Klimakatastrophe

Kraftwerksbau zur Zeitenwende

Das altehrwürdige Wasserkraftwerk im bayerischen Töging wird zum Denkmal, der Verbund lässt daneben ein neues Kraftwerk bauen, mit 700 Gigawattstunden um 25 Prozent effizienter als das alte. Großprojekte wie die 250-Millionen-Euro-Investition in Töging markieren eine Zeitenwende in der Stromerzeugung. Davor, Wasserkraft als Allheilmittel gegen den Klimawandel zu sehen, wird jedoch gewarnt.

Für den österreichischen Verbund, der das bayerische Kraftwerk betreibt, sind der Neuau und die Umwandlung des alten Werks in ein Industriedenkmal Prestigeprojekte. „Dieses Kraftwerk hat an die 100 Jahre saubere Wasserkraftenergie produziert. Es ist wahrlich ein ingeneurtechnisches Meisterwerk“, sagt Karl Heinz Gruber, Geschäftsführer der Verbund Innkraftwerke, im Gespräch mit ORF.at.

1919 erfolgte der Spatenstich. Ursprünglich errichtet für die Aluminiumindustrie, wozu gewaltige Mengen an Gleichstrom benötigt werden, versorgte das Kraftwerk ab den 90er Jahren dann nur noch die bayerischen Haushalte. 15 riesige Francis-Turbinen sorgten jahrelang für die Stromproduktion. Statt 15 wird das neue Kraftwerk nur noch drei Turbinen besitzen. Trotzdem wird man damit 25 Prozent mehr Energie gewinnen können als zuvor, 200.000 Haushalte werden mit Strom versorgt.

Berufung auf Klimaschutz

Bereits 2009 kaufte die heimische Verbund AG das unweit der österreichischen Grenze gelegene Wasserkraftwerk. Gründe für den Neubau gibt es mehrere, so Gruber: „Die Genehmigung für das Wasserkraftwerk läuft 2026 aus. Des Weiteren wollen wir mit dem neuen Kraftwerk aber auch effizienter werden. Wir wollen damit unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ Die Verbund AG stand in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik, weil sie Strom aus Kernkraft- und Kohlekraftwerken importiert, als Teil des „Graustroms“ aus dem europäischen Netz.

Kritik gibt es auch am vermeintlich „klimaneutralen“ Erdgas. Das Erdgas sei klimaneutral, weil man die CO2-Emissionen an anderer Stelle kompensiere, heißt es vom Verbund. Der VKI spricht in diesem Zusammenhang von „Greenwashing“: „Erdgas ist ein fossiler Energieträger, ist nicht erneuerbar, dadurch entstehen CO2-Emissionen, und Erdgas befeuert natürlich auch die Klimakrise.“ Fossiles Erdgas könne folglich nicht klimaneutral sein, das sei ein Widerspruch in sich.

Wasserkraft wird nicht „alles richten“

Was Töging betrifft, erklärt Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS, dass solche Ausleitungskraftwerke in einem Wasserkanal betrieben werden, nicht im Hauptfluss. Das heißt, es gibt keinen großen Stausee. Man muss jedoch darauf achten, dass die verbleibende Restwassermenge im Fluss nicht zu gering ist. Beim neuen Kraftwerk in Töging stellen sich diese Fragen nicht – der Kanal ist ja schon seit dem frühen 20. Jahrhundert da.

Grundsätzlich müsse man, so Rehm, jedoch den Wunderglauben hinterfragen, dass die Wasserkraft in Sachen Klimawandel schon alles richten werde. Dadurch gerate das, was viel wichtiger sei, aus dem Fokus – nämlich das Einsparen beim Energieverbrauch. Da fehle es an einem Gesamtkonzept, in dem die Wasserkraft nur ein Teil sein könne – und nicht der Ersatz für eine Lösung brennender Fragen.

Ein Kraftwerksmeister nimmt Abschied

In Töging jedenfalls ist der Wandel hin zu mehr Effizienz auch mit etwas Wehmut verbunden. Robert Eder war 23 Jahre lang Kraftwerksmeister des alten Werks: „Ja, es ist eine komische Situation, es gibt sicherlich ein weinendes und ein lachendes Auge. Es wird zwar was Altes abgeschaltet, aber es kommt ja auch was Neues nach.“ Er wird die beeindruckende Länge des Kraftwerks, sowie die großen blauen Anlagen vermissen: „Die Maschinen haben wir so oft zerlegt und wieder zusammengebaut. Man kennt eigentlich jede Schraube. Das war auf jeden Fall ein besonderer Arbeitsplatz hier.“

Was mit dem historischen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäude passieren wird, ist noch unklar. Weitere Nutzungen werden momentan intern untersucht, so Gruber. „Wir haben es als Auflage bekommen, dieses wunderschöne Kraftwerk zu erhalten. Wir haben Variantenuntersuchungen durchführen lassen und uns jede Möglichkeit einer weiteren Nutzung angeschaut. Wir hoffen, dass wir Ende dieses Jahrs eine interne Entscheidung treffen werden können.“