Schönbrunn im Nebel
ORF.at/Georg Hummer
Pandemie

Mehr Rufe nach Kontaktreduktion für alle

In Oberösterreich soll bereits am Montag der Lockdown für Ungeimpfte kommen. Salzburg mit ähnlich hohen CoV-Infektionszahlen verzichtet noch darauf und setzt auf andere Maßnahmen. Bei einem Videogipfel mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) soll es darum gehen, wie die beiden Länder weiter vorgehen. Angesichts des rasanten Anstiegs der Infektionen werden aber auch die Rufe nach einer Kontaktreduktion für alle lauter.

„Maßnahmen allein bei Ungeimpften werden nicht reichen“, sagte etwa Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum in Linz im Ö1-Morgenjournal. Er forderte mehr Masken in Innenräumen, kleinere und weniger Veranstaltungen und andere Maßnahmen, um die Kontakte zu verringern. Lamprecht: „Ziel wäre, die Kontakte um ein Drittel zu reduzieren.“ Das würde sich entlastend auf die Spitäler auswirken.

Wichtig wäre, dass die Verschärfungen zur Kontaktreduktion rasch erfolgen. Die anderen Maßnahmen wie die Steigerung der Erstimpfungen, das Vorantreiben der Auffrischungsimpfung und 3-G am Arbeitsplatz würden erst in einigen Wochen Früchte tragen. „Diese Zeit haben wir nicht. Die läuft uns in den Spitälern davon“, warnte Lamprecht.

Experte für 2-G Plus

Wenig überzeugt von einem Lockdown für Ungeimpfte zeigte sich Thomas Czypionka, Gesundheitsökonom am Institut für Höhere Studien (IHS). Er plädierte für ein Maßnahmenpaket, das nicht nur Distanzregeln und FFP2-Masken-Pflicht umfasst, sondern auch 2-G Plus für bestimmte Situationen mit vielen Menschen in einem Raum. Dafür müsste man geimpft oder genesen sein und einen frischen negativen PCR-Test haben – mehr dazu in wien.ORF.at.

TV-Hinweis

ORF2 informiert im Rahmen einer verlängerten ZIB ab 13.00 Uhr über die Ergebnisse der Videokonferenz von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sowie den Landeshauptmännern Salzburgs und Oberösterreichs.

Auch die Ampelkommission schlug am Donnerstag zumindest regional in besonders betroffenen Gebieten wie Oberösterreich und Salzburg weitgehendere Schritte vor, die einem Lockdown gleichkommen. „Prinzipiell ist ein Lockdown eine Maßnahme, die sehr schnell Wirkung zeigen kann. Wir haben allerdings noch keine Erfahrung, was ein Lockdown nur für einen Teil der Bevölkerung bewirkt. Wir müssen hoffen, dass der Lockdown für Ungeimpfte stark genug ist, um die Entwicklung möglichst schnell zu bremsen“, sagte der Statistiker Erich Neuwirth, der aktuell die Stadt Wien bei den Coronavirus-Maßnahmen berät – mehr dazu in wien.ORF.at.

Lockdown für Ungeimpfte schwierig zu kontrollieren

Schon zuvor hatte der Salzburger Infektiologe Richard Greil gemeint, dass die Bremswirkung durch eine Unterscheidung in Geimpfte und Ungeimpfte zu gering sei. Für Lamprecht ergibt diese zwar epidemiologisch Sinn, schwierig sei aber die Kontrolle.

Auch die Polizeigewerkschaft glaube nicht, dass die Kontrollen in der Praxis funktionieren, so Hermann Greylinger, Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) in der Polizeigewerkschaft, in der ZIB Nacht. Er kritisierte zudem, dass die Polizei den Lockdown für Ungeimpfte kontrollieren soll. Das sei Aufgabe der Gesundheitsbehörden, die Polizei komme, wenn es Probleme gebe. „Wir sind am Limit. Es muss Schluss sein“, sagte Greylinger.

Polizeigewerkschafter zu CoV-Kontrollen

Hermann Greylinger von der Polizeigewerkschaft spricht über die CoV-Maßnahmen und deren angekündigte Kontrollen durch die Polizei. Ihm zufolge gibt es seitens der Polizei keine Vorbereitung auf die Kontrollen zur Einhaltung eines Lockdowns für Ungeimpfte. Auch über die von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) angekündigten 800 weiteren Beamten weiß er eigenen Angaben nach nichts.

