Röhrchen mit Proben in einem Labor
APA/Roland Schlager
Omikron-Variante

Erster Verdachtsfall in Tirol

Die jüngste Variante des Coronavirus (B.1.1.529) mit dem Namen Omikron breitet sich weiter aus. Nun könnte sie auch Österreich erreicht haben. Aus Tirol wurde am Samstagabend der erste Verdachtsfall hierzulande gemeldet. Gewissheit soll eine Analyse der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bringen.

Laut Land Tirol liegt ein mit einer Südafrikareise assoziiertes positives PCR-Testergebnis im Bezirk Schwaz vor. Nach der Erstprüfung durch die Virologie Innsbruck bestehe ein konkreter Verdacht, dass es sich um die neue Virusmutation handeln könnte, informierte das Land in einer Aussendung. Von der Infektion betroffen sei eine Person, die nach einer Südafrika-Reise positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

Wie das Land mitteilte, habe sich die betroffene Person laut eigenen Angaben seit der Reiserückkehr vor drei Tagen beinahe ausschließlich zu Hause aufgehalten und weise derzeit keine Symptome auf. Die Person habe zwar bereits zwei Impfdosen mit einem mRNA-Impfstoff (entweder Biontech/Pfizer oder Moderna) erhalten, der zweite Stich liege aber bereits rund neun Monate zurück. Die Kontaktpersonen seien jedenfalls abgesondert worden.

„Ergebnis in den kommenden Tagen“

Die Testprobe werde nun an die AGES nach Wien für eine entsprechende Sequenzierung übermittelt, erläuterte Elmar Rizzoli, Leiter des Einsatzstabes Corona. Dort werde die Viruszusammensetzung genau beleuchtet. „Mit einem Ergebnis der AGES wird in den kommenden Tagen gerechnet“, kommentierte Rizzoli die weitere Vorgehensweise. Rizzoli empfahl „Personen, die aus den definierten Ländern (Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini; Anm.) in den vergangenen 14 Tagen eingereist sind, vorsorglich einen Covid-PCR-Test vorzunehmen“.

Appelle zu Impfung

Nachdem in anderen europäischen Ländern die Omikron-Variante aufgetaucht war, rechneten Experten mit ersten Fällen auch in Österreich. Laut Einschätzung des Molekularbiologen Ulrich Elling von der Akademie der Wissenschaften lässt sich die Variante nicht mehr stoppen. Er sagte am Samstag in der ZIB1: „Im Moment bleibt uns nur impfen und boosten in der Hoffnung, dass diese Booster-Impfung möglichst gut wirkt. Dazu liegen noch keine Labordaten vor.“

Omikron-Ausbruch in Österreich „nur eine Frage der Zeit“

Im südlichen Afrika ist eine neue Variante von SARS-CoV-2 aufgetaucht, die von der WHO als „besorgniserregend“ eingestuft wurde. Virologen rechnen damit, dass die Mutation Omikron in ein, zwei Wochen in Österreich sein wird.

Elling plädierte „dringend“, einen Krisenstab einzurichten mit Experten aus verschiedenen Fachrichtungen, der regelmäßig tagt. „Denn wir müssen davon ausgehen, dass die Parameter der Pandemiebekämpfung sich in den nächsten Tagen und Wochen komplett ändern werden.“

Hinweis für Reiserückkehrer

Für Reiserückkehrer aus Südafrika, Lesotho, Botsuana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini wurde eine Hotline (01/2675032) eingerichtet. Dort gibt es Informationen über eine behördliche PCR-Testung, um die Proben direkt auf Virusvarianten zu analysieren. Das Gesundheitsministerium ruft dazu auf, sich freiwillig in Quarantäne zu begeben.

Auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte das Eintreffen der Variante in Österreich nur noch für „eine Frage der Zeit“ gehalten. „Wir alle haben es aber in der Hand, zusammen dagegen anzukämpfen, indem wir uns so schnell wie möglich impfen lassen“, lautete sein Appell.

Die Telefonhotline der AGES für Reiserückkehrer aus dem südlichen Afrika erfährt indes regen Zuspruch, bisher meldeten sich rund 300 Personen. Dort erhalten sie Informationen, wohin sie sich wegen eines behördlichen PCR-Tests wenden können.

Fälle in München und Mailand bestätigt

Am Samstag hatte die Omikron-Variante die Nachbarländer Deutschland und Italien erreicht. Wie der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Samstag mitteilte, sei die Mutation bei zwei Personen in München festgestellt worden. Am Abend teilten die italienischen Behörden mit, dass ein Flugpassagier in Mailand positiv auf die möglicherweise gegen die Impfung resistente Variante getestet worden war.

