Hotelmitarbeiterin überzieht Bett
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„Ungewöhnliche Dynamik“

Arbeitslosigkeit wieder auf Vorkrisenniveau

Die Arbeitslosigkeit ist im Oktober erneut gesunken und liegt nun unter dem Niveau von 2019. Konkret waren Ende des Monats 341.142 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gemeldet, davon befanden sich 71.628 in Schulung. Vor allem der Ausblick auf den Wintertourismus treibt die Entwicklung an, aber auch in Wien gab es einen satten Rückgang. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher sprach von einer „ungewöhnlichen Dynamik“. Auch mittelfristig dürfte die Entwicklung besser als erwartet verlaufen, so das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO).

Der aktuelle Wert bei der Arbeitslosigkeit sticht vor allem im Vergleich mit dem Vorjahr heraus. Im Pandemiejahr 2020 waren 423.750 Personen arbeitslos oder in Schulungen. Nun rutschte die Arbeitslosigkeit sogar unter den Wert von 2019, also vor der Krise. Damals waren im Oktober 354.026 arbeitslos gemeldet, davon 65.993 in Schulung. Damit sind fast 13.000 Menschen weniger auf Jobsuche als vor der Pandemie.

Im Vormonat September lag die Arbeitslosigkeit in Österreich noch leicht über der Vorkrisenzeit. Es gab im Oktober 112.155 offene, sofort verfügbare Stellen, das sind um fast 75 Prozent mehr freie Jobs als noch vor einem Jahr. Auf dem Lehrstellenmarkt standen rund 10.000 offene sofort verfügbare Lehrstellen rund 7.000 Lehrstellensuchenden gegenüber. Wieder gestiegen sind allerdings die Anmeldungen zur Kurzarbeit, konkret auf rund 71.000.

Grafik zeigt Daten zu den Arbeitslosen in Österreich im Oktober
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Skisaison steht bevor

Nach Branchen betrachtet ging im Tourismus die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr am stärksten zurück (minus 40 Prozent). Viele Betriebe stellen mit Blick auf die Wintersaison wieder ein. Aber auch in anderen Wirtschaftssektoren gab es starke zweistellige Rückgänge, etwa im Verkehr, in der Warenproduktion, am Bau und im Handel.

Nach Bundesländern aufgegliedert hatte Wien mit 108.747 Personen die meisten Arbeitslosen, gefolgt von Niederösterreich mit 41.789 und der Steiermark mit 29.076. Der stärkste prozentuelle Rückgang zum Vorjahresvergleichsmonat war mit minus 37 Prozent in Tirol zu verzeichnen – mehr dazu in tirol.ORF.at. Den größten Rückgang in absoluten Zahlen wies mit minus 27.620 bzw. 15,4 Prozent die Bundeshauptstadt Wien auf – mehr dazu in wien.ORF.at.

Grafik zeigt Daten zu den Arbeitslosen in Österreich im Oktober
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Nicht nur Tirol profitiert von der Wintersaison. Vorarlberg etwa vermeldet den niedrigsten Oktober-Wert seit neun Jahren – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. In Salzburg ist der Personalbedarf so hoch, dass auch in Spanien gesucht wird – mehr dazu in salzburg.ORF.at. Auch in Kärnten und der Steiermark fällt die Erholung deutlich aus – mehr dazu in kaernten.ORF.at und steiermark.ORF.at.

Dabei muss es nicht unbedingt Skitourismus sein: Auch das Burgenland verzeichnet einen starken Rückgang, ebenfalls getragen von Tourismus, Baubranche und Handel – mehr dazu in burgenland.ORF.at. In Niederösterreich gab es nach Branchen gemessen den stärksten Rückgang im Handel, gefolgt von Gastronomie und Hotellerie – mehr dazu noe.ORF.at. Auch in Oberösterreich geht die Arbeitslosigkeit weiter zurück, die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Kocher: Ungewöhnliche Dynamik

Arbeitsminister Kocher zeigte sich mit Verweis auf die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sowie die wirtschaftlichen Erholung erfreut: „Im Oktober sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt.“ Am Rande einer Pressekonferenz sagte Kocher, die sonst für Ende Oktober üblichen saisonalen Effekte seien heuer schwächer ausgeprägt, was für eine ungewöhnlich hohe Dynamik auf dem Arbeitsmarkt spreche. AMS-Vorstand Johannes Kopf twitterte zudem: „Bass erstaunt. Hoch erfreut. 13.000 weniger als 2019!“

Die nationale Arbeitslosenquote lag im Oktober geschätzt bei 6,5 Prozent, das ist ein Rückgang zum Vorjahr um 2,2 Prozentpunkte. Die Kurzarbeit wird weiterhin genutzt: Ende Oktober gab es rund 71.279 Anmeldungen. Zum Vergleich: Ende September lagen die Kurzarbeitsanmeldungen bei rund 66.000. Die Anmeldungen seien damit zwar etwas gestiegen, lägen jedoch nach wie vor deutlich unter den ursprünglichen Erwartungen, so Kocher.

