Laborarbeiterin macht CoV-Abstrich
Reuters/Stephane Mahe
Neue Variante

Omikron in weiteren Ländern befürchtet

Am Freitag hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine neue Variante des Coronavirus (B.1.1.529) als „besorgniserregend“ eingestuft. Die zuerst in Südafrika entdeckte Mutation läuft nun unter dem Namen Omikron, viele Fragen zu ihren Auswirkungen sind noch offen. Weltweit laufen Bemühungen, um die Verbreitung der Variante einzudämmen. In Österreich wurde noch kein Verdachtsfall gemeldet, in anderen Ländern hingegen schon. In Großbritannien und Deutschland wurden je zwei Fälle entdeckt.

Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid erklärte, es seien zwei Fälle entdeckt worden. Beide stünden mit Reisen ins südliche Afrika in Verbindung. Die Regierung habe „rasch“ gehandelt, die Betroffenen seien in Isolation, die Kontaktnachverfolgung dauere an.

Premier Boris Johnson kündigte umgehend eine Verschärfung der Maßnahmen an: Für alle Einreisenden wird eine verpflichtende Quarantäne verhängt. Sie müssen am zweiten Tag nach ihrer Einreise einen PCR-Test machen und bis zum Erhalt eines negativen Ergebnisses in Quarantäne gehen, sagte Johnson. Auch eine Maskenpflicht in Geschäften und im öffentlichen Verkehrmitteln kündigte der Premier an.

In München wurden die ersten beiden Fälle der neuen Variante in Deutschland bestätigt. Die beiden Reisenden seien am 24. November mit einem Flug aus Südafrika eingetroffen, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Samstag.

Weitere Verdachtsfälle

Bereits zuvor hatte auch Deutschland einen Verdachtsfall gemeldet. Der Sozialminister des deutschen Bundeslandes Hessens, Kai Klose, teilte mit, dass die Variante „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ in Deutschland angekommen sei. Bei einem Reiserückkehrer aus Südafrika seien mehrere für die Omikron-Variante typische Mutationen gefunden worden. „Es besteht also ein hochgradiger Verdacht, die Person wurde häuslich isoliert. Die vollständige Sequenzierung steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus“, so der Minister.

Indes meldete auch Tschechien einen Omikron-Verdachtsfall. Wie das Nationale Institut für öffentliche Gesundheit mitteilt, ist eine Person betroffen, die sich in Namibia aufgehalten hat. Weitere Tests würden durchgeführt.

Niederlande: 61 CoV-Fälle in Flugzeugen aus Südafrika

In den Niederlanden gibt es ebenfalls Bedenken, dass die Variante das Land bereits erreicht haben könnte. Dort sind am Freitagabend zwei Flugzeuge aus Südafrika gelandet, in denen 61 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Es ist noch nicht klar, ob die Betroffenen mit der neuen Variante infiziert sind. Die Sequenzierungen laufen, Ergebnisse werden spätestens am Sonntag erwartet.

Sorge vor CoV-Variante Omikron wächst

Die Coronavirus-Variante Omikron wird von der WHO als besorgniserregend eingestuft. Mit strikten Reisebeschränkungen wollen viele Länder weltweit die Ausbreitung der neuen Variante verhindern. Österreich stellte mit Samstag den Verkehr zu den betroffenen acht Ländern in Süden Afrikas ein.

Die aus Südafrika Zurückgekehrten seien von anderen Passagieren getrennt worden. Positiv getestete Personen seien in einem Hotel in der Nähe des Flughafens in Isolation. Die beiden Maschinen landeten in Schiphol, bevor die niederländische Regierung alle Flüge aus dem südlichen Afrika unterbunden hat. Die Niederlande forderten darüber hinaus jene Menschen zum Testen auf, die vor kurzem Reisen in südliche afrikanische Länder unternommen haben.

Probe von 9. November

Das Virus wurde laut WHO in Südafrika mittels einer genetischen Analyse entdeckt, die vom 9. November stammt. Es ist damit schon eine Weile im Umlauf. Ein erster Fall in Europa wurde auch bereits in Belgien bestätigt.

Der belgische Sender RTBF berichtete, dass die Variante bei einer jungen Frau entdeckt worden war. Sie habe elf Tage nach ihrer Rückkehr aus Ägypten über die Türkei Symptome entwickelt. Sie habe sich nicht in den nun als Virusvariantengebieten eingestuften Ländern im Süden Afrikas aufgehalten. Auch in Hongkong, Botswana und Israel gibt es bereits Fälle. In Hongkong soll ein Mann in einem Quarantänehotel einen anderen angesteckt haben.

