Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
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Kampf um Elysee

Macron und die zersplitterte Rechte

Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron steht die Vorbereitung für einen neuerlichen Sieg bei der französischen Präsidentenwahl im April unter einem guten Stern. Seine derzeitigen Wahlhelfer: die durch die Bekanntgabe der Kandidatur von Eric Zemmour zersplitterte extreme Rechte.

Diese weitere Zersplitterung der Rechten und damit auch ihres Wählerpotenzials spielt Macron in die Hände. Bisher war die Bruchlinie in der Rechten zwischen der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und den konservativen Republikanern verlaufen. Mit Zemmour kommt nun ein neues Element hinzu.

Zemmour gehört keiner Partei an und macht mit seiner Kandidatur der Rechtspopulistin Le Pen, die 2017 in der Stichwahl Macron unterlag, Konkurrenz. Le Pen tritt für den Rassemblement National an. Zeitweise hatte er Le Pen in den Umfragen überholt, noch bevor er offiziell Kandidat war. Zuletzt geriet Zemmours Kampagne aber ins Stocken. Inzwischen liegt er mit etwa 15 Prozent wieder deutlich hinter Le Pen, die auf 19 Prozent kommt. In der ersten Wahlrunde gilt nach derzeitigem Stand laut Politologen ein Sieg von Macron als sicher.

Französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen
Reuters/Bernadette Szabo
Marine Le Pen will gegen Macron wieder den Einzug in den Elysee-Palast versuchen

Auch die Linke ist zersplittert

Macron, der laut Medien seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit im Jänner bekanntgeben will, liegt derzeit in Umfragen mit einer Unterstützung von 25 bis 27 Prozent klar voran. Eine zersplitterte äußere Rechte hätte daher für Macron Vorteile, denn die Konkurrenten und Konkurrentinnen der andere Parteien gelten in den Umfragen bereits als abgeschlagen. Der Grüne Yannick Jadot und die Sozialistin Anne Hidalgo dümpeln in den Umfragen im einstelligen Bereich vor sich hin.

Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo
Reuters
Die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo gilt derzeit als abgeschlagen

Die Parti Socialiste (PS) von Hidalgo, der Bürgermeisterin von Paris, ist seit der Präsidentschaft von Francois Hollande in den Jahren 2012 bis 2017 ins Trudeln geraten, bei der letzten Wahl erreichte die Partei überhaupt nur sechs Prozent – ein historisch schlechtes Ergebnis. Die französischen Linken sind neben der PS auf weitere Parteien aufgesplittert. So kommt etwa der Linkspolitiker Jean-Luc Melenchon, der zum dritten Mal für das Präsidentenamt kandiert, auf nur neun Prozent Unterstützung. Auch hier hilft die Zersplitterung Macron.

Republikaner schicken Pecresse ins Rennen

Die konservativen Republikaner schicken mit der Ex-Ministerin Valerie Pecresse erstmals eine Frau in die Präsidentenwahl. In der zweiten Runde des Mitgliederentscheids setzte sie sich am Samstag mit 61 Prozent der Stimmen gegen den südfranzösischen Abgeordneten Eric Ciotti durch, der 39 Prozent der Stimmen erhielt. „Die republikanische Rechte ist zurück“, sagte Pecresse nach ihrer Wahl.

Elysee Palast in Paris
Reuters/Ludovic Marin
Der Elysee-Palast, der Amtssitz des französischen Präsidenten

Sollten sich aber wieder Erwarten – nach der Bekanntgabe der Kandidatur von Zemmour allerdings äußerst unwahrscheinlich – Le Pen und Zemmour vor dem ersten Urnengang doch noch einigen, dass nur einer von ihnen ins Rennen geht, könnte es für Macron eng werden.

Stichwahl als große Unbekannte

Die erste Wahlrunde ist für den 10. April angesetzt. Sollten die Republikaner allerdings auf einen gemäßigten Kandidaten oder eine gemäßigte Kandidatin setzen, könnte er oder sie auch Stimmen von Macron abziehen und den derzeitigen Präsidenten in der ersten Runde schwächen.

Die Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten ist am 24. April vorgesehen. Bei der Stichwahl könnte laut den Umfragen nach jetzigem Stand Le Pen gegen Macron antreten, doch je nach Auswahl der Republikaner ist auch deren Kandidat bzw. Kandidatin in der Stichwahl möglich.

Krisen in Macrons Amtszeit

Dem Proeuropäer Macron gelang 2017 bei seiner ersten Kandidatur der Sieg. Wohl auch, weil sein schärfster Konkurrent neben Le Pen, der Konservative Francois Fillon, kurz vor der Wahl erheblich von Enthüllungen über eine mutmaßliche Scheinbeschäftigung seiner Frau Penelope auf Parlamentskosten geschwächt wurde.

Immer wieder hatte Macron in seiner ersten Amtszeit aber mit politischen Krisen zu kämpfen. Da waren die wochenlangen, teils gewalttätigen „Gelbwesten“-Proteste, Demonstrationen gegen die Rentenreform und eine Affäre um einen ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter. Trotz seines Willens, die Politik umzukrempeln, blieb Kritik an Regierungsstil und dem System der französischen Politikelite haften.

Le Pen will sich auf Wahlkampf konzentrieren

Le Pen gab bereits im September den Parteivorsitz temporär auf. Für die Dauer des Präsidentschaftswahlkampfs werde ihr Stellvertreter Jordan Bardella die RN-Spitze übernehmen. Le Pen setzt auf ihre Kernthemen: den Kampf gegen Einwanderung und Kriminalität. Für den Fall ihrer Wahl kündigte sie bereits ein Referendum über die Einwanderungspolitik an und sagte, „französische Straftäter ins Gefängnis und Ausländer ins Flugzeug“ zu stecken.

Außerdem greift sie auch die CoV-Politik von Macron an. Sie sieht darin eine „unverhältnismäßige Verletzung des Rechts auf Freiheit“, wie sie im September sagte.

Französischer Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour
AP/Thomas Coex
Der Rechtsradikale Eric Zemmour kandidiert für die französische Präsidentschaft

Zemmour will mit rechten Provokationen punkten

Zemmour, für Le Pen trotz ihres Vorsprungs in Umfragen weiter gefährlich, hat sich als Journalist, Buchautor und Talkshow-Dauergast mit provokanten Ideen einen Namen gemacht. Sein Hauptziel sind muslimische Einwanderer und Einwanderinnen. Zemmour hat bereits etwa 15 Gerichtsverfahren hinter sich. Vor knapp zwei Wochen forderte die Staatsanwaltschaft 10.000 Euro Strafe, weil er in einer TV-Debatte minderjährige Migranten als „Diebe, Mörder und Vergewaltiger“ verunglimpfte.

Im Oktober richtete Zemmour beim Besuch einer Sicherheitsfachmesse ein Sturmgewehr auf die ihn begleitenden Journalisten – „nur zum Spaß“, wie er grinsend in die Kameras sagte. Zemmour vertritt den in rechtsextremen Kreisen verbreiteten Mythos des „großen Austausches“, nach dem die europäische Bevölkerung angeblich durch muslimische Migranten und deren Nachfahren ersetzt wird. Kopftuch und Dschellaba sind für Zemmour „Uniformen einer Besatzungsarmee“, ausländische Vornamen möchte er verbieten.