Jack Dorsey, Chef und Mitgründer des Kurznachrichtendienstes Twitter
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„Unternehmen ist bereit“

Twitter-Chef Jack Dorsey tritt zurück

Jack Dorsey, Chef und Mitbegründer des Kurzbotschaftendienstes Twitter, hat am Montag seinen Rücktritt bekanntgegeben. Nachfolger soll der bisherige Technikchef Parag Agrawal werden, wie das Unternehmen aus San Francisco am Montag mitteilte.

Dorsey stand mit Unterbrechungen an der Spitze von Twitter, zuletzt seit 2015. Er gilt als Erfinder des Kurznachrichtendienstes. Unter dem Handle „@jack“ hatte er auch 2006 den allerersten Tweet abgesetzt, nämlich „Just setting up my twttr“ („Ich richte nur mein Twitter ein“).

„Ich habe beschlossen, Twitter zu verlassen, weil ich glaube, dass das Unternehmen bereit ist, ohne seine Gründer weiterzumachen“, erklärte Dorsey. „Es wird viel darüber gesprochen, wie wichtig es für Unternehmen ist, von ihren Gründern geführt zu werden. Am Ende glaube ich, dass dies eine extreme Einschränkung und ein Risiko für einen Totalausfall ist“, schrieb er in einer auf Twitter geteilten Nachricht an die Belegschaft.

Umstrittene Doppelrolle

Dorsey führte die Firma in der Anfangszeit von Mai 2007 bis Oktober 2008. Danach gründete er den Bezahldienst Square und trat bei Twitter kürzer. Seit seiner Rückkehr an die Twitter-Spitze im Jahr 2015 führte er beide Unternehmen gleichzeitig – eine Doppelbelastung, die bei einigen Investoren Bedenken auslöste. Zudem blieb Twitter lange unprofitabel. Im Vorjahr gab es vor diesem Hintergrund Versuche, ihn aus dem Chefposten zu drängen. Dorsey musste geschäftlichen Zielmarken zustimmen, um die Investoren zu besänftigen.

Jack Dorsey, Chef und Mitgründer des Kurznachrichtendienstes Twitter, 2014
APA/AFP/Getty Images/Kimberly White
Dorsey im Jahr 2014

Schwierige Jahre

Unter seiner Führung gelang es Twitter, weitgehend aus den langjährigen roten Zahlen herauszukommen – auch wenn zuletzt eine Vergleichszahlung nach einer Investorenklage wieder für einen hohen Verlust sorgte. Zugleich kommt Twitter mit seinem Geschäftsmodell, bei dem Werbekunden für Geld Tweets in die Timeline der Nutzer bringen können, nicht annähernd an die Anzeigenerlöse von Facebook heran. Das Unternehmen konnte auch in Sachen Innovationen nicht mit der Konkurrenz mithalten.

Dass sich Twitter im Laufe der Jahre mehr und mehr zu einer wichtigen Plattform für politische Inhalte entwickelt hat, warf für das Unternehmen zahlreiche Probleme auf. Dass etwa US-Präsident Donald Trump die Plattform als bevorzugtes Kommunikationsmittel auserkoren hatte, wurde zum jahrelangen Drahtseilakt. Auch die Verbreitung von Falschnachrichten in der Pandemie ist für Twitter eine große Herausforderung.

Fan von Kryptowährungen

Dorsey ist Multimilliardär, das Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 11,8 Milliarden Dollar (rund 10,4 Mrd. Euro). Zuletzt beschäftigte er sich unter anderem verstärkt mit Kryptowährungen und dezentralen Technologien, versteigerte etwa seinen ersten Tweet für 2,9 Mio. Dollar als NFT. Im Vorjahr hatte er angekündigt, er wolle den Großteil des Jahres 2020 in Afrika verbringen, um dort die Fintech-Szene zu beobachten.

Der neue Chef Agrawal sei sein Wunschnachfolger gewesen, weil er das Unternehmen und dessen Bedürfnisse verstehe. „Er führte mit Herz und mit Seele“, so Dorsey. Agrawal ist seit 2011 bei Twitter und wurde im Herbst 2017 Technikchef. Bevor Dorseys Rücktritt offiziell wurde, hatte der TV-Sender CNBC berichtet, dass der 45-Jährige sich von der Firmenspitze zurückziehen wolle. Die Twitter-Aktie startete daraufhin in den US-Handel mit einem zwischenzeitlichen Plus von gut zehn Prozent, dieses pendelte sich bei plus drei Prozent ein.