Patientin in einer Impfstraße
Reuters/Lisi Niesner
Empfehlungen im Detail

Ab wann die dritte CoV-Impfung sinnvoll ist

Noch sind Hunderttausende Menschen hierzulande nicht gegen Covid-19 geimpft. Zugleich stellt sich für diejenigen, die bereits ihr ersten beiden Impfungen erhalten haben, die Frage nach einer dritten Dosis. Eine Antwort darauf liefert das Nationale Impfgremium. In ihren am Donnerstagabend in schriftlicher Form vorgelegten Empfehlungen legen die Expertinnen und Experten im Detail dar, wann und warum eine dritte Impfung sinnvoll ist.

Fast 400.000 Menschen haben in Österreich bereits eine Drittimpfung gegen Covid-19 erhalten. In den kommenden Wochen und Monaten soll diese Zahl deutlich steigen. In den vergangenen Tagen kündigten die Bundesländer an, vermehrt Angebote für eine dritte Impfung zur Verfügung zu stellen. Am Freitag gab etwa Wien bekannt, auch die Drittimpfung künftig ohne Anmeldung anzubieten – mehr dazu in wien.ORF.at.

Am Dienstag hatte das Nationale Impfgremium seine Empfehlung für die Covid-19-Impfung aktualisiert. Die Kommission aus 18 Expertinnen und Experten sprach sich dafür aus, dass jeder und jede volljährige Geimpfte sechs Monate nach der zweiten Impfung ein Angebot für eine dritte Dosis bekommen soll. Am Donnerstag wurden die aktualisierten Empfehlungen dann auch in schriftlicher Form veröffentlicht.

Darin lässt sich etwa noch einmal im Detail nachlesen, warum das Impfgremium das empfohlene Intervall zwischen zweiter und dritter Impfung von neun auf sechs Monate verkürzte. So hätten Daten aus Israel, England und den USA gezeigt, dass bei Personen höheren Alters und bei Personen mit bestimmten Vorerkrankungen die Schutzwirkung gegen die Delta-Variante nicht in allen Fällen neun Monate lang gegeben sei, heißt es gleich zu Beginn der Ausführungen zum Impfschema.

Drittimpfung für Risikogruppen „dringend empfohlen“

Zwar war für ebendiese Personen die Drittimpfung auch zuvor schon vom NIG ab dem sechsten Monat freigegeben worden, Für diese Gruppe ist die dritte Impfdosis nach einem halben Jahr nun aber nicht mehr nur möglich, sondern „dringend empfohlen“. Das betrifft zum einen über 65-Jährige, Alters- und Pflegeheimbewohner, Risikopatienten oder mit zwei Dosen AstraZeneca Geimpfte, zum anderen bestimmte Berufsgruppen mit hohem Ansteckungsrisiko wie medizinisches Personal und Pädagoginnen und Pädagogen.

Für manche dieser Personen sieht das NIG in seinen Empfehlungen überdies vor, dass der Abstand zwischen zweiter und dritter Impfung noch weiter reduziert werden kann. „Eine Unterschreitung des empfohlenen Impfintervalls von sechs Monaten ist in begründeten Ausnahmefällen sinnvoll und kann nach entsprechender Aufklärung und Dokumentation erfolgen“, heißt es in den Empfehlungen.

Als Ausnahmefälle nennt das NIG etwa den Antritt einer längeren Reise oder ein besonders hohes Expositionsrisiko. Aber auch in solchen Fällen müssen zwischen Zweit- und Drittimpfung zumindest vier Monate liegen. Die Maßnahmenverordnung des Gesundheitsministers legt fest, dass eine Drittimpfung erst ab einem Abstand von 120 Tagen gültig ist. Eine verkürztes Intervall ist laut NIG in Ausnahmefällen auch für Menschen möglich, die doppelt mit AstraZeneca immunisiert wurden. Wenngleich die grundsätzliche Empfehlung lautet, auch nach einer Immunsierung mit AstraZenaca sechs Monate bis zur dritten Impfung zu warten.

Impfung für Genesene

Weiterhin gilt laut NIG-Empfehlung: Wer seine erste Impfung nach einer durchgemachten CoV-Infektion erhalten hat, ist wie eine zweifach geimpfte Person anzusehen. Das bedeutet im Gegenzug, dass auch für diese Menschen eine Auffrischungsimpfung nach sechs Monaten empfohlen wird. Wer sich zwischen erster und zweiter Impfung mit dem Coronavirus infiziert, sollte laut den Empfehlungen vier Wochen nach der Genesung die zweite Dosis erhalten. Eine dritte Impfung wird dann wieder nach sechs Monaten empfohlen.

Grafik zeigt Daten zu Impfdurchbrüchen bei Personen ab 12 Jahren
Grafik: ORF.at; Quelle: AGES

Keine dritte Impfung empfiehlt die Kommission hingegen bei Menschen, die nach der zweiten Impfung nachweislich eine symptomatische oder asymptomatische CoV-Infektion durchgemacht haben. Die Infektion erfülle in diesen Fällen die „Aufgabe des Drittstichs“, hieß es dazu gegenüber ORF.at von Herwig Kollaritsch, Epidemiologe und Mitglied des NIG.

