Tafel mit der Aufschrift „Nur mit 2G“
APA/Herbert Pfarrhofer
Entwurf

Bundesweiter Lockdown für Ungeimpfte

In der Nacht auf Montag soll österreichweit ein Lockdown für Ungeimpfte in Kraft treten. Das geht aus dem der APA vorliegenden Entwurf für die fünfte Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung hervor. Neben der Ausweitung der am Freitag bereits für Salzburg und Oberösterreich beschlossenen Maßnahme sieht die Verordnung laut Medienberichten weitere Verschärfungen – darunter etwa eine FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen für alle – vor.

Bei Umsetzung der nun für ganz Österreich anstehenden Lockdowns für Ungeimpfte dürfen Österreicherinnen und Österreicher ohne 2-G-Nachweis ihre Wohnung nur aus den schon von früheren Lockdowns bekannten Gründen verlassen – also etwa für notwendige Besorgungen, den Weg zur Arbeit oder zur körperlichen und psychischen Erholung.

Von den Ausgangsbeschränkungen betroffen sind Personen, die weder über ein gültiges Impfzertifikat verfügen noch nachweisen zu können, in den letzten 180 Tagen eine Coronavirus-Infektion überwunden zu haben. Schon bisher waren sie von Lokalbesuchen oder vom Zutritt zu Sportanlagen und Frisiersalons ausgeschlossen. Neu ist für Ungeimpfte nun, dass sie auch beim Einkaufen auf die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens beschränkt werden.

Keinen 2-G-Nachweis vorlegen müssen Kinder unter zwölf Jahren sowie schwangere Frauen. Wer erst eine Erstimpfung erhalten hat, aber mangels „Zweitstichs“ noch über kein gültiges Impfzertifikat verfügt, kann sich mit einem PCR-Test „freitesten“.

Krisengipfel am Sonntagvormittag

Weiterhin möglich bleibt der Gang zum Arzt und zu sonstigen Gesundheitsdienstleistungen oder der Weg zur Impfung. Auch die „Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse“ sowie der Weg zur Ausbildung wird möglich sein. Die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen bilden einen Mindestrahmen, die Länder können strengere Regeln erlassen.

Am Sonntagvormittag beraten die Landeshauptleute mit der Bundesregierung in einer Videokonferenz über Maßnahmen zur Eindämmung der aktuell stark steigenden Infektionszahlen. Die Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte sollen zur „Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung“ dienen, wie es laut APA im Verordnungsentwurf heißt.

Die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen bilden einen Mindestrahmen. Die Länder können darüber hinaus strengere Regeln erlassen. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte bereits am Freitag, dass es „vernünftig“ sei, den Lockdown für Ungeimpfte „bundeseinheitlich zu setzen“ – mehr dazu in noe.ORF.at.

Formal muss die Verordnung Sonntagabend – wenige Stunden vor Inkrafttreten der neuen Regeln – noch vom Hauptausschuss des Nationalrats abgesegnet werden. Angesichts der türkis-grünen Koalitionsmehrheit gilt das aber als gesichert. Die Verordnung gilt vorerst bis 24. November befristet und müsste dann verlängert werden.

„Lage ist ernst. Sehr ernst“

In der laufenden CoV-Pandemie haben sich zuletzt die Ereignisse überschlagen. Erst am Samstag meldeten Gesundheits- und Innenministerium etwa einen bei nun über 13.000 Fällen stehenden Höchststand bei den innerhalb von 24 Stunden registrierten Neuinfektionen. Die Pandemielage sei „ernst. Sehr ernst“, hieß es am Samstag zudem in einer von der Präsidentschaftskanzlei veröffentlichten Aussendung.

Zuletzt war viel Kritik an der Politik laut geworden, man handle zu zögerlich und nehme die Ratschläge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht ernst genug. Bundespräsident Alexander Van der Bellen rief nun Bund und Länder dazu auf, Maßnahmen zu setzen und diese auch klar zu kommunizieren.

Van der Bellen appelliert an Länder und Bund

Der bundesweit geltende Ausschluss vom öffentlichen Leben für die ungeimpfte Bevölkerung ab Montag ist als beschlossene Sache bestätigt worden. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat zuvor einen Appell an Bund und Länder gerichtet und fordert „rasches, konsequentes, verfassungskonformes Handeln und klare Entscheidungen – auch wenn diese unbequem sind.“

„Keinen Streit“

Er habe bereits am Freitag mit Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sowie einigen Landeshauptleuten gesprochen, so Van der Bellen. Auch da habe er seine Sorge angesichts der bedrohlichen Lage deutlich zum Ausdruck gebracht. Österreich brauche jetzt sowohl Klarheit als auch eine gemeinsame Vorgangsweise, „keinen Streit und keine neuen Gräben“, appellierte er nachdrücklich. „Rasches, konsequentes, verfassungskonformes Handeln und klare Entscheidungen – auch wenn diese unbequem sind“, seien nun notwendig.

Die Stimmung in der Bevölkerung reiche angesichts extrem steigender Zahlen „von Depression und Sorge um das wirtschaftliche Fortkommen bis zu wechselseitigem Unverständnis und Aggression“. Führende Expertinnen und Experten seien sich über das notwendige Ziel aber einig. So müssten Maßnahmen gesetzt werden, die sehr kurzfristig wirken, so Van der Bellen. Kontakte müssten um 30 Prozent reduziert werden.

Fachleute geben Richtung vor

Der Bundespräsident zitierte dabei ein Schreiben namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich am Freitagabend per Brief an die Öffentlichkeit gewandt hatten. Das unter anderem von den Virologen Dorothee von Laer, Andreas Bergthaler und Florian Krammer gezeichnete Papier fordert „konsequente Maßnahmen zur Kontaktreduktion“, die Erhöhung der Impfquote und verpflichtende PCR-Tests auch für Geimpfte. Von der Politik forderten die Expertinnen und Experten, Partikularinteressen hintanzustellen.

„Wir wollen möglichst viel von unserem alten Leben zurück! Und wir schaffen das, wenn wir uns gemeinsam anstrengen“, heißt es in dem „unabhängigen Statement der Wissenschaft“ unter dem Titel „Zurück zur Normalität“. Die vierte Infektionswelle sei wegen der niedrigen Impfrate von zahlreichen Expertinnen und Experten erwartet worden. Daher brauche es nun konsequente und „sehr kurzfristig“ wirkende Maßnahmen zur Kontaktreduktion, um die fehlende Immunisierung auszugleichen.

Konkret schlugen die Fachleute eine FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen sowie PCR-Testpflicht in Lokalen auch für Geimpfte und Genesene vor: „Aus 2-G muss ein 2-G Plus werden; das muss konsequent umgesetzt und auch kontrolliert werden.“ Auch flächendeckende PCR-Tests an den Schulen sollen verwendet werden, um infizierte Schülerinnen und Schüler sowie ihre Haushaltsmitglieder zu isolieren und die Infektionsketten damit zu durchbrechen. Am Arbeitsplatz sollten Ungeimpfte ebenfalls PCR-Tests vorlegen müssen, anstatt die weniger verlässlichen Antigen-Tests.