Altstadt in Salzburg
ORF.at/Georg Hummer
Lockdown für Ungeimpfte

Krisentreffen soll Verschärfungen regeln

Nun soll der Lockdown für Ungeimpfte ab Montag doch für ganz Österreich und nicht nur in Oberösterreich und Salzburg kommen. Der Entwurf für die Verordnung wurde Samstagabend bekannt. Über die Details und mögliche weitere Verschärfungen will die Regierung mit Ländervertretern am Sonntag bei einem Krisentreffen reden. Am Abend soll die Verordnung im Nationalrat – wenige Stunden vor Inkrafttreten – abgesegnet werden.

Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte wären als höchste Eskalationsstufe im Stufenplan der Bundesregierung vorgesehen gewesen – bei einer Intensivstationsauslastung von über 600 Betten. In der türkis-grünen Regierung dürfte Einigkeit darüber bestehen, diese Maßnahme nun vorzuziehen. Der Lockdown für Ungeimpfte soll der „Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung“ dienen, heißt es im Verordnungsentwurf.

Diese Mindestmaßnahmen des Bundes müssen die Länder mittragen. Mit den Landeshauptleuten soll aber das weitere Vorgehen besprochen werden – vor allem in den Ländern mit besonders hohen Inzidenzen wie Salzburg und Oberösterreich. Bis zum Beginn des Krisentreffens sind noch intensive Beratungen zu erwarten über allfällige weitere Verschärfungen, die auch Geimpfte betreffen würden. Darunter fallen etwa eine mögliche FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen und – wenn möglich – Homeoffice trotz 3-G am Arbeitsplatz.

ORF-Reporterin vom CoV-Krisengipfel

Die Regierung plant einen österreichweiten Lockdown für Ungeimpfte. ORF-Reporterin Simone Stribl berichtet vom Bundeskanzleramt.

„Freitesten“ bis zur zweiten Impfung

Fix sein dürfte, dass Österreicherinnen und Österreicher ohne 2-G-Nachweis ihre Wohnung nur aus den schon von früheren Lockdowns bekannten Gründen verlassen dürfen – also etwa für notwendige Besorgungen, den Weg zur Arbeit oder zur körperlichen und psychischen Erholung. Von den Ausgangsbeschränkungen betroffen sind Personen, die weder über ein gültiges Impfzertifikat verfügen noch nachweisen zu können, in den letzten 180 Tagen eine Coronavirus-Infektion überwunden zu haben.

TV-Hinweise

ORF2 überträgt die Pressekonferenz der Bundesregierung am Sonntag live ab 12.30 Uhr im Rahmen einer ZIB Spezial, zu sehen auch in der TVThek.

„Politik live“ widmet sich auf ORF III um 20.15 Uhr den Plänen der Regierung. Ab 22.15 Uhr geht es nach der ZIB am Sonntag in ORF2 weiter bei „Im Zentrum“.

Schon bisher waren sie von Lokalbesuchen oder vom Zutritt zu Sportanlagen und Frisiersalons ausgeschlossen. Neu ist für Ungeimpfte nun, dass sie auch beim Einkaufen auf die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens beschränkt werden. Weiterhin möglich bleibt der Gang zum Arzt und zu sonstigen Gesundheitsdienstleistungen oder der Weg zur Impfung. Auch die „Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse“ sowie der Weg zur Ausbildung wird möglich sein.

Keinen 2-G-Nachweis vorlegen müssen Kinder unter zwölf Jahren sowie schwangere Frauen. Wer erst eine Erstimpfung erhalten hat, aber mangels „Zweitstichs“ noch über kein gültiges Impfzertifikat verfügt, kann sich mit einem PCR-Test „freitesten“.

Doskozil „nicht glücklich“

Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte bereits am Freitag, dass es „vernünftig“ sei, den Lockdown für Ungeimpfte „bundeseinheitlich zu setzen“ – mehr dazu in noe.ORF.at. Auch der Wiener Bürgermeister (SPÖ) meinte am Samstag, dass es nun in manchen Teilen Österreichs notwendig sei, Maßnahmen zu überlegen, um schnell die Dynamik zu brechen.

