Warteschlange vor Teststraße in Braunau am Sonntag
ORF/Erich Krammerbauer
PCR-Test-Chaos

Realität holt Politik ein

Die vierte CoV-Welle hat Österreich voll erwischt. Mit einer Reihe von Maßnahmen versucht die Politik gegenzusteuern. Doch manche Vorgabe scheitert derzeit schlicht an der praktischen Umsetzung beziehungsweise der mangelhaften Vorbereitung. Das zeigt sich derzeit unter anderem in Sachen CoV-Tests in vielen Bundesländern. Die teils chaotische Situation zwang nun auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), seine Vorgaben zu lockern.

Personen, die in besonders sensiblen Bereichen (Krankenhäuser, Pflege- und Altersheime) sowie der Nachtgastronomie tätig sind, sollten eigentlich geimpft oder genesen sein. Wer weder das eine noch das andere ist, kann mit einem gültigen PCR-Test und FFP2-Maske dennoch seiner Tätigkeit nachgehen. So sah es die am Sonntag erlassene 5. Covid-Schutzmaßnahmenverordnung vor. Nur einen Tag später schob der Gesundheitsminister allerdings bereits die erste Novelle nach.

Dort findet sich nun der Absatz: „Kann glaubhaft gemacht werden, dass ein nach dieser Verordnung vorgeschriebener Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2 aus Gründen der mangelnden Verfügbarkeit oder einer nicht zeitgerechten Auswertung nicht vorgewiesen werden kann, darf der Betreiber Mitarbeiter ausnahmsweise auch dann einlassen, wenn diese einen 3-G-Nachweis vorlegen. Dies gilt sinngemäß auch für den Betreiber.“

Probleme in fast allen Bundesländern

Mit der Anpassung reagierte Mückstein ganz offensichtlich auf Berichte aus vielen Bundesländern, wonach es sich mit den PCR-Test-Kapazitäten hinten und vorne nicht ausgehe. Acht der neun Länder hätten mit PCR-Test-Kapazitätsproblemen zu kämpfen, das habe sich am Montag bei einer Konferenz gezeigt, sagte etwa Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ).

Dabei sahen die Bundesländer die Schuld freilich nicht bei sich. Das Testaufkommen sei einfach zu hoch, die Infektionszahlen zu stark gestiegen, hieß es etwa von Prettner. Überdies habe die „Bundesbeschaffungsagentur suggeriert, dass es genug Laborkapazitäten gibt, es war die Rede von 17 Millionen pro Woche“, schob die Kärntner Gesundheitsreferentin den schwarzen Peter wieder Richtung Bund.

Probleme durch 3-G am Arbeitsplatz

In vielen Betrieben führt 3-G am Arbeitsplatz zu Problemen. Vor allem außerhalb Wiens werden Tests nicht rechtzeitig ausgewertet, beklagen Unternehmen und Mitarbeiter.

"Das PCR-Test-System ist aus meiner Sicht zusammengebrochen“, konstatierte am Dienstag auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Er kündigte den Aufbau eines eigenen PCR-Test-System in dem Bundesland an – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Hoffen auf mehr Kapazitäten

Auch der steirische Testkoordinator Harald Eitner monierte eher ein generelles österreichisches denn ein planungstechnisches Problem seitens seines Bundeslandes. „Hier glaube ich mittlerweile, dass wir in Österreich, nämlich gesamtösterreichisch gesehen, an die Grenzen dessen gestoßen sind, was die Labore zu leisten imstande sind“, so Eitner.

Ein Nadelöhr sah der steirische Impfkoordinator bei dem Salzburger Labor, das für viele Bundesländer die Proben auswertet. Dort sei ein Drittel des Personals aufgrund von Infektionen weggebrochen. Seit Freitag seien inzwischen mehr als 100 Leute zusätzlich angestellt worden. Zusätzlich gehe kommende Woche ein zusätzliches Labor des Salzburger Vertragspartners in Graz in Betrieb. Das sollte mehr als 100.000 Tests täglich schaffen, so Eitner. „Es wird besser, und wir hoffen, dass es weiterhin täglich besser wird“, so Eitner.