Langzeitarbeitslosigkeit bleibt hoch

Ein gravierendes Problem bleibt die Langzeitarbeitslosigkeit, die in der Krise stark zugenommen hat. Jeder vierte (24,3 Prozent) aller beim AMS arbeitslos Registrierten war Ende Oktober langzeitarbeitslos. Nach der Definition Langzeitbeschäftigungslosigkeit, wo bis zu zweimonatige Unterbrechungen möglich sind, waren sogar vier von zehn Personen (42,5 Prozent) bereits über ein Jahr ohne Job. Insgesamt lag die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen bei 114.64, hier war der Rückgang im Vorjahresvergleich mit 6,4 Prozent deutlich unter dem Schnitt.

Betroffen von langer Arbeitslosigkeit sind insbesondere Ältere, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen und mit geringen Qualifikationen. Männer sind etwas häufiger betroffen. Am wenigsten Langzeitarbeitslosigkeit gibt es in den westlichen Bundesländern, konkret in Tirol. Am anderen Ende der Skala steht Wien. Die Pandemie führte zu einem starken Anstieg. Das Arbeitsministerium verwies aber darauf, dass sich dank des Wirtschaftsaufschwunges und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen wie der Offensive „Sprungbrett“ die Zahl der Betroffenen seit dem Höchststand im Frühjahr 2021 wieder verringert hat.

Grafik zeigt Daten zu den Arbeitslosen in Österreich im Oktober
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Bei den Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmern ist zum Vorjahresmonat ein Anstieg um fast zehn Prozent zu verbuchen, bei über 50-Jährigen sogar um fast 26 Prozent. Die meisten Schulungen finden aber im Haupterwerbsalter (25 bis 49 Jahre) statt, nämlich rund 37.000. Für Jugendliche bis 25 Jahre gab es rund 26.000 Schulungen, für über 50-Jährige fast 8.000.

AK forderte Hilfe für besonders Betroffene

Die Arbeiterkammer (AK) forderte nun Maßnahmen speziell für drei Gruppen: junge Menschen, ältere Personen und Langzeitarbeitslose. Nachhaltige Vermittlung in gute Beschäftigung werde nur mit mehr Personal beim AMS gelingen: Die Pläne, ab 2023 Personal abzubauen, müssten sofort verworfen werden, fordert AK-Präsidentin Renate Anderl.

Der Gewerkschaftsbund drängt, dass beschlossene Maßnahmen im Sinne der Arbeitslosen endlich umgesetzt werden. „Wann kommt also die groß angekündigte Umweltstiftung?“, fragte dazu Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB, in Richtung Bundesregierung. Vonseiten der Arbeitgebervertretungen gab es bisher keine Reaktionen.

WIFO mit optimistischer Prognose

Die Dynamik in der Wirtschaft dürfte auch mittelfristig erhalten bleiben, so eine aktuelle Studie des WIFO. Die Entlastung der Privathaushalte durch die Steuerreform wird den Konsum antreiben und damit die Wirtschaft stärker wachsen lassen, auch Anreize für Investitionen wirken sich günstig aus. Zudem erfolgte die internationale wirtschaftliche Erholung deutlich rascher als erwartet. Von 2022 bis 2026 wird Österreich zudem kräftiger expandieren als der Euro-Raum.

Wie WIFO-Experte Josef Baumgartner gegenüber der APA sagte, trägt die Steuerreform mit 0,2 Prozent maßgeblich zum Wachstum im Zeitraum 2022 bis 2026 bei. Im Schnitt soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in dem Zeitraum damit, nach 4,4 Prozent heuer, real um 2,6 Prozent pro Jahr zulegen – besonders stark mit 5,0 Prozent kommendes Jahr, mehr noch als die Anfang Oktober in der jüngsten vierteljährlichen Prognose für 2022 vorhergesagten 4,8 Prozent. Danach dürfte sich das Wachstum auf 2,4 und 2,3 Prozent 2023 und 2024 sowie je 1,8 Prozent in den Jahren 2025/2026 abflachen.