Baldiger Nachweis in Österreich erwartet

Laut Einschätzung des Virologen Norbert Nowotny dürfte die Variante auch recht bald in Österreich nachgewiesen werden. Er sagte in der ZIB Nacht, dass er mit „ein, zwei Wochen“ rechne. Grund dafür sei, dass das veränderte Virus sich schon einige Zeit in Südafrika ausgebreitet habe und möglicherweise durch Touristen und Touristinnen nach Europa gebracht wurde.

Virologe Nowotny zur neuen Variante

Virologe Norbert Nowotny erklärt, warum die neue Variante, Omikron genannt, besorgniserregend ist.

Was die Wirksamkeit der derzeitigen Impfstoffe betrifft, wäre es laut dem Virologen möglich, dass deren Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante etwas reduziert ist. Der Vorteil der mRNA-Seren sei jedoch, dass man diese relativ leicht und schnell anpassen könne, so Nowotny. Auch ein Mitentwickler des Impfstoffs von AstraZeneca, Andrew Pollard, geht davon aus, dass ein neuer Impfstoff gegen die Omikron-Variante bei Bedarf „sehr schnell“ entwickelt werden könnte. Er gehe daher nicht von einem „Neustart der Pandemie“ aus.

Variantenexperte: Ausbreitung wohl unvermeidlich

Die Ausbreitung der neuen Variante sei wohl nicht mehr verhinderbar, so indes Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaft im Ö1-Mittagsjournal. Mit der von Südafrika gemeldeten Ausbreitunggeschwindigkeit würde sich die Omikron- sogar schneller ausbreiten als die Delta-Variante, so Elling. Die vorläufige Befürchtung lautet, Omikron könnte so ansteckend sein wie Masern.

Mit der Omikron-Variante Infizierte müssten nun so rasch wie möglich identifiziert werden. „Die Labore im Land müssen jetzt nach allen Kapazitäten, die zur Verfügung stehen, testen auf diese Mutation hin. Und wir werden so viel wie es irgendwie geht seqenzieren.“ Als Ursache für die vielen Mutationen der Omikron-Variante vermutet der Sequenzierungsexperte Elling, dass das Virus besonders lange in einem immunsuprimierten Körper war. In Südafrika gibt es sehr viele Immunsupirimierte, die an HIV oder AIDS erkrankt sind. Hier könnte es auch einen Zusammenhang damit geben, dass in Südafrika viele schwere Fälle bei Jüngeren beobachtet werden.

Ansteckungsgrad und Aggressivität noch unklar

Der Erreger war am Freitag von der WHO als „besorgniserregend“ eingestuft worden. Das ist laut WHO-Definition ein Signal dafür, dass eine Variante ansteckender ist oder zu schwereren Krankheitsverläufen führt. Der Erreger „weist eine große Zahl von Mutationen auf“, begründete man die Entscheidung. Außerdem besteht bei „besorgniserregenden Varianten“ die Gefahr, dass herkömmliche Impfungen, Medikamente oder Maßnahmen weniger wirksam sind. Allerdings sind noch viele Fragen zu Wirkweise und Auswirkungen offen.

WHO: Neue CoV-Variante „besorgniserregend“

Die WHO hat die neue, zuerst in Südafrika festgestellte CoV-Variante B.1.1.529 als „besorgniserregend“ eingestuft. Der Erreger „weist eine große Zahl von Mutationen auf“, begründete das zuständige WHO-Expertengremium die Entscheidung. Die Variante wird mit dem griechischen Buchstaben Omikron versehen.

Die Mutationen können aus Sicht von Wissenschaftlern möglicherweise zu einer leichteren Übertragung führen. Ob B.1.1.529 ansteckender oder aggressiver ist als bisherige Varianten, wird sich laut WHO erst in einigen Wochen herausstellen. Bisher hatte die internationale Gesundheitsbehörde vier „besorgniserregende Varianten“ identifiziert: Alpha, Beta, Gamma sowie Delta, die wegen ihrer hohen Übertragbarkeit zur vierten Pandemiewelle beitrugen.

ECDC sorgt sich um Impfschutz

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC sorgt sich unterdessen wegen möglicher Auswirkungen auf den Impfschutz. B.1.1.529 sei die am stärksten abweichende Variante, die bisher während der Pandemie in umfassenden Zahlen entdeckt worden sei, teilte die in Stockholm ansässige Behörde am späten Freitagabend mit. Das wecke ernsthafte Sorgen, dass sie die Wirksamkeit der Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte.