Antikörpertest „keine Entscheidungsgrundlage“

Weiterhin keinen Nutzen sehen die Expertinnen und Experten in Antikörpertests als Entscheidungsgrundlage für eine Covid-19-Impfung. Nicht zuletzt von impfkritischen Personen wird gerne angeführt, dass einer CoV-Impfung die Bestimmung der Antikörper vorangehen sollte. Laut den Expertinnen und Experten des NIG ist ein Antikörpertest aber dezidiert nicht zu empfehlen.

Das Gremium weist auch darauf hin, dass Ärztinnen und Ärzte, die „basierend auf dem Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 fälschlicherweise und entgegen der medizinischen Empfehlungen von einer Impfung gegen Covid-19“ abraten, sich auf rechtlich dünnem Eis bewegen. Würde eine Person dann an Covid-19 erkranken, „so kann dies auch haftungsrechtliche Konsequenzen haben, weil es klar im Gegensatz zur ausdrücklichen medizinischen Empfehlung steht“, so das Impfgremium.

Ebenso erscheinen „Antikörperbestimmungen zur Bestätigung eines durch die Impfung induzierten Schutzes“ laut Impfgremium „derzeit nicht zielführend“. Die heimischen Expertinnen und Experten stehen mit dieser Einschätzung nicht alleine da. Der deutsche Immunologe Carsten Watzl wies erst am Donnerstag darauf hin, dass ein Antikörpertest vor einem dritten Stich wenig Sinn habe. „Auch bei hohen Antikörperspiegeln wäre ein Booster nicht gefährlich. Und wir kennen den Grenzwert bei den Antikörpern (noch) nicht“, schrieb der Generalsekretär der deutschen immunologischen Gesellschaft auf Twitter.

Moderna nicht bei unter 30-Jährigen

Grundsätzlich hält das NIG fest, dass die Impfreaktionen bei der dritten Dosis ähnlich ausfallen wie bei der Zweitimpfung. Laut den Empfehlungen sollen für die dritte Impfung prinzipiell mRNA-Impfstoffe zum Einsatz kommen. Dabei soll bevorzugt „der gleiche Impfstoff wie für die vorhergehenden Immunisierungen eingesetzt werden (homologes Impfschema)“.

In der EU sind derzeit die mRNA-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna zugelassen. Das Vakzin von Moderna soll aber nur für über 30-Jährige zur Auffrischung verwendet werden. Für alle Jüngeren wird empfohlen, zur Auffrischung den Impfstoff von Pfizer/Biontech zu verwenden. Grund dafür ist eine „vorläufige Unsicherheit in Bezug auf ein erhöhtes Risiko einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung, Anm.) oder Perikarditis (Herzbeutelentzündung, Anm.) nach Spikevax-Impfung“ bei jüngeren Personen.

Diese Empfehlung, Moderna für Jüngere nicht zu verwenden, gilt auch für den Erst- und Zweitstich: „Aufgrund von internationalen Sicherheitsberichten zu einem erhöhten Auftreten von Myokarditis und Perikarditis vorwiegend bei jüngeren Personen werden Impfungen mit Spikevax (Moderna, Anm.) derzeit vorsichtshalber erst ab einem Alter von 30 Jahren empfohlen (Ausnahme Personen mit beeinträchtigtem Immunsystem wie z. B. Immunsupprimierte etc.)“ Wer zuvor mit AstraZeneca geimpft wurde, soll ebenfalls einen mRNA-Impfstoff erhalten.

Keine „Einmalimpfstoffe“ mehr

Personen, die mit dem Vakzin von Janssen (Johnson & Johnson) einmalig geimpft wurden, sollen eine weitere Impfung im Mindestabstand von 28 Tagen erhalten, dabei soll vorzugsweise Pfizer/Biontech bzw. bei über 30-Jährigen auch Moderna verwendet werden. Laut NIG kann aber auch erneut der Impfstoff von Johnson & Johnson zum Einsatz kommen.

Das Vakzin war ursprünglich so konzipiert, dass nur ein Stich notwendig sein sollte. Der Impfschutz hat aber den Experten zufolge zu schnell stark nachgelassen. Auch geht das Gremium davon aus, „dass, wie bei allen anderen Impfstoffen auch, eine weitere Impfung mit einem mRNA-Impfstoff nach sechs Monaten erforderlich sein wird“.

Drittimpfung im letzten Drittel der Schwangerschaft

Weiterhin hält das Gremium an seiner Empfehlung für eine Impfung von Schwangeren und stillenden Müttern fest – und folgt damit auch den Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften. Laut den heimischen Expertinnen und Experten können schwangere Frauen auch ihre Drittimpfung erhalten. Dabei wird aber eine Impfung im letzten Drittel der Schwangerschaft empfohlen.

Auch wird in den Empfehlungen aufgeführt, dass es nicht notwendig ist, ein Intervall zu anderen Impfungen einzuhalten. "Die gleichzeitige Verabreichung von Covid-19-Impfstoffen mit anderen Lebend- oder Totimpfstoffen (inkl. Influenza-Impfstoffen) ist möglich und sinnvoll, schreiben die Expertinnen und Experten. "Vor und nach (planbaren) Operationen soll ein Mindestabstand von 14 Tagen zur Impfung eingehalten werden. Bei dringender Indikation könne ein operativer Eingriff aber jederzeit durchgeführt werden.