Detailaufnahme einer Lithium-Ionen-Batterie eines E-Autos
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Recycling & Co.

Gebrauchte E-Auto-Akkus als Herausforderung

Noch stellen E-Autos einen kleinen Anteil auf Österreichs Straßen. Das wird sich in den kommenden Jahren allerdings ändern. Drängender wird damit auch die Frage, was mit den steigenden Mengen an nicht mehr gebrauchsfähigen E-Auto-Akkus passiert.

Derzeit haben die Entsorger etwa mit 200 Tonnen an alten E-Auto-Batterien zu tun, je nach Verkauf neuer E-Autos und der möglichen Weiterverwendung gebrauchter Antriebsbatterien etwa als Energiespeicher rechnen Experten mit 10.000 bis 20.000 Tonnen im Jahr 2030 und zehn Jahre später mit über 100.000 Tonnen jährlich. Entscheidend werden der Ausbau und die Weiterentwicklung von Recyclingmethoden.

„Ich habe Respekt vor dieser zu erwartenden exponentiellen Wachstumskurve“, sagte Andreas Opelt, Vizepräsident des Verbands österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) gegenüber ORF.at. „Da kommt eine große Welle auf uns zu.“ Um diese zu bewerkstelligen, müsse man auch in Österreich bereits in Brandschutz und Sicherheit investieren – noch bevor überhaupt der Markt da ist.

Kein eigenes Recyclingwerk in Österreich

Derzeit sind die Mengen an gebrauchten E-Auto-Batterien so gering, dass sich eine eigene Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien in Österreich derzeit wirtschaftlich nicht rentiere, sagte etwa Christian Holzer, Sektionsleiter für Umwelt und Kreislaufwirtschaft im Umweltministerium, gegenüber ORF.at. Die mehrere hundert Kilogramm schweren Akkus werden derzeit in Werkstätten in Österreich ausgebaut und müssen entsprechend gelagert werden. Spezialisierte Entsorger bereiten die Batterien für den Gefahrguttransport nach Deutschland vor.

Recyclinganlage für Lithium-Ionen-Batterien der Firma Redux Recycling in Bremerhaven (Deutschland)
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In Österreich ausrangierte E-Auto-Akkus müssen derzeit zum Recycling nach Deutschland gebracht werden

EU-weit ist derzeit geregelt, dass mindestens 50 Prozent vom Gewicht einer Lithium-Ionen-Batterie recycelt werden müssen. Sind die Batteriemodule ausgebaut und entladen, kann das Recycling beginnen. Einige wenige Firmen beschäftigen sich derzeit mit der Frage der Wiederaufbereitung von Lithium-Ionen-Akkus und setzen dabei auf unterschiedliche Technologien. Auch einige Autohersteller arbeiten inzwischen an eigenen Entsorgungsstrategien.

Mehrere Verfahren in Erprobung

„Welche Verfahren sich durchsetzen, wird man in einigen Jahren sehen“, sagte Roland Pomberger, Abfalltechniker an der Montanuniversität Leoben, im ORF.at-Interview. Es gebe etwa die pyrometallurgischen Verfahren, bei denen die gesamte Batterie im Schmelzofen landet und Metalle zurückgewonnen werden – darunter Kupfer und die wertvollen, unter oft problematischen Bedingungen gewonnenen Rohstoffe Kobalt und Nickel. Nachteil dieser Methode sei, dass viele unedle Metalle wie Aluminium in der Schlacke landen, so Pomberger. In Europa herrsche Uneinigkeit, ob die verwertete Schlacke dann zur erforderlichen Recyclingquote zählt.

Mit thermisch-mechanischen Verfahren würde der giftige und brennbare Bestandteil der Batterie, der Elektrolyt, verdampft und der Akku dadurch nicht mehr gefährlich, so der Abfalltechniker. Auch hier können Metallkonzentrate – allen voran Stahl, Aluminium, Kupfer sowie Kobalt und Nickel enthaltende Pulver – gewonnen werden. Diese Konzentrate können in metallurgischen Recyclinganlagen wieder zu Metallen verarbeitet werden. „Mit solchen Verfahren kann eine Recyclingquote von rund 60 Prozent erreicht werden“, sagte Pomberger – und bei Bedarf auch darüber hinaus.

