Bauern und Produzenten werden gegenüber Handel gestärkt

Der Ministerrat hat heute eine Änderung des Wettbewerbs- und Nahversorgungsgesetzes auf den Weg gebracht, die mit Jahreswechsel in Kraft treten soll. Unfaire Geschäftspraktiken des Handels sollen damit hintangehalten werden.

Ab März soll zudem eine schon länger angekündigte Ombudsstelle die Arbeit aufnehmen, die Bauern und Bäuerinnen, Produzenten sowie Verarbeitern Hilfe bei „unlauteren Praktiken“ durch den Handel bieten soll.

„Verspätete Zahlungen für verderbliche Waren, Auftragsstornierungen in letzter Minute, einseitige oder rückwirkende Vertragsänderungen, erzwungene Zahlungen des Lieferanten für die Verschwendung von Lebensmitteln oder Verweigerung schriftlicher Verträge sind mit diesen Gesetzesänderungen verboten“, wurde Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) heute in einer Aussendung zitiert.

Die weisungsfreie Ombudsstelle soll ihrer Ankündigung zufolge auch anonym aktiviert werden können, um bäuerlichen Vorwürfen gegen den Lebensmittelhandel nachzugehen.

Schon 2019 hatte die EU unlautere Praktiken entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette definiert. Nun erfolgt die Umsetzung in nationales Recht. Somit entsteht ein exekutierbarer Rechtsrahmen.

Zu den EU-definierten unlauteren Praktiken zählen unter vielen anderen Punkten etwa ein Zahlungsverzug an den Lieferanten über 30 Tage bei verderblichen Lebensmitteln, ein Zahlungsverzug an den Lieferanten über 60 Tage bei anderen Lebensmitteln und kurzfristige Stornierungen von Bestellungen verderblicher Lebensmittel.

Unfaire Praktiken: Weitere Sachverhalte aufgenommen

Zusätzlich zu den bereits definierten unfairen Geschäftspraktiken wurden laut dem Landwirtschaftsministerium weitere zwei Sachverhalte aufgenommen: die Gewährung schlechterer Konditionen im Vergleich zu Mitbewerbern bei gleichwertiger Leistung aus unsachlichen Gründen und die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder Vermarktungsformen.

Außerdem werde der Geltungsbereich von 500 Mio. Euro auf eine Mrd. Euro Jahresumsatz ausgeweitet, wodurch weitere Betriebe geschützt würden. Für Köstinger ist die „Ausweitung eine wichtige Maßnahme“. Schließlich stehe sie im „Kampf David gegen Goliath an der Seite der Landwirtschaft, der kleinen Erzeuger und Verarbeiter“.

Kritik vom Handelsverband

Die großen Handelsunternehmen zeigten sich sehr zurückhaltend, nur der Diskonter Hofer begrüßte die geplante Gesetzesnovelle. Der Handelsverband ortete stellvertretend „Klientelpolitik“ und nannte drei Kritikpunkte:

Mit der Erhöhung auf eine Mrd. Euro, stört sich der Handelsverband, schieße Köstinger über das Ziel hinaus, sie sage selbst, sie wolle vor allem „kleine“ Erzeuger schützen. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will mutmaßt, dass auch große Molkereien geschützt werden sollen.

Auf die Liste der verbotenen Handelspraktiken wurde zusätzlich eine aus Sicht des Handelsverbandes „kartellrechtlich sehr fragwürdige Bestimmung“ aufgenommen. Der Käufer dürfe dem Lieferanten bei Bestehen eines wirtschaftlichen Ungleichgewichts ohne sachliche Rechtfertigung bei gleichwertiger Leistung keine unterschiedliche Bedingungen im Vergleich zu anderen Vertragspartnern gewähren, insbesondere im Hinblick auf die Höhe des Preises oder die Zahlungsbedingungen.

„Diese Bestimmung greift erheblich und unverhältnismäßig in den Markt ein. Die fehlende Definition von ‚wirtschaftlichem Ungleichgewicht‘ sorgt zusätzlich für Rechtsunsicherheit.“ Dritter Kritikpunkt: Die Ombudsstelle ist für Bauern und Produzenten vorgesehen, nicht aber für den Handel.