Eine Warteschlange vor einem Impfbus in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
Impfeuropameister?

Run auf Erstimpfungen nur von kurzer Dauer

Die Impfzahlen steigen seit Anfang November stark: Im 7-Tage-Schnitt wird ungefähr so viel geimpft wie am bisherigen Höhepunkt der Impfaktion kurz vor Sommerbeginn. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) nannte Österreich in der ZIB2 am Sonntag gar „Impfeuropameister“. Der Schönheitsfehler: Der überwiegende Teil sind Drittimpfungen – der kurzzeitige Andrang auf Erstimpfungen lässt offenbar wieder nach.

Tatsächlich klingen die Zahlen auf den ersten Blick nach einem Erfolg für den Impffortschritt: Vergangene Woche haben sich so viele Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen wie nie zu vor. Allein am Freitag wurden rund 135.000 Impfungen erfasst, nur Anfang Juni gab es an einem einzelnen Tag mehr Impfungen.

Österreich sei derzeit „Impfeuropameister“, so Mückstein – mit der derzeit täglichen Impfrate werde man eine sehr hohe Durchimpfungsrate erreichen, stellte der Gesundheitsminister in Aussicht. Doch die Zahlen lassen momentan nicht darauf schließen – der Großteil entfiel auf Auffrischungen. Nicht zuletzt zog man diese angesichts des Infektionsgeschehens ja auch vor.

Erstimpfungen wieder auf Niveau von Anfang November

Dabei gab es durchaus einen kurzzeitigen Run auf Erstimpfungen: Rund um die Ankündigung des Lockdowns für Ungeimpfte in der zweiten November-Woche und wohl auch als Folge der 3-G-Pflicht am Arbeitsplatz gab es kurzfristig einen Anstieg bei den Erstimpfungen. Durchschnittlich ließen sich wieder fast 20.000 Menschen täglich zum ersten Mal impfen – so viele wie seit Juli nicht mehr.

Mittlerweile zeigt die Kurve aber wieder nach unten. Am Freitag, traditionell der Tag, an dem die meisten Impfungen erfasst werden, bewegte man sich wieder auf dem Niveau von Anfang November. Laut APA kommt es bei den Einmeldungen in den E-Impfpass derzeit zu deutlichen Verzögerungen, in den kommenden Tagen könnte dieser Wert also nachträglich steigen – doch anteilsmäßig dürften wohl weiter die Drittimpfungen voranliegen. Das wird sichtbar, wenn man die Anteile der jeweiligen Impfungen vergleicht: Waren Anfang Oktober nur rund 25 Prozent der Impfungen Drittstiche, sind es nun bereits über 70 Prozent.

Durchimpfungsrate bewegt sich schleppend

Die Entwicklung lässt immerhin darauf schließen, dass damit bisher gültige Impfzertifikate auch weiter aktiv bleiben – wie groß der Anteil jener Menschen ist, die sich nicht auffrischen lassen, lässt sich jetzt wohl noch nicht seriös abschätzen. Gleichzeitig heißt das aber auch, dass sich die allgemeine Impfquote weiterhin nur relativ schleppend erhöht.

Mit Stand Montag haben 66 Prozent der Menschen in Österreich ein aufrechtes Impfzertifikat, 69,8 Prozent wurden zumindest einmal geimpft. Zum Vergleich: Anfang November lag dieser Wert bei rund 66 Prozent, Anfang Oktober bei rund 64 Prozent. Setzt sich die Impfkampagne in diesem Tempo fort, würde es wohl noch bis zum Frühling dauern, bis die 80-Prozent-Marke bei den Erstimpfungen überschritten ist.

Weiterhin große regionale Unterschiede

Nicht zuletzt zeigen sich aber nach wie vor auch regional starke Unterschiede. Besitzen im Burgenland über 72 Prozent ein aktives Impfzertifikat, sind es in Oberösterreich immer noch nur rund 61 Prozent. Erschwert wird das offenbar auch durch die Vergabe von Impfterminen: Aus einigen Bundesländern wird in sozialen Netzwerken berichtet, dass die Wartezeiten mehrere Wochen betragen können.

In Salzburg konnte man sich wiederum bisher nicht für einen Auffrischungstermin in der Impfstraße anmelden, wenn man die ursprüngliche Impfung beim Hausarzt durchführen ließ. Doch gerade die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sind jetzt so ausgelastet, dass es Wartelisten gibt, berichtete der ORF Salzburg – das System soll nun umgestellt werden.

Noch wenige „Off Label“-Impfungen erfasst

Interessant ist auch die Verteilung nach Altersgruppen – vor allem ein Blick auf die momentan besonders betroffene Gruppe junger Menschen unter 15. Bei den Zwölf- bis 14-Jährigen ist mittlerweile schon über ein Drittel grundimmunisiert. Anders sieht es bei allen unter zwölf Jahren aus: Nachdem die „Off Label“-Impfung ja erst vor Kurzem angelaufen ist, haben erst 0,3 Prozent der Altersgruppe ein aktives Impfzertifikat.

Doch auch bei den Erstimpfungen steht man momentan noch bei rund einem Prozent der Altersgruppe. Aus vielen Bundesländern heißt es aber, dass der Andrang – trotz Abweichung von der Zulassung – groß sei. Von Bedeutung ist das nicht zuletzt auch, weil für viele Kinder der Schulalltag auch im Lockdown normal weitergeht.

Viele Werte bestenfalls EU-Durchschnitt

Während sich also die reine Zahl der Impfungen tatsächlich momentan auf hohem Niveau bewegt, steht Österreich dennoch wenig europameisterlich da: Mit der aktuellen Impfrate liegt man laut EU-Seuchenbehörde ECDC gerade knapp gleichauf mit dem EU-Schnitt von 69,9 Prozent. Zum Vergleich: In Portugal sind über 87 Prozent erstgeimpft, in Spanien über 80 Prozent. Auch das Nachbarland Italien liegt bei den Erstimpfungen bereits bei über 78 Prozent.

Auch bei den vollständigen Impfungen hinkt Österreich laut ECDC-Daten eher hinterher: Portugal liegt hier bei über 81 Prozent, Irland bei 76 Prozent und Italien bei 73 Prozent. Auffrischungsimpfungen machen in der ECDC-Statistik bisher nur einen verschwindend kleinen Anteil aus – von insgesamt knapp 300 Mio. verabreichten Dosen waren nur knapp 20 Mio. Auffrischungsimpfungen – rund 1,2 Mio. davon in Österreich.