Der Achsensee in Tirol
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Bund und Länder

Ringen um einheitliche CoV-Linie

Am Tiroler Achensee hat Donnerstagabend zwischen Bund und Ländern das Ringen um weitere Schritte gegen die vierte Coronavirus-Welle bis hin zu einem österreichweiten Lockdown begonnen. Berichten von „Krone“, „Kleiner Zeitung“ und „Österreich“ zufolge soll am Vormittag ein bundesweiter Lockdown, der am Montag beginnen soll, verkündet werden. Auch Maßnahmen zur Steigerung der Impfquote waren im Vorfeld Thema.

Auf die Entscheidung wird nun mit Spannung gewartet. In der Regierungsspitze, aber auch unter den Landeshauptleuten herrscht diesbezüglich seit Tagen Uneinigkeit. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hatte für schärfere Maßnahmen plädiert, Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte ihm diesbezüglich aber öffentlich widersprochen. Beide waren bereits Donnerstagabend an den Tiroler Achensee gefahren, um mit den für die Landeshauptleutekonferenz zusammengekommenen Ländervertretern über das weitere Vorgehen zu beraten – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Laut Berichten von „Krone“, „Kleiner Zeitung“ und „Österreich“ dürfte ein bundesweiter Lockdown ab Montag aber fix sein. Laut den Berichten dürfte der Lockdown vorerst zehn Tage dauern und könnte dann verlängert werden. Die „Krone“ berichtete, dass sich die Länderchefs durchgesetzt hätten. „Die Schulen sollen nur für Betreuung offen bleiben“, heißt es in dem Bericht auch. Auch könnte eine generelle Impfpflicht Anfang 2022 „als Gesetz kommen“, berichtete die „Krone“ weiter.

Donnerstagabend sei nur wenig nach außen gedrungen, berichtete das Ö1-Morgenjournal zuvor. Ein angekündigtes Statement um 22.00 Uhr gab es nicht. Stand Donnerstagabend sei die „wahrscheinlichere Lösung“ gewesen, dass der „Bund die vielzitierte Unterkante etwas anhebt und die Bundesländer dann schärfere Maßnahmen quasi in Eigenregie ergänzen können“.

Thematisiert wurden etwa strengere Kontaktbeschränkungen bei Veranstaltungen und der Gastronomie (etwa, dass Gäste nur noch im Sitzen bedient werden dürfen und der Barbetrieb eingestellt wird) sowie eine generelle Impfpflicht, so Ö1. Vieles deute auf eine Kompromisslösung hin

Politik bisher uneinig

Letzten Sonntag verlangte Mückstein u. a. nächtliche Ausgangssperren auch für Geimpfte. Die ÖVP lehnte das bis zuletzt strikt ab und argumentierte, dass man erst am Montag mit dem Lockdown für Ungeimpfte ohnehin einschneidende Maßnahmen gesetzt habe. Uneinigkeit bestand auch unter den ÖVP-Landeschefs. So sollen in Vorbesprechungen Niederösterreich, Tirol und Steiermark ein österreichweites Zusperren für alle ablehnen. Aus Vorarlberg kam – zwar nicht vom Landeshauptmann, aber vom ÖVP-Klubobmann – die Forderung nach einem „knackigen, kurzen Lockdown für alle“.

ORF-Reporterin von den Regierungsberatungen

Am Achensee in Tirol haben sich die Regierungsspitze und Landeshauptleute zu Beratungen über weitere Maßnahmen versammelt. ORF-Reporterin Viktoria Waldegger berichtet von dort.

Doskozil und Kaiser rechnen mit Gesamtlockdown

Die Tendenz gehe in diese Richtung, sagte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Vorfeld der Bund-Länder-Runde am Freitag. Er ging davon aus, dass die Bundesregierung am Freitag einen Gesamtlockdown beschließen werde. Die Bilder aus den Intensivstationen der besonders betroffenen Bundesländer seien dramatisch. Das Burgenland habe zwar die österreichweit höchste Impfquote – aber es werde sich solidarisch beteiligen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Ähnlich Wien: Man sei zwar dank der schärferen Maßnahmen, flächendeckenden Test- und niedrigschwelligen Impfangeboten in Wien bisher gut durch die Pandemie gekommen. Aber von der aktuellen „dynamischen Entwicklung kann sich kein Bundesland abkapseln“, hieß es in einer Stellungnahme von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gegenüber der APA. In einer solchen Situation brauche es zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung rasch bundeseinheitliche Regelungen mit dem Ziel, die Kontakte für einige Wochen stark zu reduzieren. Eine starke Kontaktreduktion hält auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) für nötig.

