Kassierin und Kunden mit Schutzmasken in einem Geschäft
APA/Herbert Neubauer
Vor CoV-Gipfel

Wien macht Druck für strengere Maßnahmen

Angesichts stark steigender Infektionszahlen und zunehmender Auslastung von Spitals- und Intensivbetten hat die Bundesregierung für Freitagabend erneut zu einem CoV-Gipfel geladen. Die meisten Länder drängen auf einheitliche Maßnahmen gegen den „Fleckerlteppich“. Wien, das selbst bereits am Vortag Verschärfungen bekanntgegeben hat, macht Druck hin zu strengeren Regeln. Das Burgenland versperrt sich dagegen.

Auch wenn zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bzw. Ärztinnen und Ärzte mittlerweile zu schärferen Maßnahmen drängen, hielt die Bundesregierung im Vorfeld am bestehenden Stufenplan fest – und verwies auf die Möglichkeit regional strengerer Regeln. Die Bundesregierung ist sich aber einig, die Zügel für Ungeimpfte anziehen zu wollen. Im Raum steht, dass die Stufe vier des Maßnahmenplans – die eine weitgehende 2-G-Regel bringt – für ganz Österreich vorgezogen wird.

Auf strengere Regeln im Vorfeld der abendlichen Sitzung drängte Wien, das am Donnerstag bereits vorgeprescht war. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) forderte am Freitag im Ö1-Morgenjournal, dass Stufe vier des Stufenplans nach dem Beispiel Wiens bundesweit vorgezogen wird. Grundsätzlich begrüße man den Stufenplan und dessen Logik, so Hacker: „Es muss aber früher geschaltet werden.“

Wirtschaft: Existenzbedrohend

In der Bundeshauptstadt ortet Hacker eine große Zustimmung zu den angekündigten Maßnahmenverschärfungen. Wenn man auf die Entwicklung der 7-Tage-Inzidenz in anderen Bundesländern blicke, dann brauche es „dringend Maßnahmen“ wie eben Stufe vier bundesweit. Wien hatte am Donnerstag die Verschärfung ab kommender Woche angekündigt. In der Bundeshauptstadt dürfen bereits ab Ende nächster Woche nur noch Geimpfte und Genesene in Lokale, zu Friseuren und anderen körpernahen Dienstleistern und zu Zusammenkünften mit mehr als 25 Personen.

Die betroffenen Branchen gaben sich allerdings von der Ankündigung der Stadt überrascht. Für manche Betriebe sei das „existenzbedrohend“, so der Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer, Peter Dobcak – mehr dazu in wien.ORF.at

Auch Niederösterreich für 2-G

Die meisten Landeshauptleute werden laut aktueller Planung persönlich zum Krisengipfel nach Wien kommen. Nicht dabei sein wird die Niederösterreicherin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Sie lässt sich durch Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) vertreten. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landeshauptmann-Stellvertreterin Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (beide ÖVP) – als Vertreter des Bundeslandes Oberösterreich mit den meisten Neuinfektionen und der niedrigsten Durchimpfungsrate – nehmen via Videokonferenz teil, hieß es aus Stelzers Büro. Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) wird virtuell am Treffen teilnehmen.

Aus Niederösterreich gab es am Abend einen Ausblick auf die Beratungen. „Wir wollen der morgigen Sitzung nicht vorgreifen, aber wir pochen weiterhin auf bundeseinheitliche Lösungen“, hielten Pernkopf und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) in einem der APA übermittelten Statement fest. Genannt wurden „weitgehendes 2-G im Freizeitbereich“, also „Einschränkungen für Ungeimpfte, aber nicht für Geimpfte bzw. Genesene“.

Salzburg schließt Lockdown nicht mehr aus

In Salzburg kommen neue Verordnungen und Regeln wie 2-G und 2,5-G am Montag. Vor wenigen Wochen noch wurde ein neuerlicher Lockdown kategorisch ausgeschlossen, doch das sieht jetzt anders aus. Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) setzt zwar darauf, dass die hohen Infektionszahlen auch durch Auffrischungsimpfungen für bereits Geimpfte gesenkt werden können. „Ein Lockdown droht nicht, wenn die Auffrischungsimpfung funktioniert. Wenn die Geimpften keine dritte Impfung durchführen, dann ist auch ein Lockdown nicht auszuschließen. Ich hoffe aber, dass es nicht dazu kommt“, so Haslauer – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Burgenland gegen Verschärfungen

Im Burgenland sieht man das anders. Für Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kommen keine weiteren Verschärfungen infrage. Nach dem Erreichen des Ziels bei der von ihm initiierten Impflotterie und einer Quote von 80 Prozent bei der impfbaren Bevölkerung könne das Burgenland „nicht mit anderen in einen Topf geworfen werden“, argumentierte er zuletzt.

Angesichts dieser Ausgangslage legte Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) die Latte für den Gipfel niedrig und ließ über eine Sprecherin ausrichten, dass der bestehende Stufenplan weiterhin die „Unterkante der Maßnahmen“ bilden werde. Der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hatte am Dienstag noch gehofft, dass ein einheitliches Vorgehen gefunden werden könnte.

Gemäß dem Stufenplan der Bundesregierung tritt am Montag als bundesweite „Unterkante“ Stufe zwei in Kraft: Dann würden „Wohnzimmertests“, also selbst durchgeführte Antigen-Tests, nicht mehr als 3-G-Nachweis akzeptiert. Und zu Veranstaltungen mit über 500 Personen ohne fixen Sitzplatz hätten Ungeimpfte keinen Zutritt mehr, ebenso wenig zur Nachtgastronomie.

Diese Stufe könnte aber schon obsolet sein, bevor sie überhaupt gilt, denn in den kommenden Tagen dürften bereits die Voraussetzungen für Stufe drei erfüllt sein: Mit mehr als 400 CoV-Patienten in den Intensivstationen verlieren alle Antigen-Tests ihre Gültigkeit, und es greift die 2,5-G-Regel. Wegen der verschärften Situation wurden auch in einigen Bezirken etwa in Oberösterreich und Tirol Ausreisekontrollen verhängt.

Ausreisekontrollen in Bezirken (Stand 5.11.)

Große Wintersportbetriebe erwägen 2-G-Regel

Angesichts drastisch steigender Coronavirus-Zahlen sorgen sich Touristiker um die Wintersaison. Susanne Kraus-Winkler, Hotellerieobfrau in der Wirtschaftskammer (WKO), rechnet zwar nicht mit Grenzschließungen, aber „Reisewarnungen hängen wie ein Damoklesschwert über uns“, sagte sie am Donnerstag. Inzwischen seien einige große Wintersportbetriebe „kurz davor, in Richtung 2-G zu gehen, und zwar sowohl für Gäste als auch für Mitarbeiter“.

Dramatische Entwicklung

Die Neuinfektionen steigen derzeit sprunghaft an. Die Ampelkommission setzte am Donnerstag – erstmals seit Ende April – wieder ganz Österreich auf Rot. Stark zugenommen haben zudem die Impfdurchbrüche. Deshalb wird beim Gipfel auch über möglichst schnelle Umsetzung der „Booster-Impfungen“ und eine zusätzliche Testpflicht für Geimpfte und Genesene diskutiert. Letztere haben auch mehrere Experten vorgeschlagen – ebenso FFP2-Pflicht in (öffentlichen) Innenräumen, 2-G für Gastronomie, Friseur und Veranstaltungen und Rückkehr ins Homeoffice.