Bergthaler: „Grund zur Besorgnis“

Virologe Andreas Bergthaler ortete im Interview mit der ZIB2 „Grund zur Besorgnis“, es handle sich bei der neuen Variante um eine „Kollektion von Mutationen, die erlaubt, die Immunität zu umgehen“. Bei der Frage, ob die Omikron-Variante ansteckender sei, „wäre ich vorsichtig, die Annahme beruht noch auf sehr wenigen Fällen“, so Bergthaler.

Molekularbiologe Bergthaler zur Variante Omikron

Sind die bereits erfolgten Abschottungen und Reiseverbote das richtige Gegenmittel und wirken unsere Impfstoffe noch? Fragen an den Wiener Molekularbiologen Andreas Bergthaler.

Die Variante sei erst am Mittwoch erstmals entdeckt worden – man sei also „relativ früh dran“, man wisse nicht, ob sich die neue Variante in Europa bereits ausgebreitet habe. Man müsse gut überwachen, mittels PCR könne man diese Mutation relativ einfach erkennen. Die Frage sei, „ob Omikron in die Fußstapfen von Delta tritt, dann hätten wir ein Problem“.

Österreich verhängte Einreisestopps

Neben zahlreichen anderen Ländern – darunter Großbritannien, Italien und Israel – verhängte Österreich am Freitag jedenfalls Einreisestopps für mehrere Staaten im südlichen Afrika – Vertreter und Vertreterinnen aller EU-Staaten einigten sich, dass sämtlicher Reiseverkehr aus dem südlichen Afrika in die EU vorläufig ausgesetzt werden müsse.

Grafik zu den neuen Virusvariantengebieten im südlichen Afrika
Grafik: APA/ORF.at

Der Einreisestopp gilt seit Mitternacht. Die Einreiseverordnung werde entsprechend angepasst und die Länder Südafrika, Lesotho, Botsuana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini als Virusvariantengebiete eingestuft, hieß es am Freitag aus dem Gesundheitsministerium. Einreisen aus diesen Ländern sind daher grundsätzlich untersagt, hieß es in einer Aussendung.

Österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sind zur Einreise berechtigt, haben aber besonders strenge Quarantäneregeln (zehntägige Quarantäne, PCR-Test bei der Einreise, Registrierung) einzuhalten, so das Ministerium weiter. Zusätzlich wird ein Landeverbot für Flüge aus diesen sieben afrikanischen Ländern verhängt.

Außenministerium bietet Hilfe bei Rückreise an

Etwa 170 Österreicher und Österreicherinnen sind nach Angaben des Außenministeriums derzeit als Reisende in den sieben afrikanischen Ländern registriert. Reisenden in betroffenen Staaten werde dringend die Heimreise angeraten. „Die Lage spitzt sich merklich zu, immer mehr Flughäfen in Europa sperren Flüge aus Südafrika und den anderen betroffenen Staaten.“ Linhart rief zu einer raschen Rückkehr auf, „bevor es nicht mehr möglich ist“, so der Außenminister in einem der APA übermittelten Statement.

Hinweis für Reiserückkehrer

Für Reiserückkehrer aus Südafrika, Lesotho, Botsuana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini wurde eine Hotline (01/2675032) eingerichtet. Dort gibt es Informationen über eine behördliche PCR-Testung, um die Proben direkt auf Virusvarianten zu analysieren. Das Gesundheitsministerium ruft dazu auf, sich freiwillig in Quarantäne zu begeben.

Laut dem Gesundheitsministerium haben sich bisher rund 300 Personen bei der Telefonhotline für Reiserückkehrer aus dem südlichen Afrika gemeldet. „Die Berichte aus einer Reihe europäischer Staaten lassen keinen Zweifel daran, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Omikron-Variante auch in Österreich nachgewiesen werden wird“, sagte Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Samstag. Das könne die Eindämmung der Pandemie weiter erschweren. Er rief zur Impfung auf.

Südafrika kritisiert Reiseverbote

Das südafrikanische Gesundheitsministerium bezeichnete die verhängten Reiseverbote als „drakonisch“. Das Außenministerium beklagte, das sei „wie eine Bestrafung Südafrikas für seine fortschrittliche Genomsequenzierung und die Fähigkeit, neue Varianten schneller zu erkennen“.