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Einigung auf Entwurf

Kronzeugenregelung wird verlängert

Die Kronzeugenregelung soll um sieben Jahre verlängert werden. Die türkis-grüne Regierung hat sich rechtzeitig vor Auslaufen der Regelung auf einen Entwurf geeinigt, der am Montag in Begutachtung geht, wie das Justizministerium mitteilte. Neu ist, dass potenzielle Kronzeugen künftig auch an die Kriminalpolizei und nicht nur an die Staatsanwaltschaft herantreten können.

Die Zeit zur Begutachtung fällt einmal mehr knapp aus, Ende der Frist ist in zwei Wochen am 8. November. Die Verlängerung bis Ende 2028 mit ein paar inhaltlichen Anpassungen soll noch dieses Jahr beschlossen werden, denn die derzeitige Regelung ist mit Jahresende befristet.

Das Justizministerium habe die bisherige Kronzeugenregelung unter Einbindung jener Behörden evaluiert, die die Regelung in der Praxis am häufigsten anwenden, hieß es in einer Aussendung. Dazu gehörten die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt.

Kriminalpolizei als zusätzlicher Ansprechpartner

Bei der Verlängerung soll auf den Kritikpunkt eingegangen werden, dass die Kronzeugenregelung nur bei einem Herantreten an die Staatsanwaltschaft möglich war – in Zukunft soll das explizit auch bei der Kriminalpolizei möglich sein, wie im Paragraf 209a der Strafprozessordnung ergänzt wird.

Beim Sonderfall der Kronzeugen im Zusammenhang mit kartellrechtlichen Zuwiderhandlungen wird laut Justizministerium der Vorschlag aufgegriffen, mehr auf den Beitrag der Mitarbeiter abzustellen, die zur Aufklärung beitragen. So soll die kartellrechtliche Kronzeugenregelung nur den kooperativen Mitarbeitern zugutekommen.

„Die Kronzeugenregelung ist ein zentrales Instrument im Kampf gegen Kriminalität und Korruption und erleichtert die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften“, so Justizministerin Alma Zadic (Grüne). „Wir konnten aus den Erfahrungen der letzten Jahre lernen und sie sogar noch verbessern.“ Man werde die Attraktivität für potenzielle Kronzeugen und die Verfahrensdauer „auf einer breiteren Grundlage weiterhin begleitend evaluieren“, sagte die Ministerin.

Vor zehn Jahren eingeführt

Die Kronzeugenregelung war 2011 eingeführt worden, 2016 wurde sie bereits einmal um fünf Jahre verlängert. Den Kronzeugenstatus kann es bei Korruptions- und Wirtschaftskriminalität sowie bei Delikten mit Strafdrohung über fünf Jahre geben.

Zentrales Kriterium ist weiter die Freiwilligkeit. Der potenzielle Kronzeuge bzw. die potenzielle Kronzeugin muss aktiv an die Staatsanwaltschaft oder eben nunmehr die Kriminalpolizei mit seinem Wissen über kriminelle Handlungen oder Beweise herantreten – und sein Beitrag zur Aufklärung muss das Gewicht der eigenen Tat bei Weitem übersteigen.

Seit 2016 kam die Kronzeugenregelung laut Justizministerium 15-mal zum Tragen, wurde also das Verfahren gegen den Betroffenen zunächst „unter Vorbehalt späterer Verfolgung“ eingestellt. In vier Fällen davon wurde das Verfahren mittlerweile endgültig eingestellt.

SPÖ: „Wieder am letzten Drücker“

In einer ersten Reaktion nahm die SPÖ den Entwurf „grundsätzlich positiv“ auf. Kritik wurde aber an der Befristung (von sieben Jahren) geübt: „Eine Befristung der Kronzeugenregelung ist für mich nicht nachvollziehbar. Sie ist ein wichtiges Instrument der Verbrechensbekämpfung, gerade auch im Hinblick auf Korruption. Warum es alle paar Jahre eine Evaluierung braucht, verstehe ich nicht“, wurde SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung zitiert.

Auch kritisierte die SPÖ die späte Vorlage, gehandelt werde „erst unter Zugzwang“, wie es hieß. „Zwei Wochen (zu Begutachtung, Anm.) sind jedenfalls zu kurz. Statt ständig zu evaluieren, wäre eine Begutachtungsfrist angebracht, die eine konstruktive Diskussion ermöglicht“, forderte Yildirim auch unter dem Verweis auf Inhaltliches: „In manchen Bereichen geht sie zu wenig weit und erschwert den Kronzeugen die Kooperation mit der Justiz.“

NEOS: Knappe Begutachtung „völlig inakzeptabel“

Ähnlich äußerte sich NEOS: Justizsprecher Johannes Margreiter begrüßte zwar grundsätzlich die Verlängerung, kritisierte allerdings, dass die Regierung damit wieder einmal „bis zum allerletzten Abdruck gewartet“ habe. Außerdem stört Margreiter, dass die Begutachtung nur zwei Wochen dauern soll – das sei „völlig inakzeptabel“, seien doch weitere Verbesserungen notwendig.

Ein Grund, warum bisher so wenige von der Kronzeugenregelung Gebrauch gemacht haben, seien nämlich die mangelnde Rechtssicherheit und die zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen, die nach einer Aussage als Kronzeuge drohten.