Leere Regierungsbank im österreichischen Nationalrat
ORF.at/Roland Winkler
Kurz zurückgetreten

Spekulationen über Regierungsumbildung

Der Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aus der Politik hat auch in der eigenen Partei viele überrascht. Nun stellt sich die Frage, wie es in der Regierung weitergeht. Es könnte auch schon wieder einen neuen Bundeskanzler geben.

Vorwürfe und die Geburt seines Kindes – damit begründete Kurz am Donnerstag seinen Rückzug. Bisher hatte er noch die Posten als ÖVP-Klubobmann und Parteichef inne. Fix ist nun, dass die Tätigkeit als ÖVP-Klubobmann wieder August Wöginger übernimmt. Dazu kündigte Kurz am Donnerstag bereits einen geordneten Wechsel an.

Theoretisch könnte es dabei auch bleiben. Es mehrten sich jedoch rasch die Gerüchte, dass es weitere große Personaländerungen auch innerhalb der Regierung geben soll. Laut „Kronen Zeitung“ soll Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) das Amt des ÖVP-Chefs übernehmen, aber auch Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler soll im Gespräch sein.

Nehammer als möglicher Kanzler

Auch ob Nehammer – wie zu erwarten wäre – das Kanzleramt übernimmt, blieb vorerst offen. Der „Kurier“ nannte als möglichen Nachfolger für Nehammer als Innenminister Andreas Pilsl, derzeit Landespolizeidirektor in Oberösterreich. Der derzeitige Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) könnte ins Amt des Außenministers zurückkehren, das er zuvor schon innehatte. Zu den personellen Änderungen wird am Freitag der ÖVP-Vorstand beraten.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) wollte zwar noch keinen Namen für den Kanzlerposten nennen, plädierte aber dafür, dass der künftige ÖVP-Chef auch den Kanzlersessel übernehmen solle. Schallenberg wolle er zwar nicht vorgreifen, er nehme aber nicht an, dass dieser auch ÖVP-Chef werden wolle, sagte Stelzer im ORF-Interview. Die Volkspartei verfüge über ein „großes personelles Reservoir“, meinte Stelzer auf die Frage, ob Nehammer ein etwaiger Kandidat sei: „Jetzt gilt es rasch und gründlich zu sondieren.“

Wackelkandidaten in Regierung

Zudem soll es zwei Ministerposten geben, die nun zur Disposition stehen: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) soll erwägen, seinen Posten zur Verfügung zu stellen. Gegen Blümel ermittelt ebenso wie gegen Kurz die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Auch bezüglich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) gab es am Donnerstag bereits Rücktrittsgerüchte. Der „Kurier“ hatte online eine Ablöse kolportiert. Dem widersprach jedoch ihre Sprecherin auf APA-Anfrage. Ein Abschied aus der Regierung stehe für Schramböck „nicht zur Debatte“, hieß es.

Einschätzungen zur Zukunft der ÖVP

ORF-Reporterin Helma Poschner spricht über die weiteren Schritte innerhalb der ÖVP und darüber, wie es nach dem Rückzug von Sebastian Kurz weitergehen wird. Eine größere Regierungsumbildung stehe bevor.

Kurz hatte, bevor er 2017 Parteichef wurde, einem langen Defilee von wechselnden Bundesparteiobmännern ein Ende gesetzt. 2017 und 2019 führte Kurz die ÖVP bei Wahlen an die Spitze und sich selbst ins Kanzleramt. Falls es nun Neuwahlen geben würde, würde die ÖVP allerdings stark verlieren. Von einst 37,5 Prozent würde sie laut Umfragen auf um die 20 Prozent abstürzen. Neuwahlen dürften daher nicht auf dem Plan der ÖVP stehen. Ein fliegender Wechsel auf der Regierungsbank wäre allerdings unter Mitwirkung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen möglich.