Einkaufsstraße
ORF.at/Roland Winkler
Neue Regeln

Lockdown für Ungeimpfte in Kraft

Die Regierung hat angesichts der ernsten Coronavirus-Lage wieder gravierende Verschärfungen beschlossen. Seit Mitternacht ist – trotz Expertenkritik im Vorfeld – ein bundesweiter Lockdown für jene Menschen in Kraft, die weder geimpft noch genesen sind. Die Regierung hofft, dass das die Impfzahlen deutlich ankurbelt und sich die Kontakte reduzieren. Scharfe Kontrollen des Lockdowns wurden angekündigt.

Rund zwei Millionen Menschen ohne 2-G-Nachweis dürfen seit Mitternacht ihre Wohnung nur aus den von früheren Lockdowns bekannten Gründen verlassen – also etwa für notwendige Einkäufe, die Arbeit und Ausbildung, medizinische Leistungen und Pflege oder für körperliche und psychische Erholung. Ausgenommen sind Kinder bis zwölf Jahren , Schwangere und Personen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Für Schülerinnen und Schüler bis zum Ende der Schulpflicht kann der 2-G-Nachweis auch durch die Schultests und den „Ninjapass“ abgedeckt werden. Die Maßnahme gilt vorerst bis zum 24. November.

Der Spielraum ungeimpfter Personen wird damit weiter deutlich eingeschränkt. Schon zuvor waren sie von Lokalbesuchen oder vom Zutritt zu Sportanlagen und Friseuren ausgeschlossen worden. Engmaschige Kontrollen für den Lockdown wurden angekündigt, diese soll laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) die Polizei übernehmen. Ab Montag könne jede Person, die in Österreich lebt, von der Polizei beim Betreten des öffentlichen Raums kontrolliert werden. Für den Handel soll sich nichts ändern.

Abseits von Lockdown keine neuen Regeln

Auf Bundesebene wurden abseits des Lockdowns vorerst keine neuen Regeln beschlossen, obwohl das im Vorfeld angedeutet worden war. Im Raum standen etwa eine 2,5-G-Regel am Arbeitsplatz. Dafür treten regional verschärfte Regeln in Kraft – mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Es hatte im Vorfeld auch Appelle für einen Lockdown für alle in den besonders betroffenen Bundesländern Oberösterreich und Salzburg gegeben, doch diese sind laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) derzeit „kein Thema“.

Man wolle mit der jüngsten Verschärfung für Ungeimpfte einen Lockdown für alle verhindern. „Die vierte Welle hat uns mit voller Härte erwischt“, sagte Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Sonntag. Die Regierung erhofft sich nun, dass die Impfquoten steigen. Seit den letzten Verschärfungen – also etwa 3-G am Arbeitsplatz und der Ausweitung von 2-G – zeichnet sich erstmals seit Monaten wieder ein merkbarer Anstieg bei den Impfungen ab. Doch die Durchimpfungsrate liegt nach wie vor nur bei rund 65 Prozent, und die Lage hatte sich in den vergangenen Wochen stark verschlechtert.

Eiliger Beschluss

Der Lockdown für Ungeimpfte wurde nun eilig besiegelt. Am Sonntag wurde die Maßnahme verkündet, nur wenige Stunden später trat sie in Kraft. Abgezeichnet hatte sie sich aber bereits vergangene Woche. Die hohen Infektionszahlen und die zunehmend prekäre Lage in den Spitälern hatte die Regierung stark unter Druck gesetzt. Vor allem in Oberösterreich und Salzburg hatte sich die Lage zuletzt verschärft, weswegen auch ein Krisengipfel zwischen Mückstein und den Landeshauptleuten von Salzburg und Oberösterreich stattfand.

Der Gipfel endete aber in einem „Kommunikationsdesaster“, wie es der Politologe Peter Filzmaier am Freitag gegenüber ORF.at ausdrückte. Mückstein hatte erst nur von einem Lockdown für Ungeimpfte in Oberösterreich und Salzburg gesprochen, Schallenberg in einer separaten Pressekonferenz aber bereits einen bundesweiten Lockdown für Ungeimpfte in Aussicht gestellt. Angesichts der Unklarheit und der fehlenden Abstimmung wurde dann auf Beratungen am Wochenende verwiesen.

Schallenberg verkündet Lockdown für Ungeimpfte

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Sonntag einen Lockdown für Ungeimpfte verkündet. Dieser tritt ab Montag in Kraft und soll von der Polizei kontrolliert und sanktioniert werden.

Erst am Wochenende präsentierte man sich dann mit einer Linie und verkündete den Lockdown für Ungeimpfte. Dieser sei notwendig, da die Zahl der Neuinfektionen „höher als jemals zuvor“ sei, so Schallenberg. Es handle sich um eine „Sofortmaßnahme“, sagte Mückstein. Es werde aber weitere Maßnahmen brauchen, sollte sich die Dynamik so fortsetzen, sagte der Minister.

Impulse dafür lieferten bereits am Samstag namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie hatten in einem offenen Brief „durchgreifende Maßnahmen“ gefordert. Es brauche „konsequente Maßnahmen zur Kontaktreduktion“, die Erhöhung der Impfquote und verpflichtende PCR-Tests auch für Geimpfte. Eine Möglichkeit sei etwa eine 2-G-Plus-Regel – also getestet und geimpft sowie PCR-getestet. Von der Politik fordern die Expertinnen und Experten, Partikularinteressen hintanzustellen.

Gemischte Reaktionen

Zum Lockdown für Ungeimpfte gab es am Sonntag gemischte Reaktionen. In einem internen Protokoll der Ampelkommission heißt es etwa laut APA, dass im Hinblick auf die derzeitige Situation „kaum merkliche Effekte“ erzielt werden könnten und der Lockdown wohl schwer zu kontrollieren sei. Auch die Ärztekammer forderte weitere Kontaktbeschränkungen. Eine „gescheite Maßnahme“ wäre aus Sicht von Präsident Thomas Szekeres mehr Arbeit im Homeoffice. Die Impfzahlen müssten weiter deutlich nach oben gebracht werden, zudem müsse die dritte Impfung großflächig verteilt werden.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Am Sonntag präsentierte die Regierung den Lockdown für Ungeimpfte

Im Vorfeld hatte es auch Debatten über die Frage der Verfassungsmäßigkeit gegeben. Hier verwiesen Fachleute vor allem auf die schwierige Kontrollierbarkeit. Auch die Opposition zeigte sich kritisch. Die SPÖ ortete eine Regierung, die den Sommer verschlafen habe und nun eine Verordnung komme, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantworte, so Vizeklubobmann Jörg Leichtfried. FPÖ-Obmann Herbert Kickl sprach von einem „Irrwitz“ und kündigte „parlamentarische und juristische Mittel“ gegen die Verordnung an.