Stacheldraht an der Grenze zwischen Polen und Belarus
Reuters/Kacper Pempel
Polen

Grünes Licht für Grenzbarriere zu Belarus

Das polnische Parlament hat am Freitag endgültig grünes Licht für den Bau einer befestigten Grenzanlage an der Grenze zu Belarus gegeben. Die nationalkonservative Regierung reagiert mit dem rund 353 Mio. Euro teuren Vorhaben auf den Andrang von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze.

Präsident Andrzej Duda wird das Gesetz voraussichtlich in den nächsten Tagen durch seine Unterzeichnung in Kraft setzen. Die Grenzbarriere soll sich auf einer Länge von mehr als 100 Kilometern entlang der östlichen EU-Außengrenze erstrecken. Seit August haben Tausende Migrantinnen und Migranten – meist aus dem Nahen Osten und Afrika – versucht, die polnische Grenze von Belarus aus zu überqueren.

Warschau hatte in den vergangenen Wochen bereits Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, einen Stacheldrahtzaun errichtet und den Ausnahmezustand im Grenzgebiet verhängt, der Journalisten und NGOs den Zugang zur insgesamt 400 Kilometer langen Grenze verbietet. „Die Zahl der Versuche steigt, die Grenze zu überschreiten“, begründete die Regierung den Schritt. Dieser sieht auch vor, dass sich niemand näher als 200 Meter an die neue Grenzbarriere heranwagen darf.

Vergeltungsaktion Lukaschenkos geortet

Die EU geht bei dem Andrang von Flüchtlingen von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Es wird vermutet, dass die belarussischen Behörden die Flüchtlinge gezielt an die EU-Grenzen schleusen. Neben Polen beklagen auch Litauen und Lettland die vermehrte Ankunft von Migrantinnen und Migranten an ihren Grenzen zu Belarus.

Johansson: EU finanziert keine Grenzzäune

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson machte im Vorfeld des Votums klar, dass die EU-Kommission keine Grenzzäune finanzieren werde. „Wir finanzieren verschiedenste Maßnahmen zum Schutz der Außengrenzen, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten ergriffen werden. Manche Länder wollen, dass dazu auch die Errichtung von Grenzzäunen zählt. Dazu gab es aber keine Einigkeit der 27 beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche“, sagte Johansson gegenüber der „Presse“ (Freitag-Ausgabe).

Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe klargemacht, „dass die Kommission kein Geld für die Errichtung physischer Barrieren zur Verfügung stellt“, sagte die EU-Kommissarin. „Der Grenzschutz liegt in der Verantwortung der einzelnen Länder und der EU. Wenn Mitgliedsstaaten an ihren Grenzen Zäune errichten wollen, können sie das natürlich tun. Aber die Kommission finanziert das nicht.“

Auch Litauen bekräftige zuletzt Pläne zum Bau einer Barriere zu Belarus. Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte zuletzt finanzielle Unterstützung der EU für eine solche Barriere gefordert. Ende voriger Woche haben die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission auf dem Gipfel dazu aufgefordert, alle nötigen Maßnahmen für eine starke europäische Antwort an Belarus zu ergreifen.

UNHCR: Acht Tote an Grenze

Hilfsorganisationen warnen angesichts des nahenden Winters vor einer Verschlechterung der Lage der an der Grenze festsitzenden Migrantinnen und Migranten. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) kamen bereits acht Flüchtlinge an der Grenze ums Leben.

Die UNO hat die EU und Belarus zu einer raschen Lösung für die Flüchtlinge und Migranten im Grenzgebiet aufgerufen. „Es ist inakzeptabel, dass Menschen sterben und das Leben anderer gefährdet wird. Sie sind Geiseln einer politischen Pattsituation, die jetzt gelöst werden muss“, hatte Pascale Moreau, UNHCR-Regionaldirektorin für Europa, vergangene Woche erklärt.