Erdogan sendet versöhnliche Signale in Botschafterstreit

Nach schwerer Kritik mäßigt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Auftreten im Botschafterstreit mit dem Westen. Erdogan erklärte heute laut der Nachrichtenagentur Anadolu, er begrüße die Erklärung westlicher Botschaften zur Einhaltung des diplomatischen Vertrags.

Ob die angekündigte Ausweisung von zehn Botschaftern damit wieder vom Tisch ist, blieb aber offen. Erdogan hatte zuvor auch im eigenen Land viel Kritik für sein Vorgehen geerntet.

Erdogan hatte am Samstag gesagt, er habe das türkische Außenministerium angewiesen, die Botschafter von insgesamt zehn Staaten zur „persona non grata“ zu erklären. Betroffen sind unter anderem Deutschland, Frankreich und die USA.

„Sorge und Unverständnis“ in Berlin

Die US-Botschaft und mehrere andere westliche Vertretungen teilten nach der Drohung mit, sie hätten sich an eine diplomatische Konvention gehalten, sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Gastlandes einzumischen. „Die Vereinigten Staaten stellen fest, dass sie Artikel 41 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen einhalten“, twitterte etwa die US-Botschaft.

Die deutsche Bundesregierung erklärte, sie nehme Drohungen aus Ankara „mit Sorge zur Kenntnis und auch mit Unverständnis“. Der deutsche Regierungssprecher betonte ebenso wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes, dass bisher keine formale Mitteilung der Türkei in dieser Sache eingetroffen sei.

Kritik auch in der Türkei

Aus der Regierungspartei AKP kam zwar vereinzelt Unterstützung für den Schritt. Die ranghohen Präsidentenberater Ibrahim Kalin und Fahrettin Altun, die eigentlich als treue Fürsprecher Erdogans bekannt sind, hüllten sich jedoch in auffallendes Schweigen.

Offene Kritik übte der frühere Präsident und Außenminister Abdullah Gül. Es könne nicht im Interesse des Landes sein, die Sache zu einer noch größeren Krise zu machen, wurde Gül heute in der oppositionsnahen Zeitung „Sözcü“ zitiert. Der frühere Erdogan-Getreue hatte sich bereits zuvor kritisch gegenüber dem Präsidenten geäußert.

Der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, warf Erdogan vor, künstliche Probleme zu schaffen, um von der von ihm verursachten wirtschaftlichen Krise abzulenken. Die strauchelnde Landeswährung Lira fiel heute erneut auf Rekordtiefstände.