Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
APA/Hans Punz
Regionale Lockdowns?

CoV-Krisengipfel mit zwei Bundesländern

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat nach dem Ministerrat einen Krisengipfel mit den Landeshauptleuten der von der vierten CoV-Welle besonders betroffenen Bundesländer Salzburg und Oberösterreich angekündigt. Die Frage, ob es regionale Lockdowns für alle geben könnte, wollte Mückstein nicht beantworten. Laut „Presse“ sollen sie kommen.

Er werde mit Wilfried Haslauer (Salzburg, ÖVP) und Thomas Stelzer (Oberösterreich, ÖVP) noch am Nachmittag Gespräche führen. Mückstein bezeichnete die Lage in den beiden Ländern als „sehr dramatisch“.

Mückstein betonte im Foyer nach dem Ministerrat auf wiederholte Fragen von Journalistinnen und Journalisten, ob regionale Lockdowns für die beiden Bundesländer nicht unausweichlich seien, er wolle den Gesprächen nicht vorgreifen. Mückstein verwies auf zuletzt gemachte Schritte wie die 2-G-Regel. Er machte aber klar, dass nun eine Kontaktreduktion von 30 bis 35 Prozent nötig sei. Laut „Presse“ will Mückstein nun Lockdowns für die beiden Bundesländer.

Schallenberg gegen Lockdown für Geimpfte

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) erteilte vor Beginn des Gesprächs einem Lockdown für Geimpfte eine Absage. Einen Lockdown aus Solidarität mit den Ungeimpften soll es nicht geben, so Schallenberg in einer Stellungnahme. Dafür wolle er „auch weiterhin kämpfen“. Wenn die Entwicklung aber weitergehe, schloss er einen Lockdown für Ungeimpfte nicht aus. Diese dürften dann wie bereits in den vorhergehenden Lockdowns den Wohnbereich nur noch aus bestimmten Gründen verlassen.

„Wenn die Dynamik nicht abreißt, wird es laut Stufenplan schon sehr bald so weit sein“, so Schallenberg. Darüber hinaus wolle er über „weitere Maßnahmen“ wie die Frage der Impfpflicht in gewissen Berufsgruppen diskutieren. Zudem appellierte Schallenberg neuerlich, sich so rasch wie möglich impfen zu lassen.

Lage in Bundesländern „sehr ernst“

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hat die Landeshauptleute von Oberösterreich und Salzburg zu einem Krisengipfel geladen. Das kündigte er im Pressestatement nach dem Ministerrat an. Ob regionale Lockdowns bevorstehen, wollte Mückstein auf Nachfrage nicht beantworten.

„Klar und umfassend handeln“

Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt in Oberösterreich bei 1.173,5, in Salzburg bei 933. In Salzburg dürfte sie aber de facto höher sein. Derzeit wird wegen Problemen bei der Testauswertung nur ein Teil der Tests analysiert. „Wir müssen klar und umfassend handeln“, appellierte Mückstein an die Verantwortlichen.

Der Gesundheitsminister appellierte auch mehrmals an die gesamte Bevölkerung. Jede und jeder könne etwas dazu beitragen, dass sich die Situation verbessere: Kontakte reduzieren, einmal nicht auf eine Party gehen, einander nicht die Hände geben, diese desinfizieren, FFP2-Maske tragen und vor allem Impfung oder Auffrischungsimpfung holen.

Mückstein weist Vorwurf von Versäumnissen zurück

Unklar ist, wer an den Gesprächen neben Mückstein und den beiden Landeshauptleuten noch teilnehmen wird. Mehrmals verteidigte Mückstein das Vorgehen der Regierung gegen Kritik, man sei sehenden Auges in die vierte Welle gelaufen und habe trotz entsprechender Warnungen nicht vorausgeplant und rasch genug agiert.

Mückstein verwies hier auf den Anfang September mit den Bundesländern vereinbarten Stufenplan. Man habe den Umbau der Teststrategie auf die aussagekräftigeren PCR-Tests vorangetrieben. Etwa die Hälfte der Tests seien mittlerweile PCR-Tests.

Mückstein sieht auch erste positive Auswirkungen der zuletzt eingeführten bundesweiten Verschärfungen, sprich 3-G am Arbeitsplatz und 2-G für weite Teile des öffentlichen Lebens. Allein am Freitag habe es eine Verdreifachung bei den Erst- und Drittimpfungen gegeben.

