Menschen auf Straße
AP/Lisa Leutner
„Holzhammermethode“

Österreich ist erneut im Lockdown

Seit Mitternacht gilt in Österreich erneut ein österreichweiter harter Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen und Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Ungeimpfte. Diese „Holzhammermethode“ sei notwendig, so Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), um die dramatische CoV-Lage wieder in den Griff zu bekommen. In den letzten Tagen sei Österreich „Impfeuropameister“ geworden.

Gefragt nach der Verantwortung für den Lockdown sagte Mückstein am Sonntagabend in der ZIB2, dass es jetzt nicht nur um die Zahl der Intensivbetten gehe, sondern auch um das Gesundheitspersonal vor allem auf den Intensivstationen, das nicht mehr könne. Der Lockdown sei eine „Holzhammermethode“, um die Zahlen zu senken, gab er zu. Man habe es aber vorher nicht geschafft, die Impfquote auf ein Niveau zu bringen, das das verhindert hätte.

Mit dem Lockdown schaffe man wieder Kapazitäten in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen. Dafür brauche man noch einmal die Solidarität auch der Geimpften, deren Unmut er verstehen könne, so Mückstein auf die Frage, ob der Lockdown für Geimpfte nach den geplanten 20 Tagen auf jeden Fall ende. Es gebe nur Intensivstationen für alle Menschen, egal ob geimpft oder ungeimpft, und es sei seine Aufgabe, die nötigen Kapazitäten sicherzustellen. Der Lockdown für Ungeimpfte werde nach den 20 Tagen auf jeden Fall weitergehen.

Mückstein zu Impfpflicht und Lockdowns

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) begründete, warum die Bundesregierung sich entgegen früheren Aussagen für eine Impfpflicht und für einen weiteren Lockdown entschieden hat.

Man habe in den letzten Monaten viel dazugelernt, etwa dass Menschen mit zwei Impfungen das Virus weitertragen können und dass die Immunität einige Monate nach der Impfung sinke, sagte Mückstein weiter. Die Frage nach eigenen Fehlern blieb so direkt unbeantwortet, ihm sei der Blick in die Zukunft wichtig, sagte der Minister. Man sei sich in der Regierung einig, auch mit den Landeshauptleuten, dass nun geschlossen gehandelt werden müsse.

Kritik an Begriff „Impfeuropameister“

Maßnahmen wie die 3-G-Regel am Arbeitsplatz und der Lockdown für Ungeimpfte würden schon Wirkung zeigen, so Mückstein. Österreich sei derzeit „Impfeuropameister“. Pro Tag würden mittlerweile 70.000 bis 80.000 Menschen impfen gehen, damit werde man eine sehr hohe Durchimpfungsrate erreichen.

Für die Aussage, Österreich sei „Impfeuropameister“, erntete Mückstein von Altbundespräsident Heinz Fischer, der früheren OGH-Präsidentin und Ex-NEOS-Abgeordneten Irmgard Griss und vom ehemaligen Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) in „Im Zentrum“ im Anschluss an die ZIB2 Kritik. Er würde mit einer solchen Aussage „vorsichtig sein“, so Fischer. Schausberger verwies darauf, dass Spanien und Portugal im Gegensatz zu Österreich deutlich höhere absolute Impfquoten haben.

Griss hielt der Regierung vor, es versäumt zu haben, alles daranzusetzen, um die Impfquote zu heben. Griss und Schausbeger machten für die Versäumnisse auch Mückstein persönlich verantwortlich. Dieser hätte als Minister „durchgreifen“ müssen. Fischer plädierte schließlich für ein „Zugehen auf Impfgegner“ mit Ängsten.

Mückstein: Impfpflicht bringt Perspektive

Die geplante Impfpflicht ab 1. Februar, die er selbst noch vor wenigen Tagen für alle Menschen in Österreich ausgeschlossen hatte, erklärte Mückstein mit einer Perspektive, die man nun brauche. Man werde die Pandemie nur beenden können, wenn alle Menschen in Österreich durchgeimpft sind oder sich mit dem Virus infiziert haben. Die Impfpflicht sei angesichts dieser Optionen die richtige Entscheidung, wenn auch sehr weitreichend, daher müsse die Basis dafür passen. Fragen wie jene, ab welchem Alter die Impfpflicht gelten soll und wie hoch Strafen sein werden, falls man sich dieser Pflicht widersetzt, müssten jetzt geklärt werden.

Bei den PCR-Tests versprach der Minister Verbesserungen, man unterstütze die Bundesländer bei der Weiterentwicklung. Gefragt nach den unerwarteten Ausnahmen für die Nutzung von Seilbahnen auch für Skifahrer sah er kein Zugeständnis an die Betreiber der Seilbahnen. Er habe auch keinen entsprechenden Anruf von Seilbahnbetreibern bekommen.

Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr

Ab Montag darf man den eigenen Wohnbereich nur aus den schon bekannten Ausnahmen verlassen – etwa für den Gang zur Arbeit und zur Schule, für die Versorgung mit Gütern des täglichen Lebens und zur körperlichen und psychischen Erholung. Der gesamte Handel abseits der Grundversorgung (zum Beispiel Supermärkte, Trafiken, Drogerien) muss schließen. Auch Gastronomie und Hotels sind zu, ebenso der Freizeit- und der Kulturbereich.

Schulen offen, 2-G-Regel bei Skiliften

In allen öffentlichen Innenräumen gilt eine FFP2-Maskenpflicht – die Maskenpflicht gilt auch am Arbeitsplatz, dort ist zudem weiterhin die 3-G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) in Kraft. Auch der bekannte Zweimeterabstand gilt wieder. Die Schulen bleiben zwar grundsätzlich geöffnet, die Politik rief jedoch dazu auf, Schüler und Schülerinnen wenn möglich zu Hause zu betreuen. Im Gegensatz zu einem früheren Entwurf ist während des Lockdowns für Skifahrer die Benutzung von Seilbahnen doch erlaubt – allerdings nur für Geimpfte und Genesene.

Kritik von NEOs, Widerstand der FPÖ

Sonntagabend wurde die nötige Verordnung im Hauptausschuss des Nationalrats abgesegnet, für den Lockdown stimmte neben den beiden Koalitionsparteien ÖVP und Grüne auch die SPÖ. NEOS kritisierte bereits bei der Ankündigung des Lockdowns, dass dieser nun als „Ultima Ratio“ erscheine, um das Gesundheitssystem zu schützen, zeige „das Zögern und Zaudern“ der Regierung. Die FPÖ kündigte bereits an, gegen die am Freitag ebenfalls angekündigte Impfpflicht vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu ziehen.

Die SPÖ übte am Sonntag zwar auch Kritik an der Vorgangsweise der Regierung, für sie ist der bundesweite Lockdown jetzt aber „leider notwendig, um das Sterben zu verhindern und Menschenleben zu retten. Vergessen wir eines nicht: Es kann jeden von uns jederzeit selbst treffen“, sagte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner.