UN Climate Change Conference (COP26) in Glasgow
Reuters/Yves Herman
Streit über Kohleausstieg

Mühsame letzte Runde auf Klimagipfel COP26

Der UNO-Klimagipfel COP26 in Glasgow ist in die Verlängerung gegangen. Ein neuer Entwurf enthält weiterhin den Aufruf an die Staaten zur Abkehr von der Kohle und von Subventionen für fossile Energieträger, allerdings in abgeschwächter Form. Genügend Streitpunkte bleiben dennoch. Noch am Abend wurde heftig diskutiert.

Trotz des Widerstands mehrerer Staaten findet sich auch im neuesten Entwurf für die Abschlusserklärung der Weltklimakonferenz erstmals seit 25 Jahren die Forderung, weltweit aus der Kohle auszusteigen und zumindest „ineffiziente“ Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen. Das Dokument wurde am Samstag vom britischen Vorsitz des Gipfels in Glasgow veröffentlicht.

Das Plenum der etwa 200 Staaten soll darüber beraten – eine Abstimmung darüber ist noch am Samstag geplant, eine weitere Verlängerung aber auch noch möglich. Der Weltklimagipfel hätte ursprünglich schon am Freitag zu Ende gehen sollen.

„Zerstört diesen Moment nicht“

Am Nachmittag rief der britische Präsident der Klimakonferenz, Alok Sharma, die Delegationen auf, die Verhandlungstexte noch am Samstag abzusegnen. Das sei ein Paket, „der die Dinge wirklich nach vorn bringt“. Ob damit auch ein baldiges Ende der Verhandlungen gekommen ist, ist aber offen.

EU-Kommissionsvize Frans Timmermans zeigte sich jedenfalls weitgehend zufrieden mit dem Entwurf. Darin sei erstmals ein Aufruf zum Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohlenutzung. Das sei eine „ziemlich historische Sache“. Er warnte die Delegierten vor einem Scheitern auf den letzten Metern: „Zerstört diesen Moment nicht.“

Noch am Abend zeichnete sich eine Einigung nicht ab. Einige signalisierten Unterstützung, auch wenn sie nicht mit allem aus dem Entwurf einverstanden seien. Andere Länder, darunter Indien, Südafrika und Nigeria, wollen beim Kohleausstieg nicht so schnell mitziehen. Ein Veto dieser Staaten würde den Gipfel weiter in die Länge ziehen.

Bis 2030 45 Prozent weniger Treibhausgase

Erhalten blieb jedenfalls die Aufforderung, dass alle Staaten bis Ende 2022 ihre nationalen Klimapläne nachschärfen sollen – freiwillig. Bisher reichen die bei den Vereinten Nationen eingereichten Pläne aber bei Weitem nicht aus, um damit die Pariser Klimaziele von 2015 zu erreichen. Diese sehen vor, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bei 1,5 Grad zu stoppen. In der Erklärung wird festgehalten, dass dafür der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weltweit noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss.

Klimagipfel in Verlängerung

Der UNO-Klimagipfel im schottischen Glasgow geht in die Verlängerung. Bei dem Gipfel sollen die Weichen gestellt werden, um die Erderwärmung deutlich abzubremsen.

Keine konkreten Summen genannt

Erstmals wird die jahrelange Forderung armer Staaten aufgegriffen, einen Geldtopf für Hilfen bei Schäden und Verlusten einzurichten. Gemeint sind etwa Zerstörungen oder erzwungene Umsiedlungen nach Dürren, Sturmfluten oder Wirbelstürmen, die infolge der Erderhitzung zunehmen. Die Staaten werden aufgefordert, dafür Geld einzuzahlen. Konkrete Summen dafür werden auch im neuen Entwurf nicht genannt. Fraglich ist, ob sich die vielen armen Staaten damit zufriedengeben, deren Bevölkerung schon jetzt stark unter der Klimakrise leidet. Im neuen Verhandlungstext der britischen COP-Präsidentschaft wird lediglich auf die „Dringlichkeit, Maßnahmen und Unterstützung“ für besonders anfällige Staaten auszuweiten, verwiesen.

Alle Konferenzen der vergangenen Jahre wurden ins Wochenende verlängert. Am Ende des Mammuttreffens mit rund 40.000 Delegierten müssen die rund 200 Staaten den Abschlusstext einstimmig beschließen.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte, die neuen Entwürfe hätten „viel Licht und ein paar Schatten. Das 1,5-Grad-Ziel ist klar verankert, und es gibt einen starken Prozess zur Nachbesserung der nationalen Klimapläne schon ab nächstem Jahr. Der Kohleausstieg und das Ende der Förderung für ineffiziente fossile Energien finden sich zum ersten Mal in einer Schlussentscheidung der COP. Natürlich hätten wir uns noch deutlichere Formulierungen gewünscht, aber wir müssen auch anerkennen: Das ist ein Durchbruch.“

„Klarer Verrat“

Anders sahen das manche Klimaschützer. Sie warfen den Industriestaaten vor, die armen Länder allein zu lassen. „Der letzte Entwurf der Abschlusserklärung ist ein klarer Verrat der reichen Nationen – der USA, der EU und Großbritanniens“, kritisierte Tasneem Essop, Chef des Klimabündnisses Climate Action Network, am Samstag in Glasgow. Sie weigerten sich, für von ihnen verursachte Schäden und Verluste zu zahlen. Damit ließen sie jegliche Solidarität und Verantwortungsgefühl vermissen.

Die Naturschutzorganisation WWF zog eine positivere Bilanz. Die Gespräche hätten die Welt „im Blick auf politisches Handeln in eine bessere Position gebracht als jemals zuvor“. Dank anhaltenden Drucks sei nun das Ziel politisch verankert, die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen – und nicht nur bei „deutlich unter zwei Grad“. Mittlerweile ist wissenschaftlicher Konsens, dass eine stärkere Erderhitzung als 1,5 Grad bereits katastrophale Folgen hätte.