Montage zeigt eine Sony PlayStation 5 und einen Controller der XBOX Series X
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Ein Jahr „Next Gen“

Konsolen, die niemand hat und braucht

Mit toller Grafik und exklusiven Spielen in eine neue Ära: Groß waren die Versprechungen rund um die neue Konsolengeneration, also Sonys PlayStation 5 und Microsofts Xbox Series X. Ein Jahr nach der Veröffentlichung herrscht bei vielen Spielerinnen und Spielern aber vor allem Ernüchterung. Dank des anhaltenden Chipmangels sind praktisch keine Geräte erhältlich – und wer eine der begehrten Konsolen besitzt, hat kaum Spiele zur Wahl.

Stets rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft wird alle paar Jahre eine neue Konsolengeneration eingeläutet – gerade so, dass die Geräte es auf den Wunschzettel schaffen und dann möglichst zum Vollpreis im Dezember verschenkt werden können. So gaben auch Microsoft und Sony im November des Vorjahres ihre neuen Konsolen zum Verkauf frei.

Doch in die Regale der Elektrohändler schafften es die Geräte ebenso wenig wie in den Versandhandel. Bis heute hat sich daran nichts geändert: „Artikel derzeit nicht verfügbar“, heißt es vielerorts im Netz – und das praktisch durchgehend über die letzten zwölf Monate. Der Chipmangel, der für diese Engpässe verantwortlich gemacht wird, hält an. Und somit ist auch im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft nicht damit zu rechnen, dass sich die Situation entspannt.

Sony PlayStation 5
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Der begehrte Karton mit Sonys PlayStation 5 bleibt auch in diesem Weihnachtsgeschäft wohl Mangelware

Über 20 Millionen Konsolen, aber wenige in Österreich

Dabei zeichnen die Verkaufszahlen ein anderes Bild: Sony gab Ende Oktober bekannt, dass sich die PlayStation 5 bereits über 13 Millionen Mal verkaufte – bei Microsofts Xbox Series X und der günstigeren, leichter erhältlichen Variante Series S sollen es rund acht Millionen Geräte sein. Doch hierzulande kommt davon nicht viel an: Im Gespräch mit ORF.at sagt Michael Nikolajuk von der Preisvergleichsplattform Geizhals, dass es „Tatsache“ sei, dass die aktuellen Konsolen hier „kaum verfügbar“ seien.

Im Netz führte die Knappheit schnell zu Wucherpreisen: Auf Kleinanzeigenplattformen wird etwa die PlayStation 5 derzeit statt zum Listenpreis von 399 bzw. 499 Euro in der teureren Variante nicht unter 600 Euro gehandelt. Zeitweise waren die Preise dafür sogar knapp vierstellig – Abnehmer dafür gibt es offenbar genug.

Per Bot zum Konsolenglück

Einige findige Nutzer programmieren unterdessen Bots, die automatisiert alle paar Minuten die Websites bekannter Händler abgreifen und Alarm schlagen, sollte sich der Lagerstand ändern. Per Twitter und Discord werden derartige Angebote an Mitwissende verbreitet.

Der Andrang ist so groß, dass binnen Minuten der gesamte Lagerstand wieder aufgekauft ist. Der Vorteil hierbei: Die wenigen Konsolen, die zum Verkauf stehen, werden normalerweise zum Listenpreis angeboten. Zum guten Zweck machen das die Bot-Betreiber aber nicht – die meisten von ihnen verdienen eine Kommission für jeden Verkauf, wohl auch ein lukratives Geschäft angesichts der enormen Nachfrage.

Für Konsumentinnen und Konsumenten sei die Knappheit „sehr frustrierend“, so Nikolajuk. Er bemängelt, dass die Händler hierzulande kaum Möglichkeiten zur Vorbestellung böten, wie das etwa in Deutschland der Fall sei. Zwar sei man im Verhältnis zahlenmäßig „genauso schlecht“ wie Deutschland aufgestellt – dort gebe es aber einfach mehr Händler, was den Einkauf letztlich erleichtere, so Nikolajuk.

Bisher kaum Exklusivspiele erhältlich

Aber auch wer sich zu den glücklichen Besitzern der neusten Xbox oder PlayStation zählt, hat möglicherweise keine ungetrübte Freude: Denn noch mangelt es an richtigen Kaufargumenten – nämlich den Spielen. Über die letzten Generationen ging es nämlich primär darum, welcher Hersteller sich die Rechte an großen Namen der Branche sichern kann: Wer „God of War“ spielen will, musste eine PlayStation kaufen, wer „Forza“ bevorzugt, brauchte eine Xbox – und wer auf beides nicht verzichten kann, muss eben zwei Geräte daheim unter dem Fernseher verstauen.

Microsoft XBox Series X und Series S
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Microsofts Xbox Series X (vorne) ist kaum verfügbar, die schwächere Series S ist aber oft erhältlich – und damit die Ausnahme

Doch die wirklich großen Highlights, die exklusiv auf der jeweiligen Konsole laufen, fehlen noch. Die PlayStation setzte zu Beginn zu einem Großteil auf Remakes und „Director’s Cut“-Versionen bereits älterer Spiele, hatte mit „Ratchet & Clank“ sowie „Returnal“ aber schon auch neue erfolgreiche Titel im Programm. Bei der Xbox gibt es mit Spielen wie „Flight Simulator“ zwar große Namen – die meisten Titel laufen aber auch auf einem Windows-PC.

Chipkrise könnte Konsolen noch nächstes Jahr bremsen

Ein neues „Halo“-Spiel kommt noch vor Weihnachten für die Xbox – ist aber ebenfalls für den PC angekündigt. Kommendes Jahr stehen dann bei Sonys PlayStation mit Spielen wie „Horizon Forbidden West“ und „Gran Turismo 7“ schon mehr prominente Titel auf dem Programm.

Unklar ist, wie sich die Situation bis dahin entwickelt. Sony hatte Mitte des Jahres bereits in Aussicht gestellt, dass die Chipkrise die PS5-Lieferungen bis 2022 bremsen wird, von Microsoft hieß es zuletzt im Oktober, dass man auch im kommenden Jahr mit einem Engpass rechnet.

Nintendo strauchelt, kaum Akzeptanz für Streaming

Aber nicht nur die zwei Giganten Sony und Microsoft leiden: Auch Nintendo – mit der Switch war der japanische Konzern im Konsolenkampf bisher der lachende Dritte – korrigierte zuletzt die Prognose nach unten. Die Chipkrise erschwert also auch die Produktion der Nintendo-Konsole.

Tatsächlich hätte die Krise wohl auch das Geschäft von Streamingdiensten ankurbeln können, bei denen man Spiele nicht auf der Konsole spielt, sondern stattdessen etwa per Browser streamt. Google stellte schon 2019 dafür Stadia vor, fast zeitgleich mit der PS5 und der Xbox startete der Dienst 2020 hierzulande. Seither wurde es aber ruhig um den Google-Dienst, Pläne für eigene Spiele wurden gestrichen – und unter Gamerinnen und Gamern ist Stadia offenbar kein Thema. Auch Amazons Luna, das ähnlich funktioniert, findet kaum Erwähnung.

Nach einem Jahr bleiben die meisten Menschen also weiter nur Zuschauerinnen und Zuschauer der neuen Konsolengeneration. „Man kann sich auch mit vielen anderen Dingen unterhalten“, so Geizhals-Sprecher Nikolajuk diplomatisch. Ein Konsolenweihnachtswunder wird heuer wohl ausbleiben. Auch wenn es nicht für alle Trost sein wird: Sehr viel verpasst man heuer ohnehin noch nicht.