Derzeit wird der Rückgewinnung von Lithium, das für den Ladungstransport in E-Auto-Akkus verantwortlich ist, noch wenig Beachtung geschenkt. Pomberger: „Das ist ein unedles Element, das sich schnell mit anderen Elementen verbindet. Für die Rückgewinnung braucht man viel Energie.“ Bisher habe sich das nicht ausgezahlt. Die EU plant aber, mit der neuen Batterienverordnung auch eine Recyclingquote für Lithium vorzuschreiben.

Ein Arbeiter zerlegt einen ausgedienten Akku eines E-Autos
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Lithium-Ionen-Akkus gelten als Gefahrgut. Ausbau, Lagerung und Transport sind mit Risiken verbunden.

Weiterentwicklung als Herausforderung

Eine Schwierigkeit für die Entsorger und das Recycling ist die ständige Weiterentwicklung der Batterien, etwa was ihre Zusammensetzung und Leistungsfähigkeit angeht. Das betrifft zum einen Lithium-Ionen-Batterien selbst, zugleich gibt es aber auch Forschungen zu anderen Formen wie der Natrium-Ionen-Batterie und dem Feststoffakku.

Pomberger rechnet aber damit, dass zumindest die nächsten 20 Jahre die Abfallwirtschaft und Recycling vor allem die Lithium-Ionen-Batterien betreffen werden. Ähnlich sieht das Opelt. Es wurde und werde viel in Werke für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien investiert. Diese Investitionen müssten nun verdient werden. Opelt: „Der Zug ist für die nächsten Jahre abgefahren.“

EU will strengere Vorgaben machen

Geht es nach der EU, soll die allgemeine Recyclingquote bei E-Auto-Batterien noch erhöht werden. Im Gespräch sind laut Holzer 65 Prozent. Bei spezifischen Stoffen wie Kobalt, Kupfer, Nickel und Lithium sollen noch gesondert eigene Recyclingvorgaben gemacht werden. Damit soll die Wiederverwertung hochwertiger Stoffe angehoben werden. Derzeit ist bei der vorgegebenen Reyclingquote nicht vorgeschrieben, dass auch Stoffe wie Kobalt und Nickel recycelt werden müssen.

An dieser neuen EU-Batterienverordnung wird intensiv gearbeitet. Holzer rechnet bis Mitte 2022 mit dieser Verordnung. Es gehe dabei aber nicht nur um die Festlegung von Recyclingquoten. Es sollen auch Mindestanforderungen, was Leistung und Haltbarkeit betrifft, festgelegt werden. „Das soll für in der EU hergestellte, aber auch die importierte Batterien gelten“, sagte Holzer. Hier würde die EU bereits eine mögliche Nachnutzung der Akkus im Blick haben wie etwa als lokaler Energiespeicher. Geregelt werden müsse dabei auch eine allfällig notwendig Sicherheitsüberprüfung vor der Wiederverwendung einer alten E-Auto-Batterie.

Chance als Energiespeicher

Gerade nach dem Einsatz im E-Auto gibt es für diese Akkus im „Second-Life“ auch ein Leben danach und damit eine Chance, den Berg an alten E-Auto-Batterien für das Recycling nicht zu stark anwachsen zu lassen. Hersteller rechnen mit einem Einsatz von acht bis zehn Jahren im Auto, danach sind die Akkus aber noch nicht schrottreif. Sie haben meist noch einen Energieinhalt von 70 bis 80 Prozent.

Sind die Batterien nicht mehr für den Autoantrieb geeignet, können diese als stationärer Energiespeicher beispielsweise von Strom aus Sonnenenergie in Privathaushalten und Gewerbebetrieben eingesetzt werden – in der Theorie. Praktisch ist diese Nachnutzung noch nicht verbreitet. Derzeit gibt es einige Pilotprojekte, die gebrauchte E-Auto-Akkus für eine Wiederverwendung als Energiespeicher aufbereiten.

Erwartet wird, dass sich dieser Markt in Zukunft entwickelt. Es gebe aber noch offene Fragen zu Gewährleistung und Produkthaftung, sagte Opelt: „Das macht nur Sinn, wenn große Mengen des gleichen Modells zurückkommen.“ Das sei aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen bei den Batterien schwierig. Auch Pomberger sieht den Second-Life-Einsatz als Energiespeicher als „Chance, aber er ist sicher nicht einfach“. Denn letztlich entscheide der Konsument, ob er einen Energiespeicher mit gebrauchten Batteriezellen oder lieber mit neuen bevorzugt.