Einkaufszentrum
ORF.at/Roland Winkler
Wegen Lockdowns

Geschäfte an einem Adventsonntag offen

Die Sozialpartner haben sich auf eine Sonntagsöffnung am 19. Dezember geeinigt. Aufgrund des Lockdowns fällt der stationäre Handel heuer um drei Einkaufssamstage im Advent und den traditionell starken Marienfeiertag um. Es ist ein Kompromiss zwischen dem Handel, der schon vor der Pandemie lange auf eine Sonntagsöffnung drängte, und der Gewerkschaft, die einen Präzedenzfall verhindern will.

Ziel ist es, mit dem offenen Sonntag vor Weihnachten zumindest einen Teil des Umsatzes nachzuholen. Beschäftigte, die sich freiwillig für diesen Tag melden, verdienen das Doppelte und bekommen einen extra freien Tag. Voraussetzung ist, dass die Pandemiesituation eine Öffnung zulässt.

Die Regelung gilt außerdem nicht für Supermärkte und Drogerien, die auch derzeit im Lockdown offen haben dürfen. Profitieren sollen etwa Modehändler, Elektrogeschäfte, Spielzeuggeschäfte sowie Möbel- oder Buchhandel. Einkaufssonntage vor Weihnachten waren bis in die frühen 1960er Jahre durchaus üblich. Als Ersatz wurden damals die langen Einkaufssamstage eingeführt.

Gewerkschaft betont „Sonderlösung“

„Die Möglichkeit der einmaligen Öffnung betrifft ausschließlich jene Geschäftsstellen, die während der Zeit des Lockdowns geschlossen haben“, stellte die Gewerkschaft klar. „Mit dieser Sonderlösung könnte es gelingen, den wirtschaftlichen Schaden für den österreichischen Handel einzugrenzen“, sagte Handelsobmann Rainer Trefelik.

Ein Türöffner für die generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten soll der Ausnahmesonntag nicht werden. „Klar ist für uns, dass wir weiterhin eine Öffnung des Handels am Sonntag abseits einer möglichen Ausnahmeregelung für den 19. 12. strikt ablehnen“, so Martin Müllauer, Vorsitzender des Wirtschaftsbereiches Handel in der Gewerkschaft GPA.

Lob von Schramböck und NEOS

Lob für die Einigung gab es von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und den NEOS. Erstere freute sich über die Sozialpartnereinigung und betonte zugleich, dass es nicht ihre Absicht sei, von der einmaligen Öffnung zu einer „generellen Sonntagsöffnung überzugehen“. NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker sprach von einem „ersten wichtigen Schritt“ und wiederholte zugleich die Forderung seiner Partei nach der Öffnung aller Sonntage im Dezember. Auch der Handelsverband fand lobende Worte.

„Goldener Sonntag“

Einkaufssonntage vor Weihnachten waren als „Silberner“ und „Goldener Sonntag“ bis in die frühen 1960er Jahre durchaus üblich. Als Ersatz wurden damals die langen Einkaufssamstage eingeführt.

Seit Langem Rufe nach Öffnung

Rufe nach verkaufsoffenen Sonntagen haben in Österreich Tradition, doch früher waren neben Gewerkschaften und Kirche selbst Wirtschaftstreibende dagegen. Die Pandemie mit ihren vielen Lockdowns hat das geändert.

Kämpfte früher vor allem Einkaufszentrumsbetreiber Richard Lugner für eine Sonntagsöffnung, so sprach sich im vergangenen Dezember auch Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer für bundesweit geöffnete Sonntage vor Weihnachten aus. Heuer mehrten sich die Forderungen, zumal dem stationären Handel wegen der staatlich angeordneten Schließungen der Großteil des Weihnachtsgeschäfts wegbricht. Für den 19. Dezember müssen nun alle Landeshauptleute in Österreich ihr „Go“ geben.

Viele Ausnahmen bei freiem Sonntag

Das Öffnungszeitengesetz sieht grundsätzlich maximal 72 Stunden pro Woche vor, Sonntagsöffnung ist generell verboten. In den Tourismuszonen acht österreichischer Bundesländer ist Einkaufen an Sonntagen schon lange grundsätzlich zulässig, Wien hatte hier immer eine Sonderstellung. Die Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes können von den jeweiligen Landeshauptleuten bzw. in Wien vom Bürgermeister durch eine Verordnung ausgedehnt werden. Und auch sonst gibt es viele Ausnahmen – standortbezogen, etwa an Flughäfen oder Bahnhöfen, oder nach Gewerben (etwa für Bäckereien und Blumengeschäfte).

Freizeitbetriebe verwehren sich gegen Schlechterstellung

Die Pandemie sorgt auch für Zwiespalt bei den Interessenverbänden der Unternehmen. Nachdem Walter Veit, Vizepräsident der Hoteliervereinigung (ÖHV), am Dienstag gemeint hatte, sollte der Handel aufsperren dürfen, die Tourismusbetriebe nicht, werde man die Hotellerie „so richtig kennenlernen“, meldeten sich am Mittwoch die Sport- und Freizeitbetriebe zu Wort und forderten eine Gleichbehandlung.

„Eine Benachteiligung der Freizeit- und Sportbetriebe gegenüber anderen Branchen in der Öffnungsphase muss diesmal unbedingt verhindert werden“, so Fachverbandsobfrau Astrid Legner. Eine Verlängerung des Lockdowns wäre für viele Betriebe wirtschaftlich nicht mehr stemmbar. „Filetierte“ Öffnungsszenarien wie nach dem Lockdown Ende des vergangenen Jahres wären in der derzeitigen Situation keinesfalls nachvollziehbar, sagte sie in einer Aussendung.

Schon zu Beginn des vierten Lockdowns hatte der Handel vor einer Ungleichbehandlung gewarnt. WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik verwies auf die Praxis einiger Lebensmittelketten, auch Ware des nicht täglichen Bedarfs wie Kinderspielzeug und Blumenerde anzubieten, während Spielzeuggeschäfte und Baumärkte zu haben müssen.