Waldrodung
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Klimagipfel

Pakt gegen Zerstörung der Wälder

Auf dem Klimagipfel im schottischen Glasgow wollen sich mehr als 100 Staaten dazu verpflichten, die Zerstörung von Wäldern bis 2030 zu beenden. Die beteiligten Staaten beherbergen mehr als 85 Prozent der weltweiten Waldfläche. Die britischen Gipfelorganisatoren feierte den Deal am Dienstag als „beispiellos“, für Umweltaktivisten kommt er zu spät. Es werde praktisch grünes Licht gegeben „für ein weiteres Jahrzehnt der Entwaldung“, so Greenpeace.

Bei der am Dienstag vorgestellten Initiative sind neben der gesamten EU auch die Staaten mit den größten Wäldern überhaupt an Bord – also Kanada, Russland, Brasilien, Kolumbien, Indonesien sowie China, Norwegen und die Demokratische Republik Kongo. Für das Vorhaben werden den Angaben zufolge bis 2025 etwa zwölf Milliarden US-Dollar (rund 10,3 Mrd. Euro) an öffentlichen Geldern mobilisiert. Hinzu kommen 7,2 Mrd. US-Dollar private Investitionen.

Der Schutz der Wälder sei unverzichtbar, um die gemeinsamen Ziele beim Klimaschutz zu erreichen, sagte US-Präsident Joe Biden am Dienstag in Glasgow. Hinzu kommen müssten der Schutz des Wassers, der Artenvielfalt sowie indigener Gemeinschaften. Die USA wollten der Welt nun helfen, die Entwaldung zu stoppen und bis 2030 darüber hinaus mindestens 200 Millionen Hektar Wald und andere Ökosysteme wiederherzustellen.

Initiative gegen Waldzerstörung

Bei der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow wird am Dienstag eine Initiative von 100 Staaten vorgestellt, die die Zerstörung von Wäldern verhindern wollen. Denn jede Minute geht eine Waldfläche von etwa 27 Fußballfeldern verloren.

Der britische Regierungschef Boris Johnson sagte, der Schutz der Biodiversität und des Klimas seien zwei Seiten derselben Medaille. Wälder seien „Kathedralen der Natur“ und die „Lunge unseres Planeten.“ Wälder nehmen etwa ein Drittel der jährlich vom Menschen ausgestoßenen CO2-Emissionen auf und sind ein wichtiger Lebensraum.

Geld für indigene Gruppen

Fünf Länder, darunter Großbritannien und die Vereinigten Staaten, sowie eine Gruppe globaler Wohltätigkeitsorganisationen sagten außerdem 1,7 Milliarden Dollar speziell für indigene Gruppen zu. Das Geld soll die indigene Bevölkerung bei der Erhaltung der Wälder und der Stärkung ihrer Landrechte unterstützen.

„Wir freuen uns, dass die indigenen Völker in dem heute angekündigten Waldabkommen erwähnt werden“, sagte Joseph Itongwa Mukumo, ein indigener Walikale und Aktivist aus dem Kongo. Er forderte Regierungen und Unternehmen auf, die wirksame Rolle der indigenen Gemeinschaften bei der Verhinderung der Entwaldung anzuerkennen.

Ähnlicher Beschluss bereits 2014

Die britische Regierung bezeichnete das Vorhaben als „beispiellos“. Allerdings hatten die Teilnehmer eines UNO-Klimatreffens in New York bereits 2014 angekündigt, die Entwaldungsrate bis 2020 zu halbieren und die Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Dennoch geht die Abholzung in industriellem Maßstab ungebremst weiter, nicht zuletzt im Amazonas-Regenwald unter der Regierung des ultrarechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Wesentlicher Treiber ist die Landwirtschaft – mehr dazu in science.ORF.at.

Fachleute zeigten sich mit dem Verweis auf die Erklärung von 2014 auch skeptisch. Diese habe sich als vollkommen wirkungslos erwiesen, sagte der Klima- und Waldexperte Simon Lewis vom University College London der BBC. Die neue Abmachung gehe auch nicht das Problem der wachsenden Nachfrage nach Produkten wie Fleisch an, die auf gerodeten Regenwaldflächen produziert würden. Der Ökologe Nigel Sizer vom World Resources Institute (WRI) bezeichnete die Abmachung als „große Sache“, schränkte aber ein, die Zielmarke von 2030 könne als „enttäuschend“ wahrgenommen werden.

USA mit Plan zur Methangasreduktion

Am Dienstag will die US-Regierung auch einen Plan zur Reduzierung der Methanemissionen in den USA vorstellen. Methan ist nach Kohlendioxid der zweitwichtigste Verursacher des Klimawandels. Im Fokus des Vorschlags steht die amerikanische Öl- und Gasindustrie.

Die Unternehmen sollen verpflichtet werden, 300.000 ihrer größten Bohrlochstandorte und andere Infrastruktur routinemäßig auf Methanlecks zu überwachen und sie gegebenenfalls schnell zu reparieren, wie aus einer Zusammenfassung des Vorhabens hervorgeht, die Reuters einsehen konnte. Die Regeln würden höchstwahrscheinlich im Jahr 2023 in Kraft treten und das Methan aus Öl- und Gasbetrieben bis 2035 um 74 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005 reduzieren.

