Der Dom des Kapitol in Washington DC.
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Teilsieg für Biden

US-Kongress beschließt Infrastrukturpaket

Seit Monaten kämpft Joe Biden um zwei zentrale Projekte seiner Präsidentschaft. Eines davon – ein großes Infrastrukturpaket – hat es nun, begleitet von schweren Turbulenzen, durch den Kongress geschafft. Um sein zweites großes Paket – zum Ausbau von Sozialleistungen und für den Kampf gegen die Klimakrise – muss der US-Präsident noch bangen.

Einige Wochen nach dem Senat verabschiedete am späten Freitagabend (Ortszeit) schließlich auch das Repräsentantenhaus ein großes Investitionsprogramm, mit dem die Infrastruktur des Landes modernisiert werden soll. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre rund 550 Milliarden US-Dollar (476 Mrd Euro) an neuen Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt – inklusive schon vorher veranschlagter Mittel – hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.

Die Infrastrukturmilliarden sollen in den kommenden Jahren für Straßen, Brücken, Häfen, Flughäfen, den Nahverkehr und die Bahn eingesetzt werden. Von einem Teil der Projekte soll auch der Klimaschutz profitieren, den Biden zur Toppriorität gemacht hat.

In den kommenden Jahren sollen rund 110 Milliarden Dollar in den Ausbau bzw. die Renovierung von Straßen und Brücken fließen. Rund 39 Milliarden Dollar sind für den öffentlichen Nahverkehr eingeplant, weitere 66 Milliarden Dollar für das Schienennetz. Zudem sind auch Mittel zum Ausbau der Ladestationen für elektrische Autos und für die Förderung elektrischer Busse vorgesehen.

Austausch von Bleirohren, schnelleres Internet

Für Häfen und Flughäfen sind zusammen 42 Milliarden Dollar einkalkuliert. Auch der Ausbau von schnellen Internetverbindungen und die Verbesserung der Wasserversorgung, darunter der Austausch aller Bleirohre, sollen mit dem Paket finanziert werden. Rund 65 Milliarden Dollar sollen zudem in die Modernisierung der Strominfrastruktur fließen.

Der Beschluss kam wenige Tage nach einer empfindlichen Niederlage der Demokraten bei regionalen Urnengängen, darunter auch in der Hochburg Virginia. Nur ein Jahr nach dem historischen Wahlsieg Bidens hatten sich die Wähler in Scharen von den Demokraten abgewandt. Der Präsidentenpartei wurde offenbar die Schuld am politischen Stillstand im Land gegeben. Seit der Wahl im Vorjahr kontrollieren die Demokraten das Weiße Haus sowie beide Parlamentskammern. Im Senat stehen aber nicht alle Demokraten hinter dem Plan umfassenderer Sozial- und Klimaförderungen.

US Präsident Joe Biden
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Nach der Wahlniederlage vergangene Woche war Biden unter Druck geraten

Kein grünes Licht für Sozial- und Klimapaket

Aufgehalten hatte das Paket ein heftiger Streit unter den Demokraten über ein zweites Investitionspaket, das einen Ausbau der Sozialleistungen im Land und große Summen für den Kampf gegen die Klimakrise vorsah – finanziert durch Steuererhöhungen für Konzerne und Spitzenverdiener sowie das konsequentere Eintreiben fälliger Abgaben.

Einige von Bidens Demokraten wollten noch am Freitag nur über beide Gesetzesvorhaben gemeinsam abstimmen. Dabei hatte sich Biden zuvor erstmals öffentlich an die Abgeordneten gewandt: „Ich rufe jedes Parlamentsmitglied auf, Mitglieder des Repräsentantenhauses, mit Ja für diese beiden Gesetze jetzt zu stimmen.“

Nur mit der Zustimmung des Repräsentantenhauses bleibt Bidens Versprechen glaubwürdig, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 zu halbieren. Auch der versprochene Konjunkturschub und die Verbesserung sozialer Leistungen hängen von den Gesetzen ab.

Verhärtete Fronten innerhalb der Demokraten

Hintergrund des monatelangen Patts war der Streit zwischen dem progressiven und dem moderaten Flügel der Demokraten. Mehrere Demokraten des moderaten Flügels wollten zuerst eine überparteiliche Kostenschätzung des bereits abgespeckten 1,75-Billionen-Pakets für soziale Maßnahmen und Umweltschutz sehen, bevor sie darüber abstimmen. Das müsste die Kongressbehörde Congressional Budget Office (CBO) übernehmen. Die CBO-Berechnungen würden allerdings Wochen in Anspruch nehmen.

Die progressiven Demokraten wollten hingegen dem Infrastrukturpaket nur zustimmen, wenn auch das größere Klima- und Sozialpaket mit dem Namen „Build Back Better“ verabschiedet wurde.