G20-Gipfel in Rom
Reuters/Evan Vucci
Gipfeltreffen in Rom

G-20 erneuert Bekenntnis zum Klimaschutz

Die Staats- und Regierungschefs der G-20 sind am Samstag in Rom zu einem zweitägigen Gipfel zusammengekommen. Neben der Coronavirus-Pandemie und der Lage der Weltwirtschaft steht auch die laufende Klimakrise ganz oben auf der Gipfelagenda. „Wir verpflichten uns, die existenzielle Bedrohung durch den Klimawandel zu bekämpfen“, heißt es dazu im Entwurf der G-20-Abschlusserklärung.

In der internationalen Klimadiplomatie kommt dem G-20-Gipfel eine große Signalwirkung – beginnt am Sonntag in Glasgow doch die mit Spannung erwartete Weltklimakonferenz. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hatte die G-20-Chefs am Freitag dazu aufgerufen, „mehr Ehrgeiz und mehr Tatkraft“ in der Klimapolitik zu zeigen. „Wir können die Dinge noch auf den Weg bringen, und das G-20-Treffen ist eine gute Gelegenheit, das zu tun.“

Der G-20-Abschlusserklärung zufolge werde man in diesem kritischen Jahrzehnt auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Maßnahmen ergreifen – allerdings im Lichte der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten. „Wir bleiben dem Ziel des Pariser Abkommens verpflichtet, den globalen Durchschnittstemperaturanstieg deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, ihn auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, auch um die Verwirklichung der Agenda 2030 zu ermöglichen“, zitiert Reuters aus dem Entwurf.

Engere Absprache angekündigt

Die G-20-Länder wollen sich beim Klimaschutz künftig zudem enger absprechen. Man werde die Zusammenarbeit bei Technologieentwicklung und -transfer und mit Blick auf einvernehmlich vereinbarte Bedingungen verstärken, heißt es dazu im Entwurf der G-20-Abschlusserklärung. Globale Initiativen und gemeinsame oder bilaterale Projekte sollten bei der Entwicklung der effizientesten Lösungen in allen Wirtschaftssektoren helfen.

Ziel sei der Zugang zu sauberer Energie für alle. „Wir verpflichten uns, die öffentliche Forschung, Entwicklung und Bereitstellung auszuweiten, da wir anerkennen, dass die CO2-Bepreisung Teil einer Reihe von politischen Optionen ist, die wirksame Instrumente zur Erreichung dieser Ziele sein können.“

G-20-Gipfel in Rom

Pandemiebekämpfung und Klimaschutz stehen in Rom auf dem Programm des G-20-Treffens. Die wichtigsten Staats- und Regierungschefinnen kommen zusammen, darunter US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi.

„Die Auswirkungen des Klimawandels sind weltweit zu erfahren, insbesondere bei den Ärmsten und Schwächsten“, heißt es im Entwurf. Man verpflichte sich, die Anpassungsfinanzierung aufzustocken, um den Bedürfnissen der Entwicklungsländer gerecht zu werden. „Wir betonen, wie wichtig es ist, die gemeinsame Verpflichtung der Industrieländer zu erfüllen, bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar (rund 86 Mrd. Euro, Anm.) bereitzustellen.“

G-20 hinter globaler Mindeststeuer

Dem Entwurf der Abschlusserklärung zufolge stellt sich die G-20-Gruppe unterdessen auch hinter die geplante globale Mindeststeuer. Im Oktober einigten sich 136 Länder auf eine Mindeststeuer für globale Konzerne, darunter Google, Amazon, Facebook, Microsoft und Apple. Die neuen Regeln sollen es den Firmen erschweren, Steuern zu vermeiden, indem sie Niederlassungen in Niedrigsteuerländern gründen. „Das ist mehr als nur ein Steuerabkommen, es ist eine Neugestaltung der Regeln der globalen Wirtschaft“, sagte ein hochrangiger US-Beamter gegenüber Reportern.

Erstes Präsenztreffen seit mehr als zwei Jahren

Der Gipfel in Rom ist das erste Präsenztreffen der G-20-Spitzen seit mehr als zwei Jahren. Zwei wichtige Staatschefs fehlen allerdings in Rom: Der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin verzichteten wegen der CoV-Pandemie auf die Reise nach Rom und nehmen per Videoschaltung am Gipfel teil.

Empfangen wurden die Staats- und Regierungschefs der G-20, darunter US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premier Boris Johnson und Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel von Italiens Premierminister Mario Draghi.

