Blick auf den Ballhausplatz
ORF.at/Roland Winkler
Wie es weitergeht

Fahrplan für Lockdown und Impfpflicht

Lockdown und Impfpflicht bleiben die prägenden innenpolitischen Themen. Neben Beratungen am Montag wird auch am Dienstag über das weitere Vorgehen beraten. Die Ausgangsbeschränkungen sollen ja bis 12. Dezember dauern, und die Impfpflicht soll am 1. Februar 2022 in Kraft treten. Der Simulationsforscher Niki Popper betonte unterdessen erneut die Wichtigkeit von Erstimpfungen.

Am Montagnachmittag muss der Text für die Verlängerung des Lockdowns den Parlamentsklubs übermittelt sein. Denn am Dienstag soll der Hauptausschuss im Nationalrat die Regeln ein weiteres Mal absegnen, da eine Verordnung zu Ausgangsbeschränkungen nicht länger als zehn Tage gelten darf.

Die Bundesregierung beriet am Montagvormittag die CoV-Lage. Dazu empfing die Regierungsspitze Vertreter der Sozialpartner sowie Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft im Bundeskanzleramt. Das Treffen habe zu keinen konkreten Ergebnissen geführt. Es habe eine „Bestandsaufnahme“ gegeben, hieß es von allen Seiten im Anschluss an die Gespräche. Keine Festlegung gab es daher auch für die Zeit nach dem anvisierten Lockdown-Ende (für Geimpfte und Genesene) nach dem 12. Dezember.

Die nächsten Tage sind entscheidend

Es gelte, in den nächsten Tagen das Infektionsgeschehen genau zu beobachten, erklärte die Bundesregierung in einer knappen Presseaussendung im Anschluss an die Gespräche. Zwar würden die Neuinfektionen seit einigen Tagen zurückgehen, allerdings befänden sich diese noch auf einem „sehr hohen Niveau“, wurde betont.

„Die nächsten Tage werden zeigen, wie sich das Infektionsgeschehen weiterentwickelt.“ Die Anstrengungen, die Impfquote auch schon vor der Einführung der Impfpflicht im Februar 2022 signifikant zu heben, sei „von allen Seiten“ unterstützt worden, hieß es weiters. Auch verwies die Regierung darauf, dass die Auffrischungsimpfung zum Brechen der vierten Welle beitrage.

Hochrangig besetzt

Auf Regierungsseite nahmen Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sowie Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) teil. Seitens der Sozialpartner waren u. a. Gewerkschaftspräsident Wolfgang Katzian, Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sowie Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und WKO-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf dabei.

Auf Expertenseite waren u. a. der Vizerektor der MedUni Wien, Oswald Wagner, Simulationsforscher Niki Popper und der Chef der Gesundheit Österreich (GÖG), Herwig Ostermann, im Kanzleramt anwesend.

NEOS will Handel bereits am 6. Dezember wieder öffnen

NEOS will den Handel am 6. Dezember wieder aufsperren. So soll der einkaufsstarke Marienfeiertag mitgenommen werden. Dann solle auch an den restlichen Adventsonntagen geöffnet werden, um das Weihnachtsgeschäft zu retten. Das forderte NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker am Montag vor Journalisten in Wien. Beim Öffnen müsse nach Branchen „differenziert“ vorgegangen werden. Er kann sich auch aufgrund fehlender Testinfrastruktur eine gleichzeitige Gastroöffnung nicht vorstellen.

Es gehe nun darum, die wirtschaftlichen Auswirkungen des neuerlichen Lockdowns möglichst gering zu halten. Also müsse der Handel öffnen, „um die Kunden nicht zu Amazon und Zalando zu verschieben“, was größtenteils für ausländische Jobs sorge, nicht aber für hiesige.

Fürs Öffnen solle 2-G plus FFP2-Maskenpflicht gelten – und gegebenenfalls auch schon bekannte Beschränkungen von Einkaufenden nach Fläche. „Das ist notwendig, um den Aufschwung nicht abzuwürgen, in dem sich die Wirtschaft gerade befand.“ Sinngemäß sagte Loacker, dass der Lockdown für Ungeimpfte schon Wirkung genug gezeigt habe, wie die APA schreibt.

Mahrer: Menschen „nicht Weihnachten stehlen“

WKO-Präsident Mahrer forderte in der „Kronen-Zeitung“, dass am 13. Dezember auf jeden Fall wieder aufgesperrt werden müsse. Und im Tourismus müsse eine Wintersaison sichergestellt werden: „Da geht es um 15 Milliarden Euro Wertschöpfung und um 200.000 Beschäftigte.“ Mahrer kritisierte das lahme Impftempo in Österreich und forderte einen Neustart bei der Einbindung der Sozialpartner. Derzeit gehe „alles zu langsam“. Man dürfe den Menschen „nicht Weihnachten stehlen“, so Mahrer.

Lockdown-Gipfel am Montag

Wie hat sich der Lockdown ausgewirkt, welches weitere Vorgehen ist epidemiologisch und wirtschaftlich sinnvoll? Dazu gibt es am Montag einen runden Tisch im Bundeskanzleramt.

Verschärfungen in Wien möglich

Dass das angekündigte Lockdown-Ende am 12. Dezember schwer zu halten sein könnte, deutete indes Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) an. In einem Interview mit der „Presse“ sagte er, angesichts der derzeitigen Lage halte er die von der Regierung angekündigte 20-Tage-Frist für „eher mutig“. Sobald geöffnet wird, schweben ihm strenge Schutzkonzepte für Wien vor – etwa eine Ausweitung der 2-G-Plus-Regel auf die Gastronomie. Besucherinnen und Besucher von Lokalen müssten dann geimpft oder genesen sein und zusätzlich einen negativen PCR-Test mitbringen. Zuletzt hatte das in Wien in der Nachtgastronomie und bei größeren Events gegolten.