Für Impfen nur wochentags „kein Verständnis“

Mückstein verwies darauf, dass derzeit 4,5 Mio. Impfdosen gelagert seien. Für das Abrufen und Verimpfen seien die Bundesländer zuständig. Er verwies auf die sehr unterschiedliche Durchimpfungsrate, die zwischen dem Burgenland als Erstem und Oberösterreich als Schlechtestem um zwölf Prozentpunkte differiere. Er habe etwa „kein Verständnis“ dafür, wenn in dieser Situation am Wochenende nicht geimpft wird.

Angesichts der dramatischen Entwicklung schloss die steirische Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) einen regionalen Lockdown nicht mehr aus – mehr dazu in steiermark.ORF.at. In Oberösterreich – hier ging die ÖVP jüngst erneut ein Bündnis mit der impfskeptischen FPÖ ein – dagegen sieht man die Notwendigkeit für einen regionalen Lockdown noch nicht.

Das sagte Mittwochfrüh im Ö1-Radiointerview Gesundheitslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP). Dabei ist die Situation in Oberösterreich viel dramatischer als in der Steiermark – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Bald systemkritische Auslastung der Intensivstationen?

Mit den rasant steigenden Infektionszahlen und der damit verbundenen Zunahme an Covid-19-Patientinnen und -Patienten in den heimischen Spitälern rückt das Erreichen der systemkritischen Auslastung im intensivmedizinischen Bereich (ICU) näher.

Davor warnt das Covid-19-Prognosekonsortium in seiner am Mittwoch erstellten Kapazitätsvorschau. „Die Überschreitung der 33-prozentigen Auslastungsgrenze ist am 24. November in allen Bundesländern möglich“, so die Experten.

Oberösterreich besonders betroffen

Die Wahrscheinlichkeit, dass die systemkritische Auslastung auf den Intensivstationen in Oberösterreich in zwei Wochen überschritten wird, liegt dem Prognosekonsortium zufolge bei 95 Prozent. In Niederösterreich liegt sie bei 84 Prozent, in Salzburg und Vorarlberg bei jeweils 65 Prozent.

Am geringsten ist die Wahrscheinlichkeit in Kärnten und Wien mit 35 bzw. 40 Prozent. Bezogen auf ganz Österreich beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kapazitätsgrenzen für intensivpflichtige Covid-19-Patientinnen und -Patienten nicht mehr reichen, 65 Prozent.

Im schlimmsten Fall mehr als 900 Kranke

In einer Belagsprognose geht das Konsortium davon aus, dass in zwei Wochen im schlimmsten Fall mehr als 900 Covid-19-Kranke auf Intensivstationen liegen könnten. Der errechnete Mittelwert liegt bei 748 intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten. Die meisten – nämlich bis zu 200 – werden in Oberösterreich erwartet, die wenigsten im Burgenland.

Auf den Normalstationen werden zwischen 2.512 und 4.060 Covid-19-Kranke erwartet, der errechnete Mittelwert liegt bei 3.194. Zum Vergleich: Am Mittwoch wurden 413 schwere Fälle auf Intensivstationen behandelt, auf Normalstationen waren es 1.824. Schon jetzt gibt es laute Warnungen.

7-Tage-Inzidenz von bis zu 1.250 erwartet

Was die Fallzahlen betrifft, rechnet das Prognosekonsortium mit einem Inzidenzniveau „in bisher noch nicht beobachteten Größenordnungen“. Für Mittwoch kommender Woche wird für Österreich eine 7-Tage-Inzidenz zwischen 909 und 1.250 erwartet.

Durch die Decke dürften die Inzidenzen in Oberösterreich und Salzburg gehen, wo mit Werten über 1.500 gerechnet werden muss. Schlimmstenfalls könnte sogar an der 2.000er-Marke gekratzt werden. Am glimpflichsten – wenn auch auf einem sehr hohen Niveau – dürfte Wien davonkommen, wo am 17. November mit einer Inzidenz zwischen knapp 600 und rund 950 zu rechnen ist.

SPÖ sieht „katastrophales Management“

Kritik am „katastrophalen Coronavirus-Management der Regierung“ übte am Mittwoch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch: „Die SPÖ hat immer wieder an die Regierung appelliert, endlich für ein funktionierendes Corona-Management mit Klarheit, Voraussicht und Planbarkeit zu sorgen. Und wir haben wiederholt vor einem Verschlafen des Sommers und einer Wiederholung des Corona-Horrorjahrs 2020 gewarnt.“

Die Regierung habe aber „alle Warnungen in den Wind geschlagen und ihr fahrlässiges Management by Chaos einfach fortgesetzt“. Eine „besonders unrühmliche Rolle“ habe dabei Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gespielt, „der die Pandemie eiskalt zur Privatsache erklärt hat und der Bevölkerung mit seiner Aussage, dass die Pandemie bewältigt sei, trügerische Sicherheit vorgegaukelt hat“.