Banner der UN Climate Change Conference (COP26)
Reuters/Yves Herman
COP26 eröffnet

„Moment der Wahrheit für die Welt“

Mit etwas Verzögerung hat am Sonntag die Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow nun offiziell begonnen. Unter dem Vorsitz von Großbritannien verhandeln Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang über eine ambitioniertere globale Klimapolitik. Der britische Premierminister Boris Johnson forderte vor der Eröffnung mit Nachdruck zum Kampf gegen den Klimawandel auf. „COP26 ist der Moment der Wahrheit für die Welt“, sagte Johnson am späten Samstagabend im Rom.

Die offizielle Eröffnungszeremonie, deren Beginn sich um etwa eine Stunde verzögerte, begann mit einer Schweigeminute für die Opfer der Coronavirus-Pandemie. Zunächst stehen bei der Weltklimakonferenz dann Eröffnungsstatements einzelner Ländergruppen und Einzelstaaten auf dem Programm.

Die Teilnahme von mehr als hundert Staats- und Regierungschefs ist für Montag und Dienstag geplant. COP26-Gastgeber Johnson will am Sonntagabend vom G-20-Gipfel in Rom nach Glasgow fliegen. Auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) nimmt am 1. und 2. November am World Leaders Summit in Glasgow teil.

Er äußerte in seinem Statement die Hoffnung, dass die Staats- und Regierungschefs mit entschiedenen Maßnahmen im Gepäck in die schottische Stadt reisen. Bereits auf dem Flug nach Rom am Samstag hatte er eine Aufholjagd beim Klimaschutz gefordert. „Die Menschheit, als Ganzes, liegt zur Halbzeit 1:5 hinten. Wir haben die Möglichkeit, auszugleichen, die Position zu retten, zurückzukommen, aber es wird eine Menge Kraft kosten“, sagte der Regierungschef, wie britische Medien berichteten.

Britischer Premier Boris Johnson
APA/AFP/Alberto Pizzoli
Für Johnson beginnt mit COP26 der „Moment der Wahrheit“

Verweis auf Fall des Römischen Reiches

Die COP26 will einen Anstieg der Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu verhindern. Johnson verwies auf die Geschichte. „Wenn etwas schiefgeht, kann es mit außergewöhnlicher Geschwindigkeit schiefgehen“, sagte er. „Das hat man beim Fall des Römischen Reichs gesehen, und ich fürchte, dass wir auch einen Absturz unserer Zivilisation, unserer Welt sehen könnten, falls wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu bekämpfen.“

Erste COP 1995 in Berlin

Die Abkürzung COP steht für Conference of the Parties (dt. Vertragsstaatenkonferenz). Die COP1 fand in 1995 in Berlin statt – in Glasgow ist nun die aufgrund der CoV-Pandemie um ein Jahr verschobene und bis 12. November angesetzte COP26 angelaufen.

Johnson sagte, das Beste, das in Glasgow passieren könne, sei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken – und auch das werde sehr schwierig. „Wir werden den Klimawandel nicht so bald stoppen und wir werden ihn sicherlich nicht bei der COP26 stoppen.“ Es werde „äußerst schwierige“ Verhandlungen zwischen den Entwicklungsländern und reicheren Staaten geben, beim Ziel, den CO2-Ausstoß zu senken.

Zweifel am Erfolg der Konferenz

Im schottischen Glasgow verhandeln ab Sonntag für zwei Wochen rund 200 Staaten über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Dieses sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei, möglichst aber 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Derzeit steuert die Erde nach UNO-Angaben auf eine gefährliche Erwärmung um 2,7 Grad zu.

Das Treffen gilt deshalb auch als entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen in aller Welt kritisieren UNO, die Wissenschaft und Umweltverbände als unzureichend. Im Vorfeld gab es deshalb enorme Zweifel an einem Erfolg der Konferenz.

Zentrales Thema auch bei G-20 in Rom

Der Kampf gegen die Klimakrise ist am Sonntag auch Thema beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G-20. Zwei wichtige Staatschefs sind in Rom nicht dabei, und sie fehlen Anfang der Woche auch in Glasgow: Der chinesische Präsident Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin reisten nicht an, offiziell wegen der Coronavirus-Pandemie.

Klimaaktivisten vor der Glasgow Central Station
Reuters/Yves Herman
Bereits am Tag vor der COP26-Eröffnung fand in Glasgow eine Protestveranstaltung statt

China ist der größte Produzent von klimaschädlichen Treibhausgasen, Russlands Wirtschaft fußt auf dem Export von Gas und Öl. Die G-20 steht für fast 80 Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen. Als umso wichtiger galt eine Vorabeinigung der G-20 in Rom.

„Taten statt Worte“ gefordert

In Glasgow gab es bereits vorab erste Proteste von Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten. Am Samstag zogen einige hundert Menschen durch das Stadtzentrum und hielten Plakate mit Slogans wie „Taten statt Worte“ und „Stoppt fossile Brennstoffe“ hoch. Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg traf inzwischen in Glasgow ein.

COP26: Tumulte bei Thunberg-Ankunft

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ist am Samstag zum zweiwöchigen UNO-Klimagipfel COP26 in Glasgow angereist. Zahlreiche Unterstützer, die ebenfalls mit dem Zug in die schottische Großstadt kamen, empfingen die 18-Jährige begeistert. Polizisten mussten Thunberg abschirmen.

Angeführt wurde die Demonstration von Aktivisten der Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion, die angekündigt hat, die größte Stadt Schottlands während der Klimakonferenz mit ihren Protestaktionen zum Stillstand zu bringen. Die Demonstration am Samstag war die bisher größte Protestkundgebung vor Beginn der COP26. Eine Großdemonstration ist für Freitag angekündigt, die Veranstalter rechnen mit bis zu 100.000 Teilnehmern.

„Wir warten auf ehrgeizigere Maßnahmen“, sagte der belgische Demonstrant Dirk van Esbroeck. Die Teilnehmer der Konferenz müssten sich der „Dringlichkeit der Situation“ bewusst werden. Van Esbroeck und 20 weitere Mitglieder der Gruppe „Großeltern für das Klima“ waren mit dem Zug von Belgien in die schottische Hauptstadt Edinburgh gefahren und waren die letzten 75 Kilometer nach Glasgow zu Fuß gelaufen.

Greta Thunberg mit Polizisten in Glasgow
Reuters/Dylan Martinez
Thunberg bei ihrer Ankunft in Glasgow

Thunberg kam am Samstag mit dem Zug aus London, wo sie am Freitag an einer kleinen Protestaktion gegen global agierende Banken teilgenommen hatte. „Endlich in Glasgow zur COP26“, schrieb die 18-Jährige auf Twitter. „Und danke für den herzlichen Empfang.“