnungshof etwa eine deutlich detailliertere Abrechnung bei Wahlkampfkosten. Außerdem will der Rechnungshof klar regeln, wofür die Parteien die staatliche Förderung verwenden dürfen – nämlich ausschließlich für Personalausgaben und Sachausgaben des laufenden Geschäftsbetriebs, der politischen Arbeit und der Beteiligung an EU-Wahlen und Nationalratswahlen.
Strafen etwa wegen überhöhter Wahlkampfkosten und illegaler Spenden sollen die Parteien künftig nicht mehr aus Mitteln der Parteienförderung bezahlen dürfen. Das begründete RH-Präsidentin Kraker damit, dass Parteienförderung und Parteiengesetz einen fairen Wettbewerb sichern sollen. „Da soll sich unfaires Verhalten nicht im Nachhinein auszahlen“, sagte Kraker am Freitag in ihrem Podcast namens „Trust“. „Dafür muss man selbst aufkommen, wenn man hier Probleme hat.“ Auch die Vorschläge zu Vereinen und Inseraten gehen über bisherige Pläne hinaus.
Koalition seit Monaten im Verzug
Für den Beschluss des Entwurfs wäre im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Der Vorschlag des Rechnungshofs enthält nämlich mehrere Verfassungsbestimmungen, darunter, dass der Verfassungsgerichtshof im Streitfall über die Zulässigkeit der Rechnungshof-Prüfung von Parteien entscheiden soll.
ÖVP und Grüne sind mit einem eigenen Entwurf für die Verschärfung der Transparenzregeln seit Monaten säumig. Ein für 2020 angekündigtes Gesamtpaket für Korruptionsbekämpfung und Transparenz kam ebenso wenig zustande wie der später für September angekündigte Entwurf für ein neues Parteiengesetz. Kraker ergriff daraufhin Anfang September die ungewöhnliche Initiative, einen Gesetzesentwurf im Rechnungshof ausarbeiten zu lassen.
Grüne und NEOS dafür, Rest zurückhaltend bis kritisch
Die Grünen begrüßten den nun vorgelegten Vorschlag. „Der Entwurf enthält viele Überschneidungen mit den von uns Grünen seit Jahren geforderten und im Regierungsprogramm vereinbarten Themen“, sagte Klubchefin Sigrid Maurer in einer Aussendung. Sie kündigte an, den anderen Fraktionen „in den nächsten Wochen“ einen Entwurf der Koalitionsparteien zuzustellen. Die Verhandlungen mit der ÖVP seien „konstruktiv“. Die ÖVP zeigte sich zurückhaltend, verwies auf die laufenden Gespräche mit den Grünen und meinte, der Vorschlag des Rechnungshofs werde „geprüft“.
Keine inhaltliche Stellungnahme wollte am Freitag die SPÖ zu den Rechnungshof-Vorschlägen abgeben. Ein Sprecher der Partei pochte auf die von der Regierung schon vor Monaten angekündigten Gespräche im Parlament: „Die Regierung ist aufgefordert, mit allen Fraktionen Gespräche zu führen.“
Die FPÖ lehnt direkte Rechnungshof-Prüfungen der Parteien ab. Sollte der Rechnungshof direkt bei allen Parteien Einschau halten wollen, dann müsste die Präsidentin das Vertrauen aller Parlamentsparteien und nicht bloß jenes der Regierungsparteien genießen, so Verfassungssprecherin Susanne Fürst mit Verweis auf die ÖVP-Nähe Krakers.
NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos begrüßte die Rechnungshof-Initiative als „grundvernünftig“. Dass sie überhaupt nötig war, wertete er aber als „Armutszeugnis“ für die Regierung, „weil die anderen Parteien mehr Transparenz scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Damit muss jetzt endlich Schluss sein.“
Lob von Forum Informationsfreiheit
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ortete in dem RH-Vorstoß einen „sehr guten Vorschlag für mehr Transparenz und Kontrolle der Parteienfinanzierung“. Nötig wäre aber auch ein Straftatbestand für illegale Parteienfinanzierung für Verantwortliche in den Parteien sowie ein „gläsernes Wahlkampfkonto“ bereits vor der Wahl, hieß es in einer Aussendung der Transparenz-NGO.