Österreich verzeichne eine Serie von bereits 28 Femiziden und 51 Mordversuchen an Frauen seit Jahresanfang, darauf haben Gewaltschutzexpertinnen anlässlich der weltweiten Initiative „16 Tage gegen Gewalt“ hingewiesen. Viele solcher Gewalttaten seien im Zusammenhang mit frauendiskriminierenden und patriarchalen Strukturen zu sehen, mit den aktuellen Plänen zur Reform des heimischen Kindschaftsrechts und Kindesunterhalts würden diese fortgesetzt.
Die geplante Novelle, die Justizministerin Alma Zadic (Grüne) erarbeiten lässt, dürfte im Frühjahr 2022 in Begutachtung geschickt werden. Heftig kritisiert wurde bei der Pressekonferenz von Österreichischer Frauenring (ÖFR), Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) und Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) das Vorhaben zur Einführung einer automatischen gemeinsamen Obsorge beider Elternteile „ex lege“, also per Gesetz, ab der Geburt.
„Das wäre ein enormer Einschnitt für alle Frauen“, warnte AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. „Bei der Geburt eines Kindes weiß man nicht, wie sich eine Beziehung entwickelt.“ Es würde bedeuten, „dass Müttern ihr Selbstbestimmungsrecht vollkommen genommen wird“. Gemeinsamkeit könne nicht gesetzlich verordnet werden, betonte FEM.A-Obfrau Andrea Czak. Das Konzept sei auch das Gegenteil eines „feministischen Ansatzes“.
„Kinder-Doppelresidenz durch die Hintertür“
Nicht mit den Rechten von Frauen und Kindern vereinbar sei weiters eine geplante Festlegung von jeweils einem Drittel „Mindestbetreuungszeit“ ab dem vierten Lebensjahr, sagte Susanne Wunderer von FEM.A. Bei zunehmender Betreuungsleistung würde sich die Höhe der Unterhaltszahlung vermindern und „in der Praxis wohl immer geringer“ werden. Es handle sich zudem um eine Einführung „der Kinder-Doppelresidenz durch die Hintertür“.
Und mit einer geplanten „Betreuungs-App“, mit der man am Handy ausrechnen können soll, wie sich das Ausmaß der Betreuungszeit auf die Höhe des zu leistenden Kindesunterhalts auswirkt, würde „das Kind zur Ware zwischen den Eltern“, kritisierte ÖFR-Vorsitzende Klaudia Frieben.
Man hoffe auf Verhandlungsbereitschaft von Ministerin Zadic, lautete der Tenor. „Wir fordern die Regierung auf, keine Gesetze zu schaffen, die sowohl dem Kindeswohl als auch dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen entgegenstehen“, sagte Frieben.