Bundespräsident fordert CoV-Klarheit

Der bundesweit geltende Ausschluss vom öffentlichen Leben für die ungeimpfte Bevölkerung ab Montag ist als beschlossene Sache bestätigt worden. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat unterdessen einen Appell an Bund und Länder gerichtet und fordert „rasches, konsequentes, verfassungskonformes Handeln und klare Entscheidungen – auch wenn diese unbequem sind.“

„Nicht glücklich“ zeigte sich am Samstag der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) darüber, dass „die Maßnahme (Lockdown für Ungeimpfte, Anm.) fix ist und wir morgen darüber informiert werden“. Die Diskussionskultur, wie sie in der Krise stattfinde, sei „sicher verbesserungsfähig“. In Salzburg demonstrierten am Samstag über 1.000 Menschen gegen die CoV-Maßnahmen von Bund und Land Salzburg, insbesondere gegen den geplanten Lockdown gegen Ungeimpfte – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Formal muss die Verordnung Sonntagabend vom Hauptausschuss des Nationalrats abgesegnet werden. Angesichts der türkis-grünen Koalitionsmehrheit gilt das aber als gesichert. Die Verordnung gilt vorerst bis 24. November befristet und müsste dann verlängert werden.

„Lage ist ernst. Sehr ernst“

In der laufenden CoV-Pandemie haben sich zuletzt die Ereignisse überschlagen. Erst am Samstag meldeten Gesundheits- und Innenministerium etwa einen bei nun über 13.000 Fällen stehenden Höchststand bei den innerhalb von 24 Stunden registrierten Neuinfektionen. Die Pandemielage sei „ernst. Sehr ernst“, hieß es am Samstag zudem in einer von der Präsidentschaftskanzlei veröffentlichten Aussendung.

Zuletzt war viel Kritik an der Politik laut geworden, man handle zu zögerlich und nehme die Ratschläge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht ernst genug. Bundespräsident Alexander Van der Bellen rief nun Bund und Länder dazu auf, Maßnahmen zu setzen und diese auch klar zu kommunizieren.

Kurzfristige Maßnahmen notwendig

Er habe bereits am Freitag mit Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) sowie einigen Landeshauptleuten gesprochen, so Van der Bellen. Auch da habe er seine Sorge angesichts der bedrohlichen Lage deutlich zum Ausdruck gebracht. Österreich brauche jetzt sowohl Klarheit als auch eine gemeinsame Vorgangsweise, „keinen Streit und keine neuen Gräben“, appellierte er nachdrücklich. „Rasches, konsequentes, verfassungskonformes Handeln und klare Entscheidungen – auch wenn diese unbequem sind“, seien nun notwendig.

Die Stimmung in der Bevölkerung reiche angesichts extrem steigender Zahlen „von Depression und Sorge um das wirtschaftliche Fortkommen bis zu wechselseitigem Unverständnis und Aggression“. Führende Expertinnen und Experten seien sich über das notwendige Ziel aber einig. So müssten Maßnahmen gesetzt werden, die sehr kurzfristig wirken, so Van der Bellen. Kontakte müssten um 30 Prozent reduziert werden.

Experten fordern weitergehende Maßnahmen

Der Bundespräsident zitierte dabei ein Schreiben namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich am Freitagabend per Brief an die Öffentlichkeit gewandt hatten. Das unter anderem von den Virologen Dorothee von Laer, Andreas Bergthaler und Florian Krammer gezeichnete Papier fordert „konsequente Maßnahmen zur Kontaktreduktion“, die Erhöhung der Impfquote und verpflichtende PCR-Tests auch für Geimpfte. Von der Politik forderten die Expertinnen und Experten, Partikularinteressen hintanzustellen.

„Wir wollen möglichst viel von unserem alten Leben zurück! Und wir schaffen das, wenn wir uns gemeinsam anstrengen“, heißt es in dem „unabhängigen Statement der Wissenschaft“ unter dem Titel „Zurück zur Normalität“. Die vierte Infektionswelle sei wegen der niedrigen Impfrate von zahlreichen Expertinnen und Experten erwartet worden. Daher brauche es nun konsequente und „sehr kurzfristig“ wirkende Maßnahmen zur Kontaktreduktion, um die fehlende Immunisierung auszugleichen.

Konkret schlugen die Fachleute eine FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen sowie PCR-Testpflicht in Lokalen auch für Geimpfte und Genesene vor: „Aus 2-G muss ein 2-G Plus werden; das muss konsequent umgesetzt und auch kontrolliert werden.“ Auch flächendeckende PCR-Tests an den Schulen sollen verwendet werden, um infizierte Schülerinnen und Schüler sowie ihre Haushaltsmitglieder zu isolieren und die Infektionsketten damit zu durchbrechen. Am Arbeitsplatz sollten Ungeimpfte ebenfalls PCR-Tests vorlegen müssen, anstatt die weniger verlässlichen Antigen-Tests. Die 3-G-Regel am Arbeitsplatz gilt ab Montag ohne Ausnahme.