Arbeit an rechtlichen Regeln

Die Vorbereitungen für den in Oberösterreich geplanten Lockdown für Ungeimpfte laufen. Nach der Videokonferenz mit Mückstein sollen auch Details wie die rechtliche Umsetzung bekanntgegeben werden, hieß es aus Mücksteins Büro. Für einen Lockdown nur für Ungeimpfte braucht es eine verfassungsgesetzlich gültige Verordnung – mehr dazu in ooe.ORF.at.

„Die Situation ist dramatisch, daher lösen wir die fünfte Stufe des Stufenplans des Bundes aus und planen ab Montag einen Lockdown für Ungeimpfte, sofern es rechtlich ein grünes Licht vom Bund gibt bzw. der Bund die Rechtsgrundlage schafft“, sagte am Donnerstag Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der am Vortag auf einem Krisengipfel mit Mückstein einen Lockdown noch abgelehnt hatte – ebenso wie sein Amtskollege aus Salzburg, Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

Ungeimpften-Lockdown in Oberösterreich

In Oberösterreich soll bereits am Montag ein Lockdown für Ungeimpfte in Kraft treten. Am Mittwoch hatte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) das noch ausgeschlossen.

Außerdem soll in Oberösterreich die FFP2-Masken-Pflicht auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens für alle ausgeweitet werden – also etwa auch wieder für das Personal im Handel und für alle Gäste und Beschäftigte in der Gastronomie. Veranstaltungen soll es in den kommenden drei, vier Wochen gar keine mehr geben. Die Christkindlmärkte will man irgendwie retten – dort soll man kaufen und schauen können, nicht aber Getränke oder Speisen konsumieren, so der Plan.

Salzburg setzt auf Maskenpflicht und 2-G

Zu Verschärfungen der Maßnahmen rang man sich Donnerstagabend auch in Salzburg durch, aber zu keinem Lockdown wie im Nachbarbundesland. Man berief sich darauf, dass in Salzburg derzeit 16 Prozent der Intensivbetten belegt seien, die Stufe fünf mit einem Belag von 30 Prozent sei nicht erreicht. Deshalb seien die Voraussetzungen für einen Lockdown für Ungeimpfte in Salzburg nicht gegeben, hieß es.

Konkret werde das Tragen der FFP2-Masken im Veranstaltungsbereich sowie bei körpernahen Dienstleistungen und Messen ausgeweitet, so die Aussendung. Die 2-G-Regel soll auf weitere Bereiche ausgeweitet werden. In der Gastronomie darf ab Montag nicht mehr im Stehen konsumiert werden. Das bedeutet de facto eine Schließung von Stehbars und Nachtlokalen. Bei Imbissständen und auf Märkten – etwa dem Christkindlmarkt – darf kein Alkohol ausgeschenkt werden. Auf die Einhaltung der Maßnahmen „wird die Polizei ein genaues und strenges Auge haben“, kündigte Haslauer an – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Ernste Lage auf Intensivstationen

Aus Oberösterreich sind schon jetzt warnende Stimmen aus den Spitälern zu hören. Lamprecht sprach noch nicht von „Katastrophenmedizin“, aber von einer „kritischen Situation“. Die Lage auf den Intensivstationen sei sehr ernst, sagte auch der Primar im Klinikum Wels, Johann Knotzer, am Donnerstagabend in der ZIB2. „Wir haben den Zenit noch nicht erreicht“, so Knotzer, wenn die Zahlen weiter steigen, werde es in den kommenden Tagen einen Anstieg von Intensivpatienten geben – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Primar Knotzer zur CoV-Situation

Johann Knotzer, Leiter der Anästhesiologie und Intensivmedizin im Klinikum Wels, sprach im ZIB-Interview zur aktuellen CoV-Situation.

Bedingt durch die Coronavirus-Welle stünden immer weniger Intensivkapazitäten für Nicht-Covid-19-Patienten zur Verfügung. Es müsse daher priorisiert werden, wer welche medizinische Betreuung bekommt. „Der Anteil an meiner Station an Ungeimpften ist mehr als zwei Drittel“, gab Knotzer zu bedenken, „diese Pandamiewelle ist eine Welle der Ungeimpften.“