Auch dass die Schulen wieder ins Distance-Learning wechseln und nur Betreuung für einzelne Schüler anbieten, könne er nicht ausschließen, sagte Hacker. Wien selbst könne das aber nur für den Pflichtschulbereich in die Wege leiten, Bundesschulen wie AHS und die berufsbildenden Schulen müssten vom Bund geschlossen werden. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp forderte daraufhin Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf, Hacker „zurückzupfeifen und für offene Schulen sowie die Fortsetzung des Präsenzunterrichts zu sorgen“.

„Keine Alternative“ zu Impfpflicht

Enttäuscht vom Pandemiemanagement der Regierung zeigte sich Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag. Die Regierung habe zu spät reagiert und auch zu wenige Maßnahmen für höhere Impfquoten gesetzt. Sie sei zwar gegen Zwang, sagte Anderl und plädierte für mehr Anreize. Als Beispiel nannte sie eine Impfprämie. Wegen der Lage in den Spitälern ist Anderl aber trotzdem für eine Impfpflicht. „Ich wüsste die Alternative nicht“, so die AK-Präsidentin.

AK-Präsidentin kritisiert CoV-Management

Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl übte in der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag harsche Kritik an der CoV-Politik der Regierung. Anstatt auf Strafen zu setzen, hätte es rechtzeitig Überzeugungsarbeit und Anreize zur Impfung geben müssen.

Der Simulationsforscher Popper sagte am Montag im Ö1-Morgenjournal, dass vor allem die Zahl der Erstimpfungen steigen müsse. Zuletzt hatte die Regierung wiederholt auf den deutlichen Anstieg bei den Impfungen verwiesen. Das Gros davon sind freilich Drittimpfungen, was von Mückstein etwa als sehr wichtig hingestellt wurde.

Popper betonte dagegen bei allem Verständnis für die Politik, dass das „rein evidenzbasiert“ nicht verwunderlich sei: Diese Menschen seien hochmotiviert und würden sich den dritten Stich sowieso holen. „Noch viel wichtiger“ aber sei eine „klare Kommunikation“ für die Erstimpfung.

Konkrete Prognosen wollte Popper vor dem Mittwoch, an dem das Forscherteam die nächste Prognose vorlegen wird, nicht abgeben. Ganz generell meinte Popper aber in Bezug auf die Dauer des Lockdowns, dass hier wegen der Zeitverzögerung die Lage auf den Intensivstationen nur indirekt zu berücksichtigen sei. Bis der Bremseffekt dort ankommt, werde es jedenfalls noch dauern.

Runder Tisch zu Impfpflicht am Dienstag

Um die Impfpflicht geht es am Dienstag, wenn Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zu einem weiteren runden Tisch mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verfassungsrecht, Gesundheit, dem Verfassungsdienst, der Bioethikkommission sowie Vertreterinnen und Vertretern von SPÖ und NEOS lädt. Die FPÖ wurde nicht als Teilnehmerin genannt, was für Empörung unter den Freiheitlichen sorgte.

„Hohe Geldstrafe“ für Impfverweigerer

Die allgemeine Impfpflicht soll in Österreich am 1. Februar 2022 in Kraft treten. „Zuvor erhalten alle, die nicht geimpft sind, eine Benachrichtigung, in der sie dazu aufgefordert werden. Wer dies bis zu diesem Datum nicht tut, muss eine hohe Geldstrafe zahlen. Aber für mich ist es der letzte Ausweg“, sagte Schallenberg. In der Woche ab 6. Dezember soll der entsprechende Gesetzesentwurf vorliegen, das soll eine „ordentliche Begutachtung von mindestens vier Wochen“ ermöglichen. Das Gesetz könne dann nach Beschluss von Nationalrat und Bundesrat mit Anfang Februar in Kraft treten, so das Gesundheitsministerium.

„Die Zahl der Ansteckungen nimmt exponentiell zu. Ich habe vielleicht zu lange gehofft, dass wir möglichst viele Österreicherinnen und Österreicher davon überzeugen können, sich freiwillig zu impfen. Leider hat es nicht funktioniert, und mit einer Durchimpfungsrate von 66 Prozent in der Gesamtbevölkerung werden wir aus diesem Teufelskreis nicht herauskommen“, so Schallenberg. „Wir müssen alles tun, um uns bestmöglich vor bevorstehenden Infektionswellen zu schützen“, hatte zuvor Mückstein gesagt.

Spekulationen über Details

Die „Salzburger Nachrichten“ zitierten wiederum aus derzeit kursierenden Arbeitspapieren zur geplanten Impfpflicht. Demnach ist eine Übergangsfrist von noch nicht näher bestimmter Dauer vorgesehen, auch ein Ablaufdatum soll es aller Voraussicht nach geben. Außerdem soll es voraussichtlich Ausnahmen etwa für jene geben, die laut Amtsarzt aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, sowie teilweise für Schwangere und für Minderjährige, wobei die Altersgrenze laut Bericht noch offen ist.

Grundsätzlich solle die Impfpflicht für alle gelten, die in Österreich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dabei soll dezidiert festgehalten werden, dass die Impfpflicht nicht mit Zwang durchgesetzt wird, also niemand zwangsweise zur Impfung vorgeführt werden soll. Stattdessen sind Verwaltungsstrafen vorgesehen. Im Gesundheitsministerium wollte man den Bericht gegenüber der APA inhaltlich nicht kommentieren, die Arbeitsprozesse würden jedenfalls noch laufen.