Großes Thema beim G-20-Treffen ist auch die laufende Coronavirus-Pandemie. Draghi bekräftigte als Vorsitzender der G-20-Länder das Ziel, bis zur Mitte des nächsten Jahres mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung gegen das Coronavirus zu impfen. Man sei nah dran, das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erreichen, bis Ende Dezember 40 Prozent der Menschen zumindest eine Impfdosis zu geben, sagte Draghi in seiner Auftaktrede zum Gipfel am Samstag in Rom. „Nun müssen wir alles tun, um bis Mitte 2022 70 Prozent zu erreichen.“

Draghi schwört auf Multilateralismus

Draghi kritisierte die großen Unterschiede bei den Impffortschritten. Während in reichen Staaten rund 70 Prozent der Einwohner mindestens einmal geimpft seien, falle die Quote bei den ärmsten Ländern auf drei Prozent. Diese Unterschiede seien „moralisch nicht akzeptabel“ und „untergraben“ den weltweiten Kampf gegen die Pandemie, sagte er.

G20-Gipfel in Rom
AP/Gregorio Borgia
Familienfoto der G-20 mit in der CoV-Krise an vorderster Front stehenden Helferinnen und Helfern

Eine besondere Ehre erwies Draghi den Menschen, die in der Pandemie an vorderster Front stehen: Nachdem sich die Spitzenpolitiker der wichtigsten Industrieländer am Samstag zum traditionellen Familienfoto aufgestellt hatten, holte der Gipfelgastgeber auch noch Ärzte, Krankenpfleger und Sanitäter auf die Bühne.

Generell warb Italiens Regierungschef stark für mehr internationale Kooperation bei den drängenden Problemen. Schon vor der Coronavirus-Zeit hätten Protektionismus und Nationalismus zugenommen, bemängelte er. „Im Hinblick auf alle unsere Herausforderungen wird immer klarer, dass Multilateralismus die beste Antwort auf die Probleme ist, die wir heute haben. In vielerlei Hinsicht ist es die einzige Antwort.“

Polizei in Rom
APA/AFP/Polizia di Stato
Der Gipfel in Rom findet unter Hochsicherheitsbedingungen statt

Putin fordert Anerkennung von Impfzertifikaten

Russlands Präsident Putin machte schließlich eine schnelle gegenseitige Anerkennung von Coronavirus-Impfzertifikaten zum G-20-Gipfelthema. „Wir schlagen vor, die Gesundheitsministerien der G-20-Staaten zu beauftragen, sich zeitnah mit der Frage der gegenseitigen Anerkennung nationaler Impfzertifikate zu befassen“, sagte Putin in seiner Auftaktrede.

Eine Impfung mit dem russischen Präparat „Sputnik V“ wird etwa in vielen europäischen Ländern bisher nicht anerkannt. Im Gegenzug akzeptiert Russland keine Zertifikate über eine Immunisierung mit einem westlichen Präparat wie zum Beispiel jenes von Biontech und Pfizer. Der Kreml hatte bereits in der Vergangenheit betont, für eine Anerkennung bereit zu sein, pocht aber auf Gegenseitigkeit. Chinas Staatschef Xi warb indes für Ausnahmen bei den Patenten für Impfstoffe. In seiner Rede sagte der Präsident, die Welthandelsorganisation (WTO) solle bald darüber entscheiden.

Proteste von Klimaktivisten und Kommunisten

Vor Beginn des G-20-Gipfels wurden scharfe Sicherheitsvorkehrungen ergriffen. Roms südliches Stadtviertel EUR, in dem am Samstag und Sonntag die Delegationen der G-20-Staaten tagen, wurde quasi zu einer Festung ausgebaut. 7.000 Polizisten und Militärs sind im Einsatz, um die Sicherheit des Gipfels zu garantieren.

Proteste begleiten G-20-Gipfel

Vor Beginn des G-20-Gipfels in Rom ist es zu ersten Protestaktionen gekommen. Eine Gruppe von Klimaaktivisten besetzte die Verkehrsachse Via Cristoforo Colombo, die zum Kongresszentrum „La Nuvola“ führt, in dem die Staats- und Regierungschefs tagen. Zahlreiche weitere Demonstrationen sind am Wochenende in Rom geplant.

Einige tausend Menschen beteiligten sich an einem Protestmarsch. Die Demonstrantinnen und Demonstranten, darunter mehrere Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten sowie Mitglieder linksorientierter Parteien, marschierten vom römischen Bahnhof Ostiense bis zum Stadtzentrum. „Ihr die Krankheit, wir das Heilmittel“, „Ihr die G-20, wir die Zukunft“, „Stoppt Patente, globales Recht auf Impfstoffe“ war auf Schildern zu sehen. Unter den Teilnehmern waren auch Schülerinnen und Schüler der Bewegung „Fridays for Future“.

Weitere Demonstranten versammelten sich auf der Piazza San Giovanni vor der Lateranbasilika zu einer Demonstration gegen die „Regierung Draghi und die Regierung der Banker“, die von der Kommunistischen Partei und verschiedenen Verbänden organisiert wurde. Sie kritisierten die „Mächtigen der Welt, die Entscheidungen über den Köpfen des Volkes treffen“. Bereits am Vortag hatte es kleinere, friedliche Protestaktionen gegeben.