Menschen in einem Einkaufszentrum in Johannesburg.
APA/AFP/Phill Magakoe
„Unfair“

Südafrika kritisiert Reisebeschränkungen scharf

Nach Entdeckung der neuen CoV-Variante Omikron haben weltweit viele Regierungen über das Wochenende Reisebeschränkungen über das südliche Afrika verhängt. In Südafrika wurde die neue Variante zuerst entdeckt – allerdings auch deshalb, weil in dem Land besonders viel sequenziert wird. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa kritisierte daher die Reisebeschränkungen scharf. Die Entwicklung bestätigt zudem eine alte Warnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor den Folgen nationaler Impfegoismen.

„Diese Beschränkungen sind eine unfaire Diskriminierung unseres Landes und unserer Schwesterstaaten“, sagte Ramaphosa in einer Fernsehansprache am Sonntagabend. Es handle sich um eine klare Abkehr von der Erklärung auf dem G-20-Gipfel in Rom, den weniger entwickelten Staaten bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie auf ihre Wirtschaft zu helfen.

Die Beschränkungen erhöhten nur den Schaden, den die Wirtschaftssysteme im südlichen Afrika bereits genommen hätten, insbesondere im Tourismus, sagte Ramaphosa und appellierte an diejenigen Staaten, die Reisebeschränkungen beschlossen hätten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken, „bevor sie noch mehr Schaden anrichten“.

Forderung nach Hilfe bei Impfstoff

Stattdessen sollten sie die ärmeren Länder bei der Produktion von Impfstoff unterstützen: „Omikron sollte ein Weckruf für die Welt sein, dass die Ungleichheit bei Impfungen nicht länger andauern darf“, so Ramaphosa. Die Erfahrung zeige, dass Reiseverkehr unter Einhaltung von Impfung, PCR-Negativtests vor den Flügen und dem Tragen von Mund-Nase-Schutz in Flugzeugen sicher sei. Es gebe keine wissenschaftliche Grundlage für Reisebeschränkungen, so Ramaphosa. „Sie werden nur weiter den Ökonomien der betroffenen Länder schaden und ihre Fähigkeit unterwandern, auf die Pandemie zu reagieren und sich von ihr zu erholen.“

Südafrika: Strafe für Offenheit

Südafrikas Regierung hatte am Wochenende zudem beklagt, das Land werde durch die Reisebeschränkungen für seine Transparenz und seine Fähigkeit, neue Varianten schneller zu erkennen, bestraft. Tatsächlich würde es zu einem enormem Problem führen, wenn Staaten neue Varianten dieses oder anderer gefährlicher Viren nicht umgehend der WHO melden. Damit könnte wichtige Zeit verloren gehen, sich auf die Gefahr einzustellen.

Anders als etwa die EU lobten die USA Südafrika ausdrücklich für seine „Transparenz“ gegenüber dem Rest der Welt. US-Außenminister Antony Blinken gratulierte „den südafrikanischen Wissenschaftlern zur schnellen Identifizierung der Omikron-Variante“ und lobte „die südafrikanische Regierung für ihre Transparenz bei der Weitergabe dieser Informationen“. Am Montag schloss sich diesem Lob auch EU-Kommissonschefin Ursula von der Leyen an.

Warnungen bisher ignoriert

Internationale Organisationen – neben der WHO etwa auch die OECD – warnten in der Vergangenheit wiederholt vor nationalem Impfegoismus. Es sei nicht nur unfair, Impfstoff zu horten, sondern auch aus mehreren Gründen gegen das eigene Interesse, argumentieren sie: Denn in einer globalisierten Welt müsse die Pandemie weltweit eingedämmt werden, was nur mittels weltweiter Impfung möglich sei.

Die reichen Staaten könnten ihre eigene Bevölkerung nur dann schützen, wenn weltweit ein gewisses Maß der Menschen geimpft sei. Mehrere EU-Agenturen hatten zudem bereits vor Monaten davor gewarnt, dass der Impfegoismus der europäischen Staaten zusätzlich Migrantinnen und Migranten nach Europa führe.

Auch wenn es immer wieder Spenden von – überzähligem – Impfstoff, etwa auch durch Österreich, gab: Bei der wichtigsten Maßnahme, bei der Freigabe der Patente für die Impfstoffe, damit diese in großen Mengen und billig produziert werden können, steht vor allem Europa bisher auf der Bremse, das stattdessen für mehr Exporte plädiert. Tatsächlich braucht es beides: kurzfristig mehr Exporte von Impfstoffen in ärmere Länder und mittelfristig den Aufbau der Impfstoffproduktion in diesen Ländern.

Südafrika: „Unfaire“ Reisebeschränkungen

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat die über sein Land verhängten Reisebeschränkungen als ungerechtfertigt kritisiert. „Diese Beschränkungen sind eine unfaire Diskriminierung unseres Landes und unserer Schwesterstaaten“, sagte Ramaphosa in einer Fernsehansprache. Er appellierte, die Entscheidungen noch einmal zu überdenken, „bevor sie noch mehr Schaden anrichten“. Nach Entdeckung der neuen CoV-Variante Omikron hatten weltweit viele Regierungen Reisebeschränkungen über das südliche Afrika verhängt.

Gewissheit möglicherweise erst in Wochen

Unterdessen wird es laut WHO wohl noch Wochen dauern, bis man Gewissheit über die neue Virusvariante Omikron haben wird. Die Analyse könnte Tage bis etliche Wochen in Anspruch nehmen, teilte die WHO am Sonntagabend in Genf mit. Zuvor hatten mehr und mehr europäische Länder Omikron-Fälle bestätigt, auch aus Tirol wurde ein erster Verdachtsfall gemeldet, der laut der Virologin Dorothee von Laer mittlerweile auch bestätigt ist.

Die WHO stuft das von der neuen Omikron-Variante ausgehende weltweite Risiko als insgesamt „sehr hoch“ ein. Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren globalen Ausbreitung sei groß. Es sei mit steigenden Covid-19-Fallzahlen zu rechnen. Die WHO rief ihre 194 Mitgliedsstaaten am Montag auf sicherzustellen, dass Pläne zur Eindämmung in Kraft seien, um das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten.