Türkische Lira-Banknoten
Reuters/Cagla Gurdogan
Türkische Lira auf Rekordtief

Politiker raten zu Einsparungen beim Essen

Nach folgenreichen Aussagen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Lira erneut drastisch an Wert verloren. Die Inflation lag bei knapp 20 Prozent, die Preise für Lebensnotwendiges steigen. Einige Politiker rieten den Menschen in der Türkei bereits dazu, beim Essen und Heizen zu sparen.

Die Lira sank am Dienstag zum Dollar und zum Euro auf Rekordtiefstände. Gegenüber dem Dollar betrugen die Tagesverluste zeitweise zehn Prozent. Dem Kurssturz vorausgegangen waren wiederholt politische Eingriffe in den vergangenen Monaten, zuletzt noch einmal befeuert durch eine Kabinettssitzung am Montagabend. Dort hatte Erdogan einmal mehr darauf bestanden, die Leitzinsen nicht zu erhöhen, um die Lira wettbewerbsfähig zu halten.

Erdogan sagte, er werde seine Geldpolitik nicht ändern und dem „Druck widerstehen“. Er vertritt entgegen der Meinung von Ökonominnen und Ökonomen die Meinung, dass hohe Zinsen die Inflation befördern. Stattdessen solle ein noch schwächerer Wechselkurs Investitionen und Arbeitsplätze fördern. Erdogan wird nachgesagt, dass er vor dem Hintergrund eines starken Wirtschaftswachstums 2023 als Präsident wiedergewählt werden will.

Inflation bei knapp 20 Prozent

Die Notenbank hatte kürzlich bereits auf Erdogans Druck hin die Leitzinsen von 16 auf 15 Prozent gesenkt und so die Lira auf Tiefstände geschickt. Das Resultat: Die Inflation dürfte damit weiter angeheizt werden, da eingeführte Waren teurer werden.

Leitzins und Inflation

Die Leitzinsen sind ein wichtiges Instrument im Kampf gegen hohe Inflation: Zentralbanken erhöhen dann in der Regel den Leitzins, den die Banken meist an ihre Kundschaft weitergeben. So soll die Zahl der Kreditvergaben und damit die Geldmenge im Umlauf sinken.

Die Türkei leidet seit geraumer Zeit unter dem hohen Preisanstieg. Zuletzt erreichte die Inflation offiziell rund 20 Prozent und gehört damit zu den höchsten weltweit. Allein in diesem Monat hat die Lira gegenüber Dollar und Euro rund ein Viertel ihres Werts verloren.

Die Preise für lebensnotwendige Güter und Waren steigen. Um Geld zu sparen, riet Erdogans Parteikollege von der AKP Zülfü Demirbag den Bürgerinnen und Bürgern, statt zwei Kilo Fleisch monatlich nur ein halbes zu essen. Anstatt zwei Kilo Tomaten reichten vielleicht auch zwei Stück. Gemüse außerhalb der Saison zu essen, sei ohnehin nicht besonders gesund. Anfang des Monats hatte schon Energieminister Fatih Dönmez empfohlen, die Heizungen herunterzudrehen, um Geld zu sparen.

Keine Trendwende in Sicht

Der Druck auf die Notenbank dürfte aber anhalten. So forderte Devlet Bahceli, Chef der ultranationalistischen Partei MHP, eine Diskussion über das Ende der Unabhängigkeit der Notenbank. Die MHP ist Teil der Regierung Erdogans. „Unabhängige Institutionen können nicht über dem Willen des Volkes stehen“, sagte Bahceli. „Die Türkei soll frei von der Zinsbelastung sein.“ Zudem forderte er, dass sich die Türkei dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der „Zinslobby“ entgegenstelle.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan
Reuters/Murat Cetinmuhurdar/ppo
Erdogan ortet ein Komplott gegen die türkische Wirtschaft

Auch Erdogan sah fremde Mächte am Werk: Bei der Sitzung am Montagabend sagte er, es gebe ein „Komplott“ gegen die türkische Wirtschaft. „Wir sehen sehr gut das Spiel einiger mit dem Wechselkurs, den Devisen, den Zinsen, den Preiserhöhungen“, sagte er. „Wir werden unseren Willen zeigen, unserem eigenen Spielplan zu folgen.“ Die Aussagen dürften das Vertrauen in die Lira und die türkische Wirtschaft weiter schwächen.