Die USA und die EU konnten zudem Unterstützer eines bereits im September vorgestellten Plans zur Reduktion von Methanemissionen sammeln. Nach Angaben eines Vertreters der US-Regierung sind der Initiative inzwischen unter anderem die Hälfte der 30 größten Methanemittenten beigetreten, die zwei Drittel der Weltwirtschaft ausmachen – darunter auch Brasilien.

Besonders gefährdete Staaten am Wort

In Glasgow ringen in den kommenden zwei Wochen rund 200 Staaten darum, wie das in Paris beschlossene 1,5-Grad-Ziel noch erreicht und konkret umgesetzt werden kann. Die bisherigen Pläne der Staaten reichen dazu bei Weitem nicht aus.

Auch am Dienstag stehen Redebeiträge der Staats- und Regierungschefs auf der Agenda. Zu Wort melden sich unter anderen neben den Präsidenten einiger EU-Staaten auch lateinamerikanische Staatschefs und hochrangige Vertreter ärmerer Länder wie Sierra Leone und Ruanda. Auch die Staats- und Regierungschefs von Inselstaaten wie den Bahamas und Barbados, die besonders von den Folgen der Erhitzung bedroht sind, stehen auf der Rednerliste.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson
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Großbritanniens Premierminister und Gipfelschirmherr Johnson freute sich über den Pakt

Appell von Queen Elizabeth

Am Abend hatte die britische Queen Elizabeth II. den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen geredet. „In den kommenden Tagen hat die Welt die Chance, eine sicherere und stabilere Zukunft für unsere Bevölkerung und den Planeten, von dem wir abhängig sind, zu schaffen“, sagte die Königin in einer am Montagabend veröffentlichten Botschaft, die vor einigen Tagen auf Schloss Windsor aufgezeichnet worden war.

Queen: „Sicherere Zukunft schaffen“

Zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Glasgow hat die britische Queen Elizabeth II. den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen geredet. „In den kommenden Tagen hat die Welt die Chance, eine sicherere und stabilere Zukunft für unsere Bevölkerung und den Planeten, von dem wir abhängig sind, zu schaffen“, sagte die Königin in einer am Montagabend veröffentlichten Botschaft, die vor einigen Tagen auf Schloss Windsor aufgezeichnet worden war.

Sie selbst hoffe, dass die Konferenz einer jener Momente sein werde, an denen alle die Politik des Augenblicks hinter sich ließen und über sich hinauswachsen würden. „Viele hoffen, dass das Vermächtnis dieses Gipfels – geschrieben in noch zu druckenden Geschichtsbüchern – Sie als die Staatenlenker beschreiben wird, die die Gelegenheit nicht verpasst haben, sondern dass Sie dem Ruf dieser zukünftigen Generationen gefolgt sind“, sagte die Queen.

Düstere Worte

Am Vortag waren bereits Dutzende Staats- und Regierungschefs zur feierlichen Auftaktveranstaltung zusammengekommen, darunter auch Vertreter bedeutender Industrienationen wie Deutschlands, Frankreichs und der USA.

Waldrodung in Kanada
Getty Images/Joel W. Rogers
Entwaldung auf Lyell Island im kanadischen British Columbia

Zum Stand der Menschheit beim Klimaschutz fanden die Staatenvertreter teils düstere Worte. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einem Versagen der Menschheit im Kampf gegen die Erderwärmung. Sämtliche bereits zugesagten Anstrengungen beim Klimaschutz reichten hinten und vorne nicht aus, um eine Katastrophe abzuwenden, sagte er zum feierlichen Auftakt. „Wir schaufeln uns unser eigenes Grab.“

Auch die scheidende deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte mehr Tempo beim Klimaschutz und warnte vor „verheerenden Auswirkungen“ der Erderwärmung. „Wir sind nicht da, wo wir hinmüssen“, sagte sie. Nötig für die unumgängliche „umfassende Transformation“ unseres Arbeitens und Wirtschaftens sei ein weltweiter Preis auf den Ausstoß von Kohlendioxid.

Chinas Präsident Xi nicht dabei

Ein Dämpfer für den Gipfel ist die Abwesenheit von Chinas Präsident Xi Jinping. Er schickte lediglich eine schriftliche Botschaft, in der er die Industrieländer dazu aufrief, nicht nur mehr für den Klimaschutz zu tun, sondern den Schwellenländern auch dabei zu helfen, besser zu werden. Jeder solle das Beste nach seinen Möglichkeiten gegen den Klimawandel unternehmen. Wie zuvor bekanntwurde, wollte Xi auf dem Gipfel in Glasgow weder persönlich sprechen noch sich per Video zuschalten, er wird vom Vizeumweltminister vertreten.

Nicht nur das gibt Anlass zu Pessimismus. Wie eine aktuelle Umfrage der Fachzeitschrift „Nature“ unter 233 Autorinnen und Autoren des letzten IPCC-Berichts vom August zeigt, sehen viele Fachleute des Weltklimarats die Entwicklung zur Erderwärmung pessimistisch – mehr dazu in science.ORF.at.