Weitere Omikron-Fälle in Europa

Deutschland, Tschechien und die Niederlande prüfen positive CoV-Fälle auf die neue Variante. In Großbritannien wurde sie entdeckt, in Österreich war das für Schallenberg „nur noch Frage der Zeit“.

Alle drei Passagiere waren schon vor einigen Tagen aus Afrika eingereist. Die beiden Fluggäste in München seien am Mittwoch mit einem Flug aus Südafrika eingetroffen, sagte Holetschek. Sie befanden sich seit Donnerstag nach einem positiven PCR-Test in häuslicher Isolation, hieß es. Der Passagier in Italien sei „vor einigen Tagen“ aus Mosambik eingereist und positiv getestet worden, meldete die Nachrichtenagentur ANSA. Er sei im süditalienischen Kampanien ansässig.

Unterdessen bestätigte ein Krankenhaus in Tschechien die Infektion einer Patientin mit der neuen Coronavirus-Variante Omikron. Ein Krankenhaussprecher in der Stadt Liberec sagte dem tschechischen Fernsehen, die Sequenzierung im örtlichen Labor habe eine „90-prozentige Wahrscheinlichkeit“ ergeben, dass es sich um die Variante handle. „Mit Blick auf die Herkunft der Patientin und alle Umstände können wir bestätigen, dass es sich um die Variante handelt“, sagte Vaclav Ricar. Der geschäftsführende Ministerpräsident Andrej Babis hatte zuvor mitgeteilt, die Frau sei in Namibia gewesen und über Südafrika und Dubai nach Tschechien zurückgeflogen.

Dänemark meldete am späten Abend zwei Omikron-Verdachtsfälle. In Europa war Belgien das erste Land, in dem die neue Variante nachgewiesen wurde. Zuerst war sie in Südafrika festgestellt worden. Auch Israel, Hongkong und Botswana haben Omikron-Fälle gemeldet.

Großbritannien: Quarantäne für alle Einreisenden

Großbritannien meldete am Samstag ebenfalls zwei Omikron-Fälle. Premierminister Boris Johnson verhängte daraufhin drakonische Maßnahmen. Alle Einreisenden müssen demnach in Quarantäne. Vorgeschrieben sei ein PCR-Test am zweiten Tag nach der Einreise, und die Quarantäne dürfe bis zum Vorliegen des negativen Testergebnisses nicht verlassen werden. Zuvor hatten sich zahlreiche Staaten, darunter Österreich, mit Einreiseverboten aus dem südlichen Afrika versucht, sich gegen Omikron zu wappnen. Der Virologe Norbert Nowotny sagte aber am Freitagabend in der ZiB Nacht, er rechne in ein bis zwei Wochen mit dem Eintreffen der Variante in Österreich.

Auch in Australien wurden zwei Fälle bestätigt. Laut den Gesundheitsbehörden in New South Wales, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat, seien zwei Passagiere positiv auf die neue Coronavirus-Mutante getestet worden. Sie seien am Samstagabend aus dem südlichen Afrika in Sydney angekommen.

Wohl Dutzende Fälle in den Niederlanden

Die niederländischen Behörden rechneten indes damit, dass Dutzende Flugpassagiere aus Südafrika vermutlich die Omikron-Variante in sich tragen. Man sei sich diesbezüglich „zu 95 Prozent“ sicher, weil erste Schnelltests von der Delta-Variante abweichende Ergebnisse gezeigt hätten. Gewissheit soll es am Sonntag geben.

Insgesamt 61 Reisende waren am Freitag am Flughafen Amsterdam positiv auf das Coronavirus getestet worden. Sie wurden in einem Hotel am Flughafen isoliert. Die Fälle seien unter 600 Reisenden festgestellt worden, die am Freitag mit zwei Flügen aus Südafrika eingereist waren. Die beiden Maschinen waren gelandet, bevor die niederländische Regierung alle Flüge aus dem südlichen Afrika unterbunden hatte.

Grafik zu den neuen Virusvariantengebieten im südlichen Afrika
Grafik: APA/ORF.at

Die zunächst in Botswana und Südafrika nachgewiesene Omikron-Variante (B.1.1.529) vereint Mutationen, die bereits bei früher als besorgniserregend eingestuften Varianten aufgetreten waren. Virologen hoffen daher, dass der Impfstoff zumindest teilweise Wirkung hat. Die neue Variante wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mittlerweile als „besorgniserregend“ eingestuft. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass die Variante die Wirksamkeit der CoV-Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte. Bis jedoch Klarheit besteht, dürften Wochen vergehen.