Ampelkommission: Maßnahmen nicht ausreichend

Am Nachmittag tagte darüber hinaus routinemäßig die CoV-Kommission, sie attestierte Österreich ein landesweit sehr hohes Risiko – die Ampel ist überall tiefrot – und wies neuerlich darauf hin, dass die aktuell gültigen Präventionsmaßnahmen nicht ausreichend sind, „um eine nachhaltige Senkung der Inzidenzen kurzfristig herbeizuführen“. Insbesondere gelte das aktuell in den Regionen mit besonders hohem Infektionsgeschehen bzw. hohen Spitals-Auslastungen wie Oberösterreich und Salzburg.

Aufgrund der anhaltend steigenden Fallzahlen und insbesondere der zu erwartenden Dynamik der Intensiv-Aufnahmen allerorts empfahl die Kommission darüber hinaus das Setzen effektiver Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung im gesamten Bundesgebiet, um einer akut drohenden Überlastung der medizinischen Versorgung gezielt entgegenzuwirken. „Die Schließung des Bildungsbereiches sollte jedoch die Ultima Ratio sein“, hieß es. Zudem empfahl die Kommission die Prüfung einer generellen, temporären Impfpflicht für die gesamte impfbare Bevölkerung.

Schützenhöfer-Vorstoß zu Impfpflicht

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) wollte sich bei der Landeshauptleute-Konferenz in Tirol dafür starkmachen. Er drängte auch auf eine Impfprämie in Höhe von bis zu 300 Euro. Die steirische Wirtschafts- und Tourismuslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) bestätigte das: Schützenhöfer habe ins Treffen geführt, dass Österreich andernfalls „nie aus der Lockdown-Spirale“ komme.

An seine Seite gesellte sich der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) – sowohl hinsichtlich der Ablehnung eines generellen Lockdowns als auch hinsichtlich der allgemeinen Impfpflicht. In Sachen Lockdown drängte die Tiroler Wirtschaft Platter, weiter hart zu bleiben. Man verlasse sich auf den Landeshauptmann, sagte der schwarze WK-Präsident Christoph Walser der APA. Denn ein weiterer Lockdown wäre der „Todesstoß“ für die Wirtschaft.

Haslauer für Geldzuwendungen

Man müsse über die Impfpflicht „diskutieren, alle Argumente auf den Tisch legen und entscheiden“, sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Auch der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) findet es richtig, die Diskussion über eine Impfpflicht zu führen. Man müsse die Debatte darüber und wie eine etwaige Impfpflicht ausgestaltet sein könnte, bundesweit führen. Denn derzeit seien nicht ausreichend Leute geimpft, wenn das so bleibe müsse man damit leben, „immer wieder in eine Ausnahmesituation“ zu kommen. Er kann sich etwa ein Anreizsystem auf dem steuerlichen Sektor vorstellen.

Haslauer: Lockdown „schwerwiegende Maßnahme“

Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) über die CoV-Situation in Salzburg und die Gründe für die Entscheidung für einen harten Lockdown.

Zunächst einmal Prämie, nur wenn nötig später Impfpflicht ist die Linie von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Aus seiner Sicht ist es jetzt das Wichtigste, „dass wir für das Impfen Anreize setzen, auch monetäre“. Geldzuwendungen (wie viel wollte er nicht sagen) solle es für alle – auch für bereits Geimpfte – geben. „Das ist das beste Akzeptanzmittel überhaupt“, sagte Haslauer in der ZIB2. Sollte das nicht fruchten, dann ist auch er für eine Impfpflicht.

„Wenn wir sehen, dass wir nicht ausreichend vorankommen, fürchte ich, wird man an einer Impfpflicht nicht vorbeikommen“ – auch wenn er persönlich einer solchen immer skeptisch gegenübergestanden sei. An der Frage des Impfens hängt für Haslauer, ob Salzburg bis Weihnachten aus dem – ebenfalls ab Montag geltenden – Lockdown herauskommen kann. „Wir haben eine Chance, wenn der Impffortschritt eintritt.“ Dazu brauche er aber die Hilfe aller, indem die Erstimpfungen und die Auffrischungsimpfungen wahrgenommen werden.

Sozialpartner fordern klare Entscheidungen

Am Donnerstag fand auch ein Sozialpartnertreffen mit der Regierungsspitze im Kanzleramt statt. In der Frage eines Lockdowns wollten sich die Sozialpartner nicht festlegen. Das müsse die Politik entscheiden – und die Regierung müsse eine klare Entscheidung treffen, gaben sie sich zurückhaltend.

Es brauche eine „berechenbare“ Situation, gab Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer nach dem Gespräch zu verstehen. Man habe auf eine Reihe von möglichen Maßnahmen hingewiesen – etwa die Empfehlung von Homeoffice, den Ausbau der Testinfrastruktur oder auch die Notwendigkeit, mit Anreizen die Impfbereitschaft zu erhöhen.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian betonte, es müsse jedenfalls die Kurzarbeit über das Jahresende hinaus verlängert werden, es werde dazu mit Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) weitere Gespräche geben. AK-Präsidentin Renate Anderl verwies auf das Impfthema, die Impfquote müsse erhöht werden.