Broschüre zur Lagerfeld-Nachlass-Versteigerung
ORF.at/Sotheby‘s
Nachlass-Auktion

Ein Stück vom Lagerfeld

Er war eine Popikone der Modewelt und führte ein Leben wie der Sonnenkönig. Der Modedesigner Karl Lagerfeld war auch Illustrator, Fotograf und vor allem – Sammler. Mit Kunst und Design erfand er ständig neue Welten. Jetzt werden seine gesammelten Schätze – vom Hemdkragen bis zum Rolls-Royce – bei Sotheby’s versteigert.

Sein berühmtes Bonmot wurde zu einem der beliebtesten Zitate im ersten Lockdown, als man der dramatisch voranschreitenden Verwahrlosung im Homeoffice noch mit einer Mischung aus Erstaunen und Humor begegnete: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Das hat dazu geführt, dass man Lagerfeld heutzutage im breiten Bewusstsein mehr mit Jogginghose und weniger mit Chanel-Bluse assoziiert – was per se ein Kulturverfall ist, den der begnadete Modeschöpfer und Fotograf wohl auch schlagfertig quittiert hätte.

Als der deutsche Designer am 19. Februar 2019 in Neuilly-sur-Seine starb, war er so sehr zu einer Kultfigur geworden, dass das fünfzig Jahre lange Schaffen für die Modewelt fast in den Hintergrund trat. Sein Look war so prägnant, dass man mit der Marke „Karl Lagerfeld“ am Ende alles verkaufen konnte, von der Krawatte bis zur Kaffeetasse. Lagerfeld, der Mann mit dem weißen Zopf und den schwarzen Sonnenbrillen, der ausnahmslos in scharfkantigem Vatermörderkragen und schwarzer Schalkrawatte auftrat. Der Mensch dahinter, ein Rätsel.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Bilder von John Baldessari und Yves Saint Laurent
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In Lagerfeld Nachlass findet sich Ikonisches und Persönliches: Links ein signierter Siebdruck von John Baldessari, rechts ein gezeichneter Faschingsgruß des Modedesigners Yves Saint Laurent
Ein Morgenrock von Chanell und ein Dekorationsobjekt
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Ein paillettenbesetzter Morgenmantel – natürlich von Chanel – wechselt genauso den Besitzer wie die Dom-Perignon-Champagner-Verpackung „Balloon Venus“ von Jeff Koons (Schätzwert 20.000 bis 30.000 Euro)
Karl Lagerfelds Koffer und Handschuhe
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Noch mehr Chanel auf der Auktionsliste: Cabinbag mit Totenkopf und punkige Fingerlinge mit Nieten und Metallanhängern
Ein Bild von Choupette und eine Büste
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Lagerfeld taucht in Objekten immer wieder selbst auf, als Spielzeugpuppe, als Sujet für Zeichnungen oder als Katze mit Vatermörderkragen auf einem Druck von Choupette (links). Dekoratives, wie diese Frauenbüste aus Mamor, ca. 1920 (rechts) füllte Lagerfelds Immobilien.
Karl Lagerfelds Villa
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Einer von vielen Arbeitsplätzen in Lagerfelds Schloss in Louveciennes
Karl Lagerfelds Wohnung in Paris
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Lagerfeld war bekannt für seine riesige Bibliothek. Seine Bildbände lagerte er waagrecht, um Platz zu sparen.
Rolls Royce
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Lagerfelds Rolls-Royce Phantom Drophead (2017) wurde laut Katalog nur 10.649 Kilometer gefahren und wird auf 350.000 bis 400.000 Euro geschätzt

Ein radikaler Ästhet bei Chanel

Die mehr als 1.000 Objekte, die jetzt aus seinem Nachlass bei Sotheby’s zur Versteigerung gelangen, zeigen vor allem eines: einen radikalen Ästheten. Der gebürtige Hamburger begann seine Laufbahn in der französischen Modewelt Mitte der 1950er Jahre in Paris, wo er bei Balmain, Patou, Chloe und anderen Modefirmen beschäftigt war. Sein größter Coup gelang ihm aber mit Chanel.

Seit 1983 war er dort Kreativdirektor und Chefdesigner und verpasste dem damals angejahrten Modehaus ein komplett neues Image, von dem es bis heute zehrt: Aus der Chanel-Jacke, bis dato ein harmloses Wolljäckchen mit Häkelbordüre, machte Lagerfeld ein Must-have, bei dem man heute an Claudia Schiffer denkt und nicht an Oma. Ein Blick auf die aktuelle Chanel-Homepage zeigt Lagerfelds Erbe: Die Cruise Collection 2021 wirkt wie eine Hommage an die 1990er Jahre, mit Zitaten aus der Geschichte des Punk und Rock, schwarzen Halsketten, Band-T-Shirts und Miniröcken.

Muse, Models und Mitaines

„Karl“ nennt Sotheby’s die Serie von Auktionen, in denen man persönliche Kleidungsstücke, Reisekoffer, Möbel, Zeichnungen, Kunstwerke, ja sogar drei Rolls-Royce ersteigern kann. Von den berühmten Fingerlingen („mitaines“), die zu seinem Markenzeichen wurden wie der Zopf und der steife Hemdkragen, muss er Hunderte Paare besessen haben. Der Katalog zeigt einige Dutzend in verschiedensten Spielarten, aus Lammleder, Eidechse, Schlangenleder, perforiert, mit Reißverschluss, aus Metallicleder, mit Nieten, Löchern, Ösen oder Ketten, in Rot, Bordeaux, Braun, Schwarz, Beige, Silber.

Karl Lagerfelds Nachlassobjekt
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Karl Lagerfelds Nachlass – vom Vatermöderkragen bis zur Schlosseinrichtung – wird in insgesamt drei Auktionen versteigert. Teil eins in Monaco, 3. bis 5. Dezember 2021 und von 28. November bis 6. Dezember online.

Der Wille zum Stil füllte buchstäblich sein ganzes Leben aus. Er zeichnete, entwarf, fotografierte und arbeitete – immer. In seinem Magnetfeld wimmelte es von Musen und Models, mit einigen korrespondierte er: Los 45 ist ein Brief von Marlene Dietrich, die ihm aus der Avenue Montaigne schrieb: „Mein Traum in dunkler Nacht! Wie gut du zu mir bist und all die Geschenke! … Millionen Dank für Alles! Marlene“.

Mit Schiffer verband ihn eine enge Freundschaft und Arbeitsbeziehung. „Karl hat mich aus einem schüchternen deutschen Mädchen in ein Supermodel verwandelt. Er ist der Einzige, der aus Schwarz und Weiß Farbe machen kann. Was Andy Warhol für die Kunst war, war er für Fashion“, wird sie vom Auktionshaus zitiert. Und sie erzählt von Lagerfeld als einem, der nachts aufwachte, weil er eine neue Kollektion geträumt hatte und sie sofort skizzierte.

Schöner Wohnen, schöner Leben

Die protestantische Arbeitswut des Hamburger Fabrikantensohns war aber nur eine Seite der schillernden Persönlichkeit. Das hanseatische Arbeitsethos kultivierte er von Anfang an in perfekten Interieurs. Schon 1968 ließ er sich für eine Homestory des Magazins „L’Oeuil“ in seinem Atelier inmitten von Designermöbeln fotografieren, schon damals lebte und arbeitete er zwischen Saarinen-Tischen von Knoll, Sesseln von Joe Colombo, Lampen von Serge Mouille und Artemide und Designstücken von Magistretti und Mangiarotto.

Legendär sind Lagerfelds radikale Richtungswechsel. So minutiös er sich einen ästhetischen Kosmos einrichtete, so unsentimental konnte er sich davon auch wieder lösen: „Ich liebe Sammeln, aber ich hasse Besitz.“ Hatte er sich einmal eine perfekte Umgebung geschaffen, reizte ihn bereits das Neue. So, wie man mit dem Modeschöpfer niemals über seine aktuelle Kollektion sprechen durfte, weil er zu dem Zeitpunkt ja in seinem kreativen Schaffen bereits zwei Saisonen weiter war.

Karl Lagerfelds Nachlass wird versteigert

Eine beachtliche Sammlung hat der 2019 verstorbene Modedesigner Karl Lagerfeld hinterlassen. Nun werden große Teile seines Nachlasses vom Auktionshaus Sotheby’s in Monaco, Paris und Köln versteigert. Darunter finden sich etwa persönliche Alltagsgegenstände wie die Futternäpfe seiner Katze Choupette, aber auch seine drei luxuriösen Rolls-Royce und mehr als 200 Paar seiner berühmten fingerlosen Lederhandschuhe.

Den fiebrigen Drang, sich ständig neu zu erfinden, den der Künstler als seine Lebensmaxime angab, lebte er in zahlreichen Domizilen aus. Zwanzig Wohnungen und Häuser soll er eingerichtet haben, Wohnungen in Paris, Monte Carlo, Rom, Hamburg, New York und Biarritz sowie mehrere französische Landsitze. Kultiviertheit bedeutete für Karl Lagerfeld nicht nur Luxus, sondern auch Bildung. Der umtriebige Kreative wird von seinen Zeitgenossen als neugieriger und belesener Mensch beschrieben, mehrere riesige Bibliotheken zeugen davon.

Sammeln und verkaufen

Hatte er sich einmal in einer Epoche – und damit einem Lebensgefühl – eingerichtet, streifte er ganze Sammlungen genauso gelangweilt wie entschlossen auch wieder ab. In vier legendären Auktionen entledigte er sich auf diese Weise seiner gesammelten Beute: 1975 trennte er sich von Art-Deco-Möbeln und -Objekten, 1990 vom Memphis-Stil, 2000 warf er seine französischen Möbel aus dem 18. Jahrhundert über Bord und 2003 seine Designsammlung.

Karl Lagerfelds Villa
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Die Premierenankündigung des expressionistischen Stummfilmklassikers „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) ist das Toplos aus Lagerfelds Plakatsammlung

Mit 80 Jahren erwarb der Modezar ein Schlösschen in Louvecienne, in der Nähe von Paris. Dort tobte er sich noch einmal in alle Richtungen aus: üppige blaue Polstermöbel aus den 1920er Jahren, deutsches und französisches Art Deco, Entwürfe von Werkbund-Designern und Werbegrafiken aus der Zeit zwischen 1900 und 1920. Das Toplos seiner legendären Plakatsammlung ist die Premierenankündigung für den Film „Das Cabinet des Dr. Caligari“. Das einzige erhaltene Exemplar wird auf 80.000 bis 120.000 Euro geschätzt.

Sein Nachlass wird etlichen Museen zu interessanten Neuzugängen verhelfen. Für Fans mit kleinerem Portemonnaie bleiben unzählige kuriose Devotionalien, wie ein signierter Fächer, bestickte Servietten oder Brieföffner. Und wer nicht nur Karl verehrt, sondern auch dessen geliebte wie prominente Katze Choupette: Drei bestickte Pölster, auf denen Karls geliebtes Schoßtier zu ruhen geruhte, warten ebenfalls auf Bieter.