Gurgeltests erst im Herbst gestartet

Auch in Niederöstereich, Salzburg und Oberösterreich geriet das Testsystem zuletzt an seine Grenze beziehungsweise darüber hinaus – auch weil es bei den Gurgeltests für zu Hause zu gröberen Problemen kam. Wien baute diese Art von Testystem bereits über das Frühjahr und den Sommer aus. Es ist derzeit im Hinblick auf die Testinfrastruktur das einzige Bundesland ohne gröbere Probleme. Am Montag wurden in Wien 234.174 molekularbiologische Tests durchgeführt. Das sind etwa doppelt so viele wie in allen anderen Bundesländern zusammen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Lifebrain-Mitarbeiter vor einer Kiste mit „Gurgel-Tests“.
APA/Herbert Neubauer
Wien setzte – anders als die restlichen Länder – bereits früh auf PCR-Gurgeltests

Die anderen Bundesländer zogen erst Monate später nach – und haben nun mit merklichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen. In Oberösterreich ist das Angebot an PCR-Gurgeltests für zu Hause zurzeit nur auf eine Handvoll Bezirke beschränkt. Zwar kündigte das Land an, die Tests auf das ganze Bundesland auszuweiten. Das wird allerdings erst Ende November so weit sein – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Überforderung in Supermärkten

In Niederösterreich waren die Testkits oftmals gar nicht zu bekommen. Die offizielle Begründung: Die Leute würden die Sets in großen Mengen abholen und dann bei sich horten. In Niederösterreich, Salzburg und in Oberösterreich (wenn man die Tests über OÖ Gurgelt bezieht) muss man sich inzwischen jedes Mal vor Abholung der Tests registrieren. Danach hat man 20 Minuten Zeit, um die Sets an der Kassa der teilnehmenden Spar-Supermärkte abzuholen.

Doch auch in den Supermärkten scheint mancherorts Überforderung zu herrschen. Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, berichtete von überforderten Beschäftigten in den Supermärkten, die die Testsets ausgeben müssen. „Die Mitarbeiterinnen heulen und sind verzweifelt. Die Supermärkte sind teils gestürmt worden, die Abgabeboxen sind permanent übervoll“, so Teiber. In Niederösterreich helfen inzwischen auch Bundesheersoldaten dabei, die Testkits zu verpacken – mehr dazu in noe.ORF.at.

Kein Contact-Tracing an Oberösterreichs Schulen

Mangelnde Vorbereitung holt die Politik und ihre Vorgaben ein: Dieses Gefühl stellte sich zuletzt nicht nur bei den PCR-Tests ein. Kaum besser sieht die Situation derzeit vielerorts beim Contact-Tracing aus. Auch hier ist Oberösterreich unrühmliches Beispiel. In acht oberösterreichischen Bezirken konnten Anfang November nicht einmal mehr 20 Prozent aller CoV-Fälle zurückverfolgt werden.

An den Schulen gab Oberösterreich die Kontaktnachverfolgung inzwischen überhaupt mehr oder weniger auf. „Aufgrund der Vielzahl an Erkrankungsfällen kann eine Absonderung durch die Gesundheitsbehörde nur mehr automatisiert passieren“, heißt es in einer Vorgabe an die Schulen. Sobald eine Schülerin oder ein Schüler positiv getestet wird, werden alle nicht geimpften Schüler einer Klasse abgesondert. „Dafür müssen die Schulen die dafür notwendigen Daten standardisiert übermitteln.“ Mit anderen Worten: Verantwortlich dafür, dass die Information bei den Behörden landet, sind die Direktorinnen und Direktoren.

Bildungsministerium sorgte für Maskenverwirrung

Bezüglich Schulen sorgte am Montag allerdings auch das Bildungsministerium für Verwirrung. Zuerst hieß es am Montag auf der Seite des Ministeriums, dass ab sofort auch Schülerinnen und Schüler an den Volksschulen und in den Unterstufen abseits ihres Platzes eine FFP2-Maske tragen müssen. Das sorgte bei vielen Eltern, die solche Masken in Kindergrößen schlicht nicht zu Hause hatten, für Irritationen.

Im Laufe des Tages erklärte das Ministerium dann, dass eine solche Maske nur dann zu tragen sei, wenn sie auch verfügbar sei. Ansonsten reiche ein Mund-Nasen-Schutz (MNS). Am Abend folgte dann noch eine Wende: Für Schülerinnen und Schüler in Volksschule und Unterstufe reicht